Stand November 2010
Weltrekord in Meteoriten-Suche
Die Menschen lassen es sich viel kosten, in die Geheimnisse des Weltalls einzudringen, um damit mehr über unsere Vorgeschichte herauszubekommen: Mondmissionen, Weltraumstationen und Satelliten sind dafür wichtige Werkzeuge. Doch manchmal ginge es viel einfacher, nämlich dann, wenn uns das Weltall selbst mit Botschaften versorgt.
Das geschieht immer wieder mit Gesteinsbrocken, die von oftmals weit entfernten Objekten im Sonnensystem abbrechen, um mit Wucht auf die Erde zu prallen. Wenn das geschieht, dann gibt es Alarm – in Bernau!
Weltweit unschlagbar
Hier wohnt und arbeitet mit Thomas Grau der weltweit erfolgreichste Meteoriten-Fahnder. „Ich habe ein System entwickelt, das es mir ermöglicht, den Fundort bis auf
wenige Kilometer genau zu
berechnen. Auf diese Weise habe ich Meteoritenfälle gezielt ausfindig gemacht, wie noch nie ein Mensch zuvor dies vollbracht hatte“, verblüfft der Bernauer.
Aus Liebe nach Bernau
Der 38-Jährige stammt ursprünglich aus Eisenhüttenstadt und sollte wie die Eltern im Stahl- und Walzwerk arbeiten. Doch „die Liebe“ brachte ihn nach Bernau. Der Natur galt schon von klein auf sein großes Interesse. „Dabei faszinierten mich so viele einzelne Bereiche, dass es mir sehr schwerfiel, mich fürs Studium zu spezialisieren. So landete ich bei den Physikalischen Ingenieurswissenschaften.“
Doch zum Abschluss gelangte Thomas Grau nicht, denn er wurde von seinem eigenen Erfolg „überholt“.
„Als Kind faszinierten mich immer die vielen Sterne und der Mond. Die Natur liebe ich ohnehin. Ich hatte schon früh
damit begonnen, Steine aufzusammeln. Durch das Interesse am Sternenhimmel kam ich 1985 als 13-Jähriger zur Astronomie und Planetenkunde. 1990 baute ich mir selbst ein Teleskop“, blickt Thomas Grau zurück.
Spektakulärer Fund
Die Karriere als „MeteoritenJäger“ begann, als Thomas Grau 2002 zusammen mit seiner damaligen Freundin Nadin Bukow in Bayern seinen ersten Boten aus dem Weltall fand. Am 6. April 2002 sorgte ein spektakulärer Meteor mit einer über 90 Kilometer langen Leuchtspur in der Nacht um 22.20 Uhr für ein aufregendes Himmelsschauspiel. Beim Eintritt in die
Erdatmosphäre zerplatzte der Gesteinsbrocken und verlor seine Leuchtkraft. „Durch mehrere Aufzeichnungen des Europäischen Feuerkugelnetzes wusste man in etwa, wo die Fundstelle sein könnte“, so Thomas Grau, der besessen vom Gedanken war, diesen Boten aus dem Weltraum ausfindig zu machen. „Damals konnte man das Gebiet auf
eine Fläche von zehn Kilometer mal einen Kilometer eingrenzen. Allerdings war das Fallgebiet mitten in den Bergen in der Nähe vom Schloss Neuschwanstein“, erinnert sich Thomas Grau.
Sein Wunsch sollte in Erfüllung gehen: „Ursprünglich lag der Meteorit unter Schnee verborgen. Ich fand ihn dann im Gras.“
Computer und Augenzeugen
Dieser Erfolg ließ Thomas Grau nicht mehr los. Er vertiefte sich in die Entwicklung von Programmen und Geräten, die die systematische
Suche verfeinern sollten. Zusätzlich arbeitet der Bernauer mit Recherchen vor Ort, in deren Mittelpunkt Augenzeugen- oder besser „Ohrenzeugen“-Befragungen stehen. „Selbst die kleinsten Meteorite verursachen beim Eintritt in die Erdatmosphäre weit hörbare Detonationen“, so Thomas Grau.
32 Funde nach Plan
In nur acht Jahren gelang es ihm nach eigenen Angaben,
in Europa rekordreife 32 Funde von Himmelsproben für die Wissenschaft zu sichern. „Das besondere ist, dass diese frischen Funde optimal erhalten sind, da sie nicht über die Jahre der Witterung ausgesetzt waren“, nennt er einen Vorteil seiner Arbeit für die Wissenschaft. Einen sensationellen Fund machte er erst letztes Jahr. Nach einem feuerwerksähnlichen Meteoriten-Niedergang über der Ostsee fand er entsprechend seiner Berechnung in einer Obstplantage im dänischen Lolland einen Hühnerei kleinen schwarz-aussehenden zerbrochenen Körper, der sich als seltener kohlenstoffhaltiger Meteorit erwies. „Forscher gehen
davon aus, dass dieser geheimnisvolle CM2-Chondrit unverändert aus der Zeit der Sonnensystementstehung stammt. Die Kosmochemiker fanden sogar organische Verbindungen in diesem
ursprünglichen Material.“
Auf der Suche nach
einem Flachdach
Wenn irgendwo in der Welt eine Sternschnuppe oder ein Meteor zu sehen ist, dann gehört Thomas Grau meist zu den ersten, die es erfahren. Sein Computer ist immer empfangsbereit. Aus der ganzen Welt kommen Mails nach Bernau. „Entweder es geht um die Frage, ob ein Fundstück ein Meteorit sein könnte oder es geht um Lichtereignisse am Himmel“, berichtet der weltweit einzigartige Fachmann. Um kein Ereignis zu versäumen gibt es eine ganz speziell entwickelte Technik zur
Himmelsbeobachtung.
„Die Geschehnisse am Nachthimmel werden mit einem Kugelspiegel aufgefangen und an eine Kamera weitergeleitet, die das fotografiert“, schildert er das Prinzip.
„Nun suche ich in Bernau ein möglichst hohes Gebäude mit Flachdach, wo ich
eine derartige Apparatur aufstellen könnte“, appelliert er an Hausbesitzer.
Weltweit gefragt
Wenn es mal wieder Post von oben gibt, heißt es für den Meteoriten-Jäger schnell Abschied von Ehefrau Nadin Grau und den beiden ein und zehn Jahre alten Kinder zu nehmen.
Ob die Reise in den tiefen Norden oder ins 40 Grad heiße Spanien geht, das stellt sich immer erst kurzfristig heraus. Doch in jedem Fall sind Wissenschaftler weltweit gespannt auf die Nachrichten aus dem Sonnensystem. Graus Erfolge machen ihn zu einem gefragten Mann in der Meteor- und Meteoritenkunde. Anfragen auf Mitarbeit kommen vom Max Planck Institut für Kosmoschemie in Deutschland ebenso wie beispielsweise von der Universität Kopenhagen oder dem Laboratori Nazionali del Gran Sasso in Italien. Weltweit staunten bereits Fernsehzuschauer, Radiohörer und Leser über den Bernauer, dessen Aktivitäten vielfach Thema von Wissenschaftssendungen und
-berichten waren. Schmunzelnd erinnert er sich noch an einen internationalen Fachkongress 2007 im spanischen Barcelona.
„Ich versprach dort, bis zum Kongress-Ende einen Meteoriten zu präsentieren, weil kurz zuvor über Spanien eine detonierende Feuerkugel zu beobachten war. Alle hielten das für einen Witz. Ich fand die ersten Meteorite des Falls zwischen den Olivenbäumen in der Region von La Mancha, der Wirkungsstätte von Don Quijote und konnte bei Kongressbeginn die Post aus dem All präsentieren.“
Infos: www.erfm.eu
Tel. 0 33 38/76 48 81
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