|
Wein, Weib und Gesang gelten gerne als „Markenzeichen“ von Künstlern.
Genau das Gegenteil ist bei einem Maler aus Buch der Fall. Werner Mühlbrecht genießt sein Einsiedler-Dasein in einem leerstehenden Ludwig Hoffmann Gebäude auf dem Krankenhaus-Gelände. „Nur wenn ich mit meinem Fahrrad mal Lebensmittel, Leinwand oder Material kaufe, komme ich mit Menschen in Kontakt. Ich brauche die Einsamkeit für meine Arbeit“, gibt der 77-Jährige Einblick in seine Tätigkeit. Lange dunkle Krankenhausgänge prägen sein tägliches Leben. Am Ende im Erdgeschoss stapeln sich Bilder, manche riesig, manche überschaubar. Ein Akt, dunkel gehalten, der Maler findet sich selbst darauf, das ist eine interessante Ausnahme. Expressionistische Stadtansichten, und immer wieder Kräne, Schiffe, das sind Motive, die Mühlbrecht einfach nicht loslassen. Denn mit Kränen hatte er zu tun, als er in Westdeutschland als Bauarbeiter das Geld für seine Tätigkeit als freier Maler verdiente. Kräne und Schiffe faszinierten ihn während seiner regelmäßigen Spanien-Aufenthalte. Kräne und Schiffe fand er in den Binnenhäfen von Berlin wieder.
Werner Mühlbrecht ist ein nachdenklicher und freundlicher Maler. Er ist unvermindert auf der Suche, ein Leben lang. Auf der Suche nach dem perfekten Bild. „Malen ist wie Philosophie eine Methode, die Welt zu entdecken und zu erklären.
Expressionismus bedeutet, die Linien die wichtig sind, überzubetonen. Im Gegensatz zur Fotografie möchte ich mit meinen Bilder das Wesentliche wiederzugeben!“
Dabei ist er sich selbst der größte Kritiker. Und das bedeutet für manches seiner Werke ein ungewöhnliches Aus: So trifft man ihn häufig mit einem Stapel Schleifpapier, und dann geht es der mühevoll geschaffenen Kunst an der Kragen. „Während die Alten Meister ihre Werke öfters übermalt haben, um teure Leinwand zu sparen, schleife ich sie ab, oft dutzende Male“, verblüfft er. Der bewusste Einzelgänger, der sich vom „wilden“ Kreuzberg über eine Zwischenstation in Bernau nach Berlin-Buch veränderte, setzt auf tägliche Routine: „In meinem Alter braucht man seinen Schlaf“, meint er und genießt seine elfstündige Ruhepause. Danach arbeitet er, alleine, konsequent, wie besessen und ohne große Hoffnung auf Verkäufe: „Ich wollte mich nicht in die Hand von Privat-Galeristen geben und abhängig vom Zeitgeist werden!“
Werner Mühlbrecht ist als Jugendlicher aus der Kirche ausgetreten, im Alter arbeitet er an einer Darstellung des Abendmahls. Drei Jahre beschäftigt ihn das Thema bereits. Stillleben und Landschaften haben es ihm neben Gebäuden ebenfalls angetan. „Ich bin kein Kirchgänger, aber als gläubig würde ich mich schon bezeichnen. Der Maler will mit seinen Arbeiten die Schöpfung erklären. Ich denke, jeder Maler ist auf seine Art gläubig.“ Von elitären Arbeiten, die niemand versteht, hält Werner Mühlbrecht wenig. „Ich habe mich seit dem Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin für architekturbezogene Kunst interessiert.“ Für Wandbild-Entwürfe konnte er Preise einheimsen, in der Reichenberger Straße gibt es ein Straßenmosaik von ihm.
Um Einblick in die Arbeiten von Werner Mühlbrecht zu bekommen, hält man sich am besten einen Termin in diesem Herbst 2007 frei. Dann sind im AEG Haus in der Gustav Meyer Allee in Berlin-Wedding Stadtansichten von ihm zu sehen. Wie in seinen Bildern konzentriert sich Werner Mühlbrecht in seinem eigenen Leben auf seine freundliche Art auf das Wesentliche: „Kein unnötiges Geschwätz, kein überflüssiger Luxus, kein Computer“, zählt er auf. Nur Telefon und TV verbinden ihn mit der Außenwelt und das Klapprad, notgedrungen. Dass er kein Auto hat, ist auch den bösen Fahrprüfern geschuldet, die ihn immer wieder durchrasseln ließen. Doch bei aller Abgewandtheit von der Welt, Werner Mühlbrecht kommuniziert mit seiner Umgebung und möchte deshalb ein Mahnmal für die Euthanasie-Opfer schaffen. Und träumt davon, in seiner Wahlheimat Buch eine Möglichkeit zu finden, seine Werke öffentlich auszustellen. Zudem sorgt sich der kinderlose Künstler, was mit seinen Arbeiten wird, wenn er mal nicht mehr ist. Noch hat er keine Antwort gefunden, aber an Gebäuden, denen Kunst gut täte, mangelt es in Berlin-Buch gerade nicht.
Infos Tel. 0 30/94 01 40 02
|
|
|
|
|
|