Stand Obtober 2011
Süße Mädchen im Boxring
Nachts kuschelt sie mit ihrem Teddy, und am Tage ist sie die „harte Lady“. Wenn sie ihre dicken Handschuhe überstülpt, wird aus dem netten Girl von
nebenan eine entschlossene Sportlerin.

Lisa Schreiber ist ein hübscher Teeny. Sie wirkt eher zart und zurück haltend, doch wenn sie ihre Boxhandschuhe überzieht, beginnt ein neues, ganz anderes Leben. „Ich finde es toll, dass sich zunehmend Mädchen für diesen Sport interessieren, der ja lange eine Männerdomäne war und mit dem Bild von harten Jungs verbunden ist“, freut sich Hans Link.
Neues Leben für Box-Sport
Der 49-jährige hauptberufliche Detektiv hat es sich zum Ziel gesetzt, Boxsport in Bernau zu neuen alten Höhen zu führen. Dazu hat er den Verein „Orje Tietzsch Box Camp Barnim“ gegründet, der sich insbesondere dem Amateur-Boxen verschrieben hat, aber auch regelmäßig Profi-Wettkämpfe ausrichtet.
Es knüpft an Bernaus Boxlegende Orje Tietzsch an.
„Orje war sein Kampfname im Ring, so riefen ihn die Fans. In Wirklichkeit hieß er Georg Tietzsch. Er lebte von 1914 bis 1998. Seine Zeit als Boxer im ‚Bernauer Box Club BBC‘ begann 1932. Er hatte 170 Amateur-Kämpfe, 33 Profikämpfe und war dreimal deutscher Meister“, weiß Hans Link, der sein Idol noch persönlich bei Besuchen im Bernauer Altersheim kennen gelernt hat.
Lisa Schreiber hat eine derartige Boxkarriere noch vor sich. Die Gymnasiastin kam zum neuen Hobby, weil sich ihr zwei Jahre älterer Bruder Nico Schreiber dafür zu interessieren begann. „Ich wollte ihn nicht alleine hingehen lassen und war sofort selbst davon fasziniert“, schwärmt die 13-Jährige nun. Die Eltern finden es toll, dass ihre Kinder
geschwollene Lippen und ausgeschlagene Zähne riskieren wollen: „Man muss lernen, sich durchzusetzen“, schmunzeln Anke und Ralf Schreiber. Sie ist Verkäuferin, er Kraftfahrer, der selbst Erfahrung mit Kampfsport gesammelt hat: „In meiner Jugend habe ich Judo gemacht!“
Animiert von Henry Maske
Trainer Hans Link hingegen hat schon als Jugendlicher im Ring gestanden. Doch die Idee zum Box Camp kam ihm erst später: „Als durch Gentleman-Boxer Henry Maske und Axel Schulz der Boxsport in den 1990-er Jahren plötzlich eine ganz neue Richtung bekam, hielt es mich nicht mehr auf dem Stuhl.“
Link wusste natürlich, dass er selbst aus dem Alter für aktive Kämpfe längst heraus war.
Also entschied er sich, Jugendliche an den spannenden Sport heranzuführen. „Die Faszination besteht darin, dass sich zwei Personen wie im Western gegenüber stehen und es darum geht, mit ganz eng begrenzten Mitteln heraus zu finden, wer der Stärkere ist. Man darf nur oberhalb der Gürtellinie schlagen und niemals mit offener Hand. Die Regeln sind einfach und fair.“
Mit im Ring
Um die Befähigung nachzuweisen, ließ er sich entsprechend ausbilden. Nun hat er sogar die B-Lizenz: „Damit darf ich auf Meisterschaften vorbereiten und meinen Schützlingen im Ring beistehen“, berichtet er. „Man leidet mit seinem Boxer, für den Trainer ist der Kampf fast noch aufwühlender als für den Sportler selbst. Schließlich will man, dass ihm nichts passiert und er gewinnt!“
Für Hans Link ist Boxen „eine Kunst, bei der es um Disziplin, Beherrschung, Einschätzung und schnelle Reaktion geht. „Man muss den Gegner verstehen, muss seine Angst vor Schlägen überwinden. Das größte Problem im Ring ist, cool zu bleiben und nicht zu vergessen, was man gelernt hat. Ein guter Boxer gibt niemals seine Deckung auf, dann kann ihm nicht viel passieren.“
Offenbar sind in Bernau die harten Jungs mittlerweile weit weniger häufig anzutreffen als zu Zeiten von „Orje“ Tietzsch. Jedenfalls hat Trainer Hans Link zur eigenen Verwunderung vor allem erfolgreiche Mädchen in seinem „Box-Stall“.
Erfolgreiche Mädchen
So schaffte es die heute 22-jährige Jenny Runge 2010 Deutsche Vizemeisterin bei den Frauen in der Gewichtsklasse 54 Kilogramm zu werden. Sie schaffte alle bis auf die Berlinerin Azize Nimani, die trotz junger Jahre schon eine Legende ist, weil sie noch nie einen Kampf verloren hat. Weiterer Star ist Elena Bohnheio. Die 15-Jährige ist Landesmeisterin im Boxen und gleichzeitig als angehende Sängerin öffentlich bekannt.
Doch Erfolg ist nicht alles: „Boxen muss man wollen, man muss an sich glauben. Fehlt dieser feste Wille und das Selbstbewusstsein, endet die Karriere schnell“, weiß Hans Link.
Boxen gegen Aggressivität
Für ihn ist ausgerechnet dieser harte Kampfsport ein gutes Mittel, um mit sich selbst ins Reine zu kommen: „Ich biete den Behörden an, dass aggressive Jugendliche bei uns unterkommen. Dann lernen sie nämlich Disziplin, Fairness und Erfolg. Das ist etwas anderes als in der Horde feige auf wehrlose Zeitgenossen einzuprügeln. Leider haben sich die Jugendämter bisher nicht für unser Angebot interessiert“, so Hans Link. „Boxen bedeutet, sich Ziele zu setzen, für die man kämpft. Nicht zuletzt gibt es die Redewendung vom durchboxen“, so Hans Link.
Lisa Schreiber und ihr Bruder sind bereit, sich auf das Abenteuer einzulassen, selbst wenn sie nicht zum Kreis der Menschen gehören, die Probleme mit
Aggressivität haben: „Meine Freundinnen in der Schule finden es ganz klasse, dass ich etwas mache, was nicht gerade im Turnunterricht gelehrt wird“, schmunzelt die 13-Jährige, die in der Schule beliebt ist und es nicht nötig hätte, sich gegen Widerstände durchzuboxen.
Infos:
Tel. 0 33 38/75 87 58
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