Lärm aus allen Himmelsrichtungen?

Lärm, Lärm und nochmals Lärm! In der Gemeinde Mahlow fühlt man sich von Lärmproblemen eingekesselt: Lärm aus der Luft, Lärm von der Eisenbahn, Lärm von gleich zwei neuen Straßen! Die Bürger gehen dagegen auf die Barrikaden und ihre Vertreter ebenfalls.
Redakteur Andreas Schönstedt sprach mit Manfred Wirth, (72) der als Bauausschußvorsitzender der Gemeinde Mahlow und Kreistagsabgeordneter sowie Fraktionsvorsitzender der „Parteilosen Mahlow“ täglich mit diesen Problemen befaßt ist.

Sie beklagen, daß Mahlow zur Lärmwüste am Südgürtel Berlins wird?
Manfred Wirth: Diese Befürchtung haben wir allerdings. Denn wir sind gleich mehrfach von Lärm und Emissionen bedroht. Da wäre einmal der Großflughafen Schönefeld. Da wäre weiterhin der geplante Ausbau der Bahnlinie Berlin-Dresden. Und da wären zwei Straßen, die den ganzen Durchgangsverkehr durch Mahlow, statt am Ort vorbei führen würden. Wenn wir nicht wenigstens einen Teil dieser Planungen verhindern oder verändern, bestünde unser Dorf bald nur noch aus Schallschutzanlagen und Lärm hätten wir dennoch zuhauf!

Was wollen Sie konkret erreichen?
Manfred Wirth: Wir wenden uns wie die anderen Gemeinden im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten gegen den Großflughafen in Schönefeld. Mit den anderen Betreibern der Projekte, sind wir am Verhandeln. Unbestreitbar sind diese Projekte notwendig. Wir müssen jedoch darauf achten, daß sie auch zum Wohl unserer Gemeinde durchgeführt werden.

Was bedeutet das? Was wollen Sie erreichen?
Manfred Wirth: Beim Ausbau der Bahnlinie Dresden-Berlin, die ja schon immer durch Mahlow führte, geht es uns um effektiven Schallschutz, der die Bewohner vor zusätzlichem Lärm, bedingt durch die geplante höhere Zugfrequenz, bewahrt. Strittig ist insbesondere, ob die Bahn dort, wo wir noch keine Bebauung haben, aber entsprechende Baugebiete rechtswirksam ausgewiesen haben, ebenfalls für Schallschutz sorgen muß.

Worum geht es bei den beiden Straßen?
Manfred Wirth: Nun, das ist eine sehr komplexe Geschichte, zumindest was die L76 betriftt. Dort gab es ursprünglich eine Planung, diese Landesstraße um Mahlow herum gehen zu lassen. Leider erreichten einige wenige Bürger einen Baustopp mit der Begründung, ein Biotop wäre gefährdet. Die Kröten, um die es angeblich ging, habe ich zwar noch nie angetroffen, aber die Gerichte sahen es eben anders. Nun will das Land die Straße mitten durch Mahlow bauen. Das bedeutet: Durch Schallschutzwände und ein sehr hohes Brückenbauwerk wird das Ortsbild verschandelt und die Entwicklung dieses Gebietes stark behindert. Unser Gemeindegebiet wird durchschnitten. Auch für die Naherholunghat das negative Auswirkungen, denn der Zugang zum Seebad Mahlow wird erschwert. Damit haben die Naturschützer meiner Meinung nach den Bürgern ihrer Gemeinde einen Bärendienst erwiesen.

Nächster Streitpunkt ist die B96.
Manfred Wirth: Das Problem liesse sich schnell lösen, wenn die Bürokratie nicht wäre. Konkret geht es darum, daß die neue Straße das Wohngebiet am Fuchsberg vom Rest der Gemeinde abschneiden würde und die Menschen dort durch den Fahrzeuglärm entsprechend in Mitleidenschaft gezogen würden. Hier hat die Gemeindevertretung schon 1999 die jetzige Planung der B96 abgelehnt und eine östliche Variante gefordert. Damit sind wir uns einig mit der Arbeitsgruppe Verkehr des Bau- und Territorialausschusses. Mit der von unserer Gemeindevertretung beschlossenen östlichen Variante gibt es eine gute Alternative. Das Problem ist: Für die bestehende Planung sind EU-Mittel genehmigt. Würde nun die bisherige Planung geändert, würden diese Mittel verfallen und müßten neu beantragt werden. Dagegen sträubt sich die Landesregierung, doch ich denke, im Interesse der Menschen sollte dieser verwaltungstechnische Mehraufwand nicht gescheut werden.

Ein weiteres heißes Eisen ist die Gebietsreform. Warum wollen Sie keine Großgemeinde mit Blankenfelde?
Manfred Wirth: Generell bedeutet die geplante Gebietsreform einen Demokratieverlust. Heute haben wir in Brandenburg in großer Mehrzahl ehrenamtliche Bürgermeister ohne Parteizugehörigkeit, die sich den Bürgern verpflichtet fühlen und auf keine Parteiinteressen von oben Rücksicht nehmen brauchen. Bei den großen Einheiten kommen wir dann wieder dazu, dass anonyme Kandidaten, die von den Parteizentralen bestimmt sind, die Gemeindeparlamente füllen.Speziell für Mahlow wäre die Gebietsreform ohnehin ein teurer Spaß. Als Großgemeinde bräuchten wir beispielsweise ein neues großes Rathaus. Das wird dann sicher teuer gebaut und bis das fertig ist, benötigt das keiner mehr, weil wir dann ohnehin nach Berlin eingemeindet werden. Viele Bürger wollen das ja auch. Ganz nebenbei arbeiten wir mit der Gemeinde Blankenfelde auch ohne gemeinsamen Topf und Namen hervorragend zusammen. So bauen wir zum Beispiel einen gemeinsamen Jugendclub am Berliner Damm. Aber deshalb muß ich doch keine Großgemeinde bilden!

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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