|
Unsere Zukunft würden wir alle gerne kennen lernen. Liegt sie in den Sternen, im Weltall oder dahinter?
Ein Brieselanger hat hinter fremde Galaxien gesehen. Seine Visionen könnten bald greifbar über den Bildschirm schimmern. Denn sie liegen griffbereit in der Schublade als fertiges Drehbuch. Dass sich tatsächlich Studios dafür interessieren können, liegt an der Person des Schreibers. Denn Carlos Rasch ist der Science Fiction Pionier der DDR. Seine Bücher erreichten ein Millionen-Publikum. Sogar in Westdeutschland und im Ausland hatte er Fans.
Langweiliger Nachrichten-Journalismus
Carlos Rasch ist in Brasilien geboren. Im Nachkriegs-Deutschland verdiente er sein Geld bei der Nachrichtenagentur ADN. Die erzwungene Sachlichkeit ließen Rasch nach einer Möglichkeit suchen, den Rausch der Worte ausleben zu können, „damit ich mir den Sprachstil nicht ganz versaue!“ Wäre dazu ein
Krimi das geeignete Mittel? Rasch entschied sich für „die Zukunft“. Schließlich war in den ausgehenden 1950-er Jahren die Weltraumfahrt im Kommen. „Krimis gab es viele, seriöse Weltraumliteratur im deutschsprachigen Raum dagegen wenig“, erkannte Carlos Rasch eine „Marktlücke“.
Erfolgs-Autor mit 29!
Dabei hatte er von Anfang an einen grundlegend anderen Ansatz als die anderen: „Dort ging es immer um die Apocalypse, den Zusammenbruch der Welt und des Sternensystems. Ich dagegen war der Meinung, dass man positiv in die Zukunft sehen sollte. Das finde ich noch heute!“
Mit 29 konnte er sein erstes Buch „Asteroidenjäger“ veröffentlichen, das sofort einschlug. „Zuvor musste ich es allerdings auf Verlangen des Verlags sechs Mal umschreiben“, erinnert er sich. Doch der Aufwand lohnte: „Die Anfangsauflage waren 148000 Exemplare, davon kann ein Autor heute nur träumen.“ Das Buch schlug sofort ein, wurde sogar mit dem Jugendbuchpreis ausgezeichnet.
Die Außerirdischen kommen!
Der Stern des Weltraum-Autors stieg kometenhaft. Sein zweiter Science Fiction Roman „Der Blaue Planet“ erschien 1963 bereits mit einer Startauflage von 260000 Exemplaren! Für Carlos Rasch war nun rasch klar, dass er das Zeug zum Erfolgsautor hatte. Ein einjähriges Aufbaustudium ermöglichte die Aufnahme in den offiziellen Schriftstellerverband der DDR. Ab 1965 war der ehemalige Nachrichtenredakteur freiberuflich als Autor tätig.
Pakete aus der US-Airbase
Die Fans der Science Fiction Literatur hatten sich in vielen Ländern in Klubs zusammengefunden. In Karl Marx Stadt war 1959 der erste Science Fiction Klub der DDR entstanden. Um zu sehen, was die „Konkurrenz“ im Westen ersann, hatte Rasch Kontakte zu westdeutschen Klubs und amerikanischen Fans geknüpft. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten grassierte damals das „UFO-Fieber“. Der Literatur-Austausch ging lange gut bis dem ostdeutschen Zoll eine Lieferung von 400 Büchern mit Absendestempel einer US-Airforce-Basis aufstieß. Und das ausgerechnet im Jahr des Mauerbaus 1961! Carlos Rasch schrieb dennoch Buch um Buch, tourte durch die DDR, las in Fan-Klubs und sogar vor Mitgliedern der NVA. Seine Werke behandelten die „drei Menschheitsträume: Fliegen, Unsterblichkeit, den Kosmos erobern.“
Der Zeit voraus
Carlos Rasch machte sich zum Prinzip, keinen belehrenden Zeigefinger zu heben. Stattdessen hatten seine Helden Abenteuer in einer anderen Welt zu bestehen. Dabei ging es weniger um Schlachten und Kämpfe, um Zerstörung und Weltuntergang, sondern um die Frage, wie sich neue Gesellschaften und Zivilisationen unter anderen Bedingungen entwickeln können. „Ich habe mich Jahre vor Erich von Däniken mit der Frage beschäftigt, ob Außerirdische bei uns gelandet sein können“, so Carlos Rasch. In seinem zweiten Werk „Der Blaue Planet“ bereits kommen intelligente Bewohner eines Planeten Heloid ins Mesopotamien von vor 3000 Jahren. Damit stößt eine hochentwickelte Kultur auf eine primitive Sklavengesellschaft exakt in diesem Gebiet, von dem aus angeblich die Menschheitsentwicklung einen Anfang genommen hat. Erst fünf Jahre später löste Erich von Däniken mit seinem Buch „Erinnerungen an die Zukunft“ eine weltweite Diskussion über außerirdische Intelligenz aus, von der der schweizer Autor noch heute bestens lebt. Als „Zeitvertreib“ verfasste Carlos Rasch mehrere Kinderbücher, darunter „Mobby Weißbauch“. Insgesamt überschritt die Auflage seiner 20 Bücher 1,5 Millionen Exemplare. Er wurde in vielen Ländern der Welt verlegt und war seit 1968 in der BRD erhältlich.
Vom Weltall ins Nach-Wende-Deutschland
Mit den Turbulenzen der Wende hatte die Welt andere Sorgen als ferne Galaxien. Carlos Rasch erinnerte sich an sein „altes Handwerk“ und arbeitete als Lokalredakteur. Er, der gesellschaftliche Umbrüche im fernen Weltraum ersonnen hatte, erlebte nun einen tatsächlichen Wandel vor der eigenen Haustüre. Er war Gerichtsreporter und beschäftigte sich mit Wirtschaftsthemen. Er betrachtete seine Heimat mit der Sensibilität eines Autors mit Bodenhaftung. In seinen Romanen hatte er die Entwicklung des Menschen nachgezeichnet, der sich mit heutigem Wissen in fernen Galaxien daran macht, ein besseres Gesellschaftssystem zu schaffen. Nun erlebte er, dass ein „altes“ Gesellschaftssystem ein ganzes Land übernimmt!
TV-Serie wartet auf Entdeckung
Vom Träumen kann Carlos Rasch im 75. Lebensjahr weniger denn je lassen. In der Schublade warten die „Raumlotsen“ darauf, Einzug auf unsere Fernsehbildschirme zu halten. Das Thema ist als 24-teilige Serie angelegt und würde wesentliche Teile der Romane und Erzählungen des Brieselangers spannend und abwechslungsreich in aktueller Form verknüpfen. „Leider sind gerade Gameshows und Casting-Wettbewerbe die wenig kosten gefragt. Aber vielleicht rückt das Thema Zukunft und Zusammenleben wieder mal ins Blickfeld“, hofft der langjährige Erfolgsautor.
Tel. 033232/41657
|
|
|
|
|