Zu Besuch beim Bechstein-Flugel

Die Musikwelt war begeistert, beruhmte Kunstler wollten gar ihre Stucke nur fur ihn schreiben. Die Rede ist von Carl Bechstein, dessen Konzertflugel seit 1853 die Welt eroberten. Zu seinen Fans zahlten Komponisten wie Georges Bizet, Claude Debussy, Franz Liszt, Wilhelm Furtwangler oder der erste Chefdirigent der Berliner Philhamoniker, Hans von Bulow. Produzieren liess Bechstein in Berlin, zum Wohnen bevorzugte er lange Zeit Erkner. Und zeigte sich sehr gro§zugig: So kummerte er sich um den Bau und die Ausstattung der Genezareth-Kirche. Seine fruhere Sommervilla ist heute das Rathaus. Erkner revanchierte sich fur die Gro§zugigkeit und verlieh ihrem ruhmreichen Burger, der 1826 in Gotha geboren wurde und 1900 in Berlin verstarb, die Ehrenburgerwurde. Verstandlich also, dass es nun etlichen Wirbel gab, als man auf einen wertvollen historischen Bechsteinflugel stiess, der Kriegswirren und DDR uberdauerte hatte. „Ich habe ihn benutzt, ohne so richtig zu begreifen, welch kostbarem Stuck ich da Musik entlockte“, erinnert sich Dr. Bernd Ruhle vom Heimatverein. „Bis 1958 war der Flugel in der Theodor-Fontane-Schule. Als die geschlossen wurde, kam er nach Rudersdorf. Spater war er in der Heinrich-Heine-Schule, wo auch ich ihn benutzt habe.“ Nachdem Anfang der 80er Jahre die Heine-Schule verlegt wurde, geriet der alte Flugel im neuen Schulgebaude in Vergessenheit. Im Jubilaumsjahr 2000 ware auch der hundertste Todestag Bechsteins zu begehen gewesen. Da tauchte die Erinnerung an das Instrument wieder auf. „Man musste ihn restaurieren lassen“, waren sich Heimatverein und Stadt einig. Die Bechsteinwerke veranschlagten dafur gut 17000 Euro. Viel Geld, fur leere Kassen. Und so kam man auf die Idee einer Spendenaktion. Burger und Firmen sollte symbolisch eine der 88 Tasten erwerben. Nun, zum Jahresende 2001, ist das Geld zusammen und der Flugel bei Bechstein in Berlin. Wir sprachen mit einigen Spendern uber ihre Beweggrunde:

Knut Reuber-Tagesen, 57, Vorsitzender des Tourismusvereins:„Nun, als Mitinitiator der Aktion geht man naturlich mit gutem Beispiel voran. Ich bin in Cottbus geboren, habe dann lange Jahre in Berlin und Stuttgart gelebt und bin 1991 nach Erkner gezogen. Ich finde, dass ein solcher Flugel und das Wirken des Klavierbauers Carl Bechstein in Erkner fur eine kleine Stadt etwas ganz Besonderes ist. Als Kind habe ich das Klavierspielen gelernt. Und als Jugendlicher habe ich mir oft den Frust von der Seele gespielt. Wenn ich mich an unser Klavier zu Hause gesetzt und den Triumphmarsch gespielt habe, wussten alle im Haus: Knut ist unzufrieden. Dann kamen klassische Stucke und Volksmusik und zuletzt das Ave Maria. Dann war wieder alles in Ordnung.”

men klassische Stucke und Volksmusik und zuletzt das Ave Maria. Dann war wieder alles in Ordnung.” Ruth Fraszczak, 80, Rentnerin: „Ich arbeite im Heimatverein mit. 227 Mark pro Taste sind ja nicht wenig Geld. Aber ich habe schon Weihnachten 2000 bei den Spendensendungen vorm Fernseher gesessen und uberlegt, was ich Gutes tun konnte. Und als ich las, dass die 44. Taste vom Bechstein-Flugel schon verkauft ist, war mir klar: Ruth, du schenkst dir zu deinem 80. Geburtstag im Marz 2001 eine Taste und damit der Stadt ein Stuck Geschichte zuruck. Und was soll ich Ihnen sagen: die 50. symbolisch verkaufte Taste ist meine. Hier, die Urkunde hangt in meiner Wohnstube. Wissen Sie, au§erdem habe ich meinen Mann Franz uber die Musik kennengelernt. Er hat damals Knopfakkordeon gespielt.”

Achim Wegeleben, 53, Geschaftsfuhrer Wohnungsgesellschaft Erkner mbH:„Wir haben ja zweimal „zugeschlagen“. Die ersten drei Tasten, die wir gekauft haben, haben wir aus purer Uberzeugung gekauft. Ein solches Musikinstrument, noch dazu von einem beruhmten Burger, der sich um die Stadt verdient gemacht hat, dessen Name hier uberall mit Hochachtung erwahnt wird, ein solches Instrument darf nicht einfach so verkommen. Und da ich wei§, dass viele Erkneraner auch einfach nur so kleine Summen gespendet haben, dafur aber keine ganze Taste vergeben werden konnte, haben wir die stellvertretend fur viele erworben.Personlich habe ich ein Klavier zu Hause, da in meiner Familie meine Frau Walburga, meine Tochter Carmen und mein Sohn David ganz gut Klavier spielen konnen.”

Heinz Schulz, 68, Rentner:„Also von Musik habe ich so gar keine Ahnung. Ich hatte in der Schule immer die Note 5. Meine Frau Christa versteht da schon eher etwas davon. Aber ich habe lange Jahre als Journalist gearbeitet und schreibe auch heute noch viel. Da lernt man viele Dinge kennen, fur die man sich von ganzem Herzen engagiert. Und als quasi Presseverantwortlicher des Heimatvereins kann ich die Leute doch nicht nur anfeuern und selber zugucken. Ich wollte hier auch schnell ein Zeichen setzen und mit Taten die anderen anspornen.”

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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