Stand Juni 2011
Leidenschaft mit 79 Jahren
Liebe und Leidenschaft prägen vielfach das Leben. Doch nur wenige sind im Alter von 69 Jahren von diesen tiefsten menschlichen Gefühlen immer noch so „bewegt und getrieben“ wie früher in der Jugend.
Der gebürtige Ungar András Fricsay sitzt in seiner Wahlheimat Falkensee schon wieder auf gepackten Koffern. Es winkt ein Engagement am anderen Ende der Welt, im australischen Sydney. Dort soll Fricsay die „Gärtnerin aus Liebe“ von Wolfgang Amadeus Mozart auf die Bühne bringen.
Natürlich ist der welterfahrene Ungar mit Schweizer Pass und engsten Verbindungen in Berlin ein Mann, der sich mit Liebe auskennt. Seiner Ausstrahlung, seinem Charme, seiner mit Bestimmtheit gepaarten Liebenswürdigkeit kann man sich kaum entziehen.
Heimliche Hochzeit
Diese Erfahrung machte unter anderen eine junge Magdeburgerin. „Ich war per Zufall auf einer Lesung, wo András Fricsay im kleinen Kreis eigene Gedichte vortrug. Ich verliebte mich sofort in ihn und wollte ihn unbedingt haben.“ Das war vor zwölf Jahren. András Fricsay hatte seine Scheidung gerade hinter sich. „Ich wollte keine neue Beziehung.“
Dennoch wurden der weltberühmte Künstler und die damals 30-jährige Studentin kurz nach dem ersten Zusammentreffen ein Paar. „Vor zwei Jahren haben wir dann ganz intim in Falkensee geheiratet, ohne dass es jemand wusste. Unsere Verwandtschaft war darüber ganz nett sauer“, schmunzelt Mia Fricsay.
„Zuhälter” und Kinostar
András Fricsay ist auf den Bühnen der Welt ein Begriff. Man kennt ihn vom Theater, aus dem Fernsehen und aus dem Kino. Er hat mit dem
eigenwilligen Egozentriker Bernhard Wicki zusammengearbeitet. Er spielte im westdeutschen Kassenschlager „Die Supernasen“ an der Seite von Thomas Gottschalk, Mike Krüger und Wolfgang Fierek. Er trat bei Kabarett-Ikone Dieter Hildebrandt im „Scheibenwischer auf. 1983 war er in der Krimiserie „Der Alte“ als „Billard, der Rocker“. 1984 spielte er in „Der Fahnder“ einen Kleinganoven und Zuhälter, in „Derrick“ einen Gitarristen, im „Tatort“ einen Drogendealer, übrigens an der Seite von Götz George.
Er trat in TV-Produktionen mit Stars wie Inge Meisel, Iris Berben, Vadim Glowna und Maria Schell auf. Unter der Regie von Bernhard Wicki war er in den Filmen „Die Eroberung der Zitadelle“ und „Das Spinnennetz“ zu sehen. Mit  Klaus Maria Brandauer, Ulrich Mühe und Armin Mueller-Stahl hatte der Film eine Besetzung aus hochkarätigen und eigenwilligen Charakteren.
Unzähmbares Feuer
„Bernhard Wicki hat mich für den Film entdeckt und war mir immer ein großer Lehrer. Er war einer der wenigen deutschsprachigen Regisseure, die international anerkannt sind. Er war rücksichtslos, wenn es um die Arbeit ging, verlangte von seinem Team und den Schauspielern Höchstleistungen. Unter ihm habe ich gelernt, wie ein Mensch sich entfalten kann“, blickt András Fricsay zurück. „Aus ihm sprühte das unbezähmbare Feuer, das einen Künstler wirklich ausmacht!“
Diesen zwanghaften Drang zur Kunst vermisste Fricsay, der die  südungarische „Paprikastadt“ Szeged mit seinen Eltern verließ, als er gerade mal fünf Jahre alt war, als er in der schönen schweizerischen Metropole Genf von 1959 bis 1963 an der École des
Beaux Arts Malerei studierte. „Ich hatte Spaß daran, war sicher nicht schlecht, aber es fehlte mir die Seelennot, der Zwang, genau dies zu tun.“
Vater war Star-Dirigent
András Fricsay entstammt einer Künstlerfamilie. Vater Ferenc Fricsay war unter anderem Chefdirigent des
RIAS Symphonie-Orchester Berlin, Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper und Chefdirigent des Radio-Symphonie-Orchesters Berlin. Zu den weiteren Vorfahren gehörten die Opernsängerin Livia Dobay, die Konzertpianistin Rita Schuler und Kapellmeister Richard Fricsay. András Fricsay hatte zwar ebenfalls Musikunterricht von Kindesbeinen an, beurteilte sich aber als „nicht ausreichend talentiert, um jemals das
Niveau des Vaters zu erreichen.“ Also suchte er die Verwirklichung in der Malerei. „Ich hatte eine große Sehnsucht nach Authenzität. Ich erlebte meine Studienkollegen  als leidenschaftlich beseelt, selbst wenn einige von ihnen schlechter als ich waren.“
Größenwahn?
Am Max-Reinhardt-Seminar in Berlin fand er diese Erfüllung. Über 40 Jahre prägte András Fricsay deutschsprachige Bühnen. Er feierte anhaltende Erfolge als Schauspieler und führte vielfach Regie. „Das Schauspiel ist die Königskunst. Regie beinhaltet immer die Verführung zum Größenwahn“, sagt er. „Meist wollen sich die Regisseure in Szene setzen und erwarten Unterordnung von den Schauspielern. Ich bin der Meinung, der Regisseur muss den Schauspielern die Chance geben, gut zu sein!“
Heute, mit 69 Jahren, ist András Fricsay wählerisch: „Ich bin ja im Ruhestand, aber das Angebot eines Freunds, in Sydney Mozart zu inszenieren, reizt mich sehr!“ Dagegen haben TV-Angebote immer weniger Chancen: „Ich bekomme sehr oft Drehbücher zugesandt, aber das Niveau ist mittlerweile so gesunken, dass ich keine Lust mehr dazu habe!“
Infos: www.fricsay.ch
Tel. 0 33 22/23 22 62
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