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Wenn es um den Filmpreis „Lola“ geht, kommt Hollywood-Glamour auf. Dann drängen sich Stars
und Sternchen auf dem roten Teppich. Die Spannung ist immens, fast so, wie man es vom großen
Vorbild, der „Oscar“-Verleihung in den USA kennt.  
Wenn Jan Josef Liefers diesmal die spannende Entscheidung verkündet, welcher der sechs nominierten
Spielfilme das Rennen macht, dann ist die Entscheidung mit auf die Stimme der renommierten Künstlerin
und Cineastin Professor
Monika Funke Stern zurückzuführen. Die Avantgarde-Filmerin aus Falkensee ist
Mitglied bei der Deutschen Filmakademie.  
50 Spielfilme in wenigen Wochen
„Ich sichte in dieser Zeit über 50 Spiel- und Dokumentarfilme, die durch eine Vorauswahl unter den etwa
200 Produktionen des letzten Jahres in die engere Wahl gekommen sind“, beschreibt die international
renommierte Künstlerin, womit sie sich seit Jahren jedes Frühjahr beschäftigt. „2015 gehören ‚Zeit der
Kannibalen’ von
Johannes Naber, ‚Schönefeld Boulevard’ von Silke Enders und ‚Lügen und andere
Wahrheiten’ von
Vanessa Jopp zu meinen persönlichen Favoriten“, gibt die Falkenseerin Einblick. Damit
konnte sie aber nicht alle Kollegen überzeugen. Nur „Zeit der Kannibalen“ schaffte es, unter die sechs
nominierten Kinofilme für den 65. Deutschen Filmpreis.  
Käse-Paradies
Dass Monika Funke Stern sich so gerne „normale“ Spielfilme ansieht, weist mit auf die ungewöhnliche
Bandbreite hin. Denn bekannt wurde sie als Schöpferin feministischer Kurzfilme mit so spannenden Titeln
wie „Wie der Handkäse ins Laufen kam“. Dies war die Hommage an eine Kaufmannsfrau in Gottsbühren im
Weserbergland, wo eine Kapelle die Ermordung eines mittelalterlichen Revoluzzers sühnen soll, der sich
sein Paradies wie der Müller Menocchio ganz aus Käse gefertigt vorstellte. Der Film baut diese Vision
sowie ihre Zerstörung nach. Mit ihrer etwas anderen Weltsicht, in der sie ungewöhnliche Bilder und
Gesellschaftskritik fast so wie die frühen Dadaisten verband, schaffte sie es 1983 in den internationalen
Wettbewerb der Berlinale. Eine andere Produktion bekam das Prädikat „besonders wertvoll“. Monika Funke
Stern wurde 1943 in Bergisch Gladbach geboren und promovierte als 29-Jährige an der FU Berlin „mit
Auszeichnung“ ausgerechnet über den „Frauenfeind“
Friedrich Nietzsche.  
Philosophin beim Film
Sie wurde Lehrbeauftragte und Assistentin an der Berliner Hochschule der Künste. Die „HdK“ war damals
ein Brennpunkt des Studentenaufruhrs gegen die verkrustete Nach-Adenauer-Republik. Proteste und
Diskussionen bestimmten das Bild, teilweise besetzen die Studenten die HdK-Räume, schliefen sogar
darin. Das Thema „Verbindung von Theorie und Praxis“ stand auf der Tagesordnung. „Ich durchforstete die
Werkstätten und bin in der Filmabteilung bei mir selbst angekommen“, erinnert sich die promovierte
Philosophin Monika Funke Stern an ihre Arbeit als junge Dozentin im brodelnden Westberlin. Zu dieser Zeit
war es für experimentelle Filmideen einfacher. „Für mein erstes Drehbuch, das ich an den SFB adressiert
habe, bekam ich schon kurz darauf die Einladung, den Film zu machen!“
Frauen-Kino
1980 gehörte sie zu den Gründerinnen vom „Verband der Filmarbeiterinnen“, der erreichen wollte, dass die
Hälfte der Gelder, die für Filme vergeben werden, an Frauen gehen. Dieses Ziel bleibt bis heute unerreicht.
Dennoch machte sie mit ihrem Beitrag zu dem Antikriegsfilm „Aus heiterem Himmel“, der gegen die
Aufrüstung mit Pershing-Atomraketen gerichtet war, auf sich aufmerksam. Sie schuf „Parfait d’amour“, wo
die Hände wie Augen wirken und eine Endoskopiekamera für neue aufregende Sichtweisen sorgte. Für
„Zum Glück gibt’s kein Patent“ konnte sie sogar
Hella von Sinnen als „Star“ gewinnen. Sie beschäftigte
sich damals mit der Konfektionierung von Menschen, lange bevor man an die Möglichkeiten der
Genmanipulation denken konnte.
Minister auf Abwegen?
Die Kraft der ungewöhnlichen Bilder und die spezielle Betrachtungsweise machte  die großen Sender auf
die ungewöhnliche Künstlerin aumerksam. So konnte sie fürs ZDF 1986 den Film „Am nächsten Morgen
kehrte der Minister nicht an seinen Arbeitsplatz zurück“ visualisieren. Das mysteriöse Verschwinden des
Berliner Bausenators
Ulrich Rastemborski war Auslöser für ein „Science Fiction in der Gegenwart“.
Die Falkenseerin ist zudem eine der wenigen deutschen Video-Künstlerinnen, die im „Centre Pompidou“
vertreten sind. Dieses Museum für zeitgenössische Kunst in Paris am früheren Standort der weltberühmten
Markthallen zeigt ihre Arbeit „Frankensteins Scheidung“, die einst im Auftrag des „Neuen Berliner
Kunstvereins“ entstand. In dem 45-Minuten-Film wird aufs Korn genommen, was Frauen mit sich machen
lassen, um dem von der Gesellschaft geforderten Schönheitsideal zu entsprechen.
Falkensee und Krim
Trotz dieser Erfolge und sicher mit beeinflusst durch Ehemann Sascha Kadyrov, mit dem sie seit 1989 liiert
ist, wendet sich Monika Funke Stern vermehrt dem kommerziellen Film zu. Kadyrov, 61, ist erfolgreicher
Theaterregisseur, der aus Moskau stammt und beteuert, mit dem berüchtigten Tschetschenenclan gleichen
Namens nichts zu tun zu haben. Das Paar lebt seit 1997 in Falkensee, weil sie sich von Charlottenburg ins
Grüne verändern wollten. „Wir stießen auf ein Wochenendgrundstück, das uns sofort faszinierte“, erinnern
sie sich. Doch bei aller Liebe zur Gartenstadt, ihr gehört nur das halbe Herz. Denn als zweiten Wohnsitz
pflegt das ungewöhnliche Paar ihr schlossähnliches Traumhaus auf der Krim, hoch oben auf den Bergen
mit fantastischem Meerblick. Zweimal im Jahr geht es dann per Auto und mit viel Zivilisationsgepäck im
Kofferraum, auf die mittlerweile von Russland annektierte Ferieninsel mit Marinestützpunkt. Immer mit dabei
auf der beschwerlichen Reise von 2300 Kilometern ist „Leon“. Der mittelasiatische Schäferhund bringt
stolze 70 Kilogramm auf die Waage und ist ein wichtiger Grund, warum bequemere Verkehrsmittel wie das
Flugzeug ausscheiden.
Mafia und Bolschoi
Auf der Krim entstand der erste kommerzielle Film der Professorin für Bewegtbilder. „Nikita the show must
go on“,  dreht sich um einen russischen Mafioso und ein deutsches Popsternchen, das auf der Krim einen
Clip drehen will. „Leider haben wir dafür noch keinen Verleih gefunden, der den Krimi ins Kino bringt“,
musste die Künstlerin die Erfahrung machen, dass Kommerz seine Grenzen haben kann. Dabei hätte der
auf der Krim gedrehte Streifen gerade heute viel Sprengkraft! Nun arbeitet das Falkenseer Künstlerduo
sogar an einer Hollywood-Produktion, für die sie sich eine Besetzung mit Weltstars wie
Natalie Portmann
und
Ben Afflek wünschen. „Die Geschichte nimmt die Biografie von Co-Autor Michael Fishgoyt auf, der
als Szenograf und Autor in großen sowjetischen und amerikanischen Filmen gearbeitet hat. Die Hauptfigur
des Films, ein junger, jüdischer US-Journalist, kommt 1939 nach Berlin. Dort verliebt er sich in den Star des
Bolschoi-Theaters, das in Berlin ein Gastspiel gibt. Krieg und Gulag stellen diese Liebe auf eine große
Zerreißprobe, die erst nach Stalins Tod ein Happy End finden kann“, stellen die beiden den Inhalt in
Kurzform dar.
Jede Leinwand
Kino ist für Monika Funke Stern „Bilder machen“. Dazu „beschränkt“ sie sich nicht auf Zelluloid,
Videomaterial oder Festplatte. Da um Szenen zu entwerfen Bildsequenzen auf Papier kommen, hat sie ihre
visuelle Kraft weiterentwickelt und sich außerdem der Malerei gewidmet. Bewegtbild-Werke von ihr finden
sich unter anderem in der renommierten Sammlung des „Neuen Berliner Kunstvereins“, im „Hamburger
Bahnhof“, dem „International Media Art Institute“ Düsseldorf und sind weltweit bei Kunstfreunden gefragt.
Denn neue Perspektiven und überraschende Blickwinkel begeistern immer, egal ob auf der
Kinoleinwand oder dem Malgrund. Neuerdings arbeitet sie mit Lack auf Glas! Die Filme sind im Verleih der
Stiftung Deutsche Kinemathek jederzeit zu sehen.
Infos:
Tel. 0 33 22/20 45 55
www.funkefilm.de
Stand Juni 2015
Filmpreis Lola und die Kannibalen
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