Pop-Musik-Geschichte im Reihenhaus:
Mit der ersten Boygroup zum Erfolg
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In Falkensee hat die Pop-Musikgeschichte
ein Zuhause. Hier fühlt sich ein Künstler wohl, der
wesentliche Trends bestimmte.
Er „erfand“ die ersten
Videoclips, er brachte die erste deutsche Boygroup auf die
Bühne. Wenn er nicht gerade selbst sang, dann brachte er
bekannte Stars in die Hitparaden!
Norman Ascot ist einer der erfolgreichsten
Musiker, Komponisten und Produzenten in der deutschen
Pop-Geschichte. Und er ist der Mann mit den vielen Namen. Schon
sein richtiger Name macht ihm selbst heute noch Probleme. Denn
„bürgerlich“ heißt der Spross einer
ungarisch-stämmigen Musikerfamilie Wolfgang Pliverits.
„Die richtige Schreibweise ist Pliverics. Doch der
Standesbeamte hatte das falsch verstanden. Nun schreiben sich
alle anderen Familienzweige richtig, nur unserer nicht!“
Der Mann mit den vielen Namen
Sein Trost: Heute kennt man ihn ohnehin
unter seinem Künstlernamen „Norman Ascot“. Den
hatte ihm der Erfolgs-Produzent Thomas Meisel verpasst,
„das klingt in der Branche einfach besser,“ so
Ascot heute. Das war nicht immer so: Seine ersten Platten nahm
er mit Schlagern auf, als „Tom Schütt“.
Eigentlich ist Norman Ascot ein Rock
‘n‘ Roller, dessen Vorbilder Chuck Barry und Elvis
Presley waren.
Doch berühmt werden konnte er damit
nicht,
obwohl seine aus einer Jugendband
hervorgegangene Gruppe „The Gents“ in den 1960-er
Jahren mit einigem Erfolg durch die Berliner Clubs tingelte.
Mega-Stars
Lebensbestimmend war seine Entdeckung durch
den Star-Macher Thomas Meisel. Der war vom Gesangstalent des
Rockers, für den „der Besuch einer Oper wie eine
Folter ist“, spontan begeistert. Und das wollte was
heißen. Denn die Brüder Peter Meisel und Thomas
Meisel waren Inhaber von Hansa Records, der Plattenfirma in
West-Berlin, die jahrzehntelang die Mega-Stars der
Bundesrepublik in die Hitparade hob. Die beiden Söhne des
Operetten- und Filmmusik-Komponisten Will Meisel hatten Drafi
Deutscher mit „Marmor, Stein und Eisen bricht“
populär gemacht. Sie hatten Manuela mit „Schuld war
nur der Bossa Nova“ oder Siw Malkwist mit
„Liebeskummer lohnt sich nicht“ in die Hitparaden
katapultiert. Publikumsliebling Cornelia Froboess und
Sängerin Marianne Rosenberg feierten unter ihnen
Triumphe.
Vom Rocker zum Schlagersänger
Aufgrund dieser immensen Erfolge
gründeten die Brüder Meisel 1964 in Berlin Hansa
Records als eigene unabhängige Plattenfirma, die sich auf
den deutschen Schlager konzentrierte. Und nun fragte
Star-Macher Thomas Meisel den Rock ‘n‘ Roller und
Disc-Jockey Wolfgang Pliverits also 1972: „Kannst Du Dir
vorstellen, bei uns deutsche Sachen zu singen?“ Wer
hätte einem solchen Angebot widerstehen können.
Leider hatte Meisel bei dem frechen Jungen aus Rixdorf nicht
den gewohnten Erfolg. Nach sechs Singles in drei Jahren
verabschiedete sich Norman Ascot 1975 vom Traum, selbst
Schlagerstar zu werden. Nun sollte er als
„Hauskomponist“ die Stars des Labels betreuen.
Gold und Platin
Fortan gaben sich bei Ascot Sänger wie
Roland Kaiser, Gunter Gabriel, Roger Whittaker, Frank Zander,
Mary Roos oder Peter Petrel die Klinke in die Hand. Schlager
wie „Sieben Fässer Wein“ von Roland Kaiser
oder „Ich bin CB-Funker“ mit Gunter Gabriel waren
die Folge. Ascot erhielt mit Roland Kaiser 1986 Gold und Platin
für die LP „Dich zu lieben“. 1991 gewann er
mit Roger Whittaker und der Texterin Silvia Gehrke ebenfalls
eine Goldene Schallplatte.
Boygroup-Erfinder
International berühmt wurde Ascot aber
durch die „Teens“. „Damals war es
undenkbar,eine Band mit minderjährigen Mitgliedern
professionell zu vermarkten. Ich ließ mich darauf ein,
weil ich von ihnen überzeugt war!“ Ascot verhalf
1978 der ersten deutschen Boygroup mit seinem Song „Gimme
Gimme Gimme Gimme Gimme Your Love“ zu einem Riesenerfolg.
„Die ‚Bravo’ war voll mit Berichten über
die Gruppe“, erinnert er sich. Insgesamt zehn Singles und
zwei LPs waren die Folge. Damit war ein ganz neuer Trend in der
Pop-Musik entdeckt. Von den aalglatt gestylten
Nachfolge-Gruppen wie „Tokio Hotel“ hält Ascot
aber nicht viel: „Die durchkomponierte Choreografie hat
mit Musik nicht mehr viel zu tun. Bei soviel Tanzen haben die
Jungs doch gar keine Energie mehr zum Singen. Playback ist die
Folge, doch dafür geht man nicht ins Konzert.“
Erste Videoclips
Ein weiterer Meilenstein des
Musik-Geschäfts geht ebenfalls auf den Wahl-Falkenseer
zurück. Er ließ bereits 1979 bei Hansa Records ein
Videoclip-Studio einrichten. „Damals musste man mit
tonnenschwerer Technik arbeiten. Die Scheinwerfer verbreiteten
soviel Wärme, dass man nach einer Stunde total verschwitzt
war“, erinnert er sich zurück. Dafür hatten
seine Videos eine ganz andere Funktion als
heute: „Sie waren nur für den
internen Gebrauch gedacht. Die Stars sollten erkennen, wie sie
auf dem Bildschirm wirken. Das hat unheimlich geholfen, die
Auftritte im Fernsehen zu verbessern.“ Heute hat eine
Band nur
Erfolgschancen, wenn sie
den Sendern ihren Videoclip anbieten kann.
Erste
Videoclips
Ein weiterer Meilenstein des
Musik-Geschäfts geht ebenfalls auf den Wahl-Falkenseer
zurück. Er ließ bereits 1979 bei Hansa Records ein
Videoclip-Studio einrichten. „Damals musste man
Country-Band mit deutschen Songs
Nächster Meilenstein war die
Countryband „Western Union“. Sie reüssierte
mit Ascots Song „Ich möcht‘ so gerne mal nach
Nashville“. Insgesamt zwei LPs und acht Singles
etablierten die Gruppe mit einem ganz neuen Sound –
deutschsprachiger Countrymusic. Übrigens hatte Ascot in
Dieter Bohlen einen Kollegen, der bei Hansa Records nicht
weniger erfolgreich war. Die Charaktere der beiden könnten
aber nicht
unterschiedlicher sein! Im Gegensatz zu
vielen seiner Kollegen führt Erfolgs-Produzent und
Komponist Norman Ascot ein bescheidenes Privatleben ohne
Skandal und Glamour. Er ist seit 43 Jahren mit seiner
Jugendliebe Heidemarie Renate verheiratet. Am Vorabend des
Weihnachtsfests 1962 hatte er sich bei einem Auftritt in einer
Berliner Kneipe in das hübscheMädchen verguckt.
Vorstadt-Romantik in Falkensee
Ihr hat es Falkensee zu verdanken, dass in
den Mauern der Stadt nun eine Pop-Legende zuhause ist:
„Sie sah 1996 im Tagesspiegel das Angebot einer neuen
Reihenhaus-Siedlung und meinte: ‚Das sieht ja wie eine
amerikanische Vorstadt aus‘.“ Das Paar kam, sah und
kaufte...
Unterwegs mit den Evergreen Brothers
Nun findet sich im Obergeschoss des
Eigenheims ein Tonstudio, in dem Ascot gerne mal Kollegen aus
alten Tagen oder Nachwuchsbands produziert. Der mittlerweile 67
Jahre alte und gar nicht angegraute Star ist musikalisch wieder
zu seinen Kindheits-Wurzeln zurückgekehrt.
Als „Evergreen Brothers“
führt er zusammen mit Harald Muranka in die Zeit der
1960-er Jahre zurück. Dabei greift der Schlagerstar-Macher
und Erfolgskomponist statt eigener Songs auf die Hits der
legendären „Everly
Brothers“ zurück.
Infos Tel. 0 33 22/2 28 15
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