Stand Juli 2010
Per heißem Ofen zur heißen Liebe
Sie liebt die Opernbühnen ebenso wie das Motorrad. Man kann also beim besten Willen nicht behaupten, dass gerade diese Hohen Neuendorferin eine „Frau ohne Schatten“ ist.
Doch ausgerechnet mit der
Richard Strauss-Oper „Frau ohne Schatten“ warf sie einen faszinierenden Schatten.
CD mit Plácido Domingo
Dazu stand sie im Tonstudio an der Seite von Super-Star Plácido Domingo. Ursula Targler-Sell erinnert sich noch gut, wie es zu der Aufnahme kam: „Ich bekam eine Einladung von Sir Georg
Solti. Ich sollte in seiner Suite im Hotel Sacher in Wien eine Soloprobe geben. Als ich dort etwas schüchtern anklopfte, beruhigte er mich: ‚Es geht nur um die Musik, für andere Dinge bin ich etwas zu alt‘. Da war der Bann gebrochen.“ Der gebürtige Ungar Georg Solti gilt als einer der größten Opern-Dirigenten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und wurde von vielen als legitimer „Nachfolger“ des 1989 verstorbenen Herbert von Karajan gesehen. Während Karajan die Berliner Philharmonie zu Höchstleistungen führte, war Georg Solti „Hausdirigent“ der Wiener Philharmoniker. Mit ihm entstand
eine CD von Ursula Targler-Sell, die heute, nach über 20 Jahren, bei Musikkennern immer noch gefragt ist.
Maria beim Krippenspiel
Ursula Targler war die Oper offenbar in die Wiege gelegt worden. Die gebürtige Wienerin erinnert sich: „Schon als Kind wollte ich immer singen. Ich durfte Soli im Kirchenchor geben und war beim Krippenspiel immer die ‚Maria‘. Obwohl ich einer musikalischen Familie entstamme, wollten die Eltern aber, dass ich einen ‚normalen‘ Beruf erlerne.“
Musik statt Medizin
Neben Musik galt ihre besondere Vorliebe der Mathematik und naturwissenschaftlichen Fächern. Mit einem tollen Abiturzeugnis ausgestattet, standen dem hübschen Mädchen alle Tore offen: „Also begann ich eben Medizin zu studieren“, erinnert sie sich.
„Per Zufall traf ich eine frühere Musiklehrerin, die völlig entsetzt über meinen neuen Berufsweg war. Sie wollte
unbedingt, dass ich mich an der renommierten ‚Wiener Musikhochschule‘ bewerben sollte und arrangierte einen Termin zum Vorsingen.“
Die gerade 19-Jährige kam, sang und siegte. „Ich wurde sofort aufgenommen.“ Die Eltern hörten von ihrer Tochter also eine nette Überraschung, als sie aus dem Urlaub kamen: „Ich studiere jetzt auch ein wenig an der Musikhochschule.“
Gefragt in Kirchen und bei Galas
Nach zwei Jahren Doppelstudium hängte das stimmfreudige Wunderkind die ärztliche Kunst an den Nagel. Sie finanzierte ihr Musik-Studium mit Auftritten „in allen bekannten Wiener Kirchen“, erinnert sie sich zurück. Gerade die weltberühmte „Hofkirche“ hatte es ihr angetan: „Ich sang auf Hochzeiten, bei Festen und Operetten-Galas.“
Offenbar sehr überzeugend, denn zusätzlich erhielt sie ein Begabtenstipendium der
Musikhochschule Wien und 1986 das Bayreuth-Stipendium des Richard Wagner-Verbandes Wien.
Auf Anhieb 1. Sopranistin
Sie überzeugte im italienischen Bologna und wurde schließlich 1990 Hals über Kopf als 1. Sopranistin am Stadttheater von Koblenz engagiert.
„Nach einem Jahr war ich dort so etwas wie ein Star. Ich durfte bei der Auswahl des Repertoires mitreden, die Leute sprachen mich auf der Straße an und diskutierten mit mir über die Inszenierungen“, erinnert sie sich zurück.
Hohe Auszeichnungen
Der Publikumspreis der Volksbühne Koblenz unterstrich ihre Beliebtheit. Sie wurde 1994 Finalistin des Belvedere-Gesangswettbewerbs in Wien und bekam 2001 den Orpheus-Preis bei den Opern-Festspielen in Bad Hersfeld. Den nahm sie bereits als Hohen Neuendorferin entgegen, denn seit 1999 wohnt Ursula Targler-Sell hier vor den Toren Berlins.
Das verdankt sie der Liebe, die genauso romantisch und bizarr über sie hereinbrach, wie das in Opern und Operetten oft passiert. „Eine Kollegin bat mich darum, dass ich mich in der Pause mal um einen hohen Beamten der Bundesregierung kümmern sollte, der darum bat, etwas mehr übers Innenleben eines Stadttheaters zu erfahren“, erinnert sie sich zurück. Ausgerechnet bei Carmen funkte es!
„Micaela” frisch verliebt
Die brave Micaela alias Ursula Targler traf in der Pause nicht auf den erwarteten steifen älteren Herrn sondern auf einen durchaus attraktiven „Don José“. Der ließ sich nicht von den Verzückungen der „Carmen“ beiirren, sondern hatte nur für die „brave Micaela“ ein Auge. Ein Bindeglied war die gemeinsame Begeisterung für „heiße Öfen“.
„Wir trafen uns dann öfters. Als er mir schon bald den Schlüssel für sein Motorrad anbot, wusste ich, das wird was Ernstes. Denn zwei Sachen teilen Männer nicht gerne: Ihre Frauen und den fahrbaren Untersatz.“
So war die Star-Sopranistin schnell in „festen Händen“ und Töchterchen Michaela auf der Welt.
Mit Töchterchen auf
den Opern-Bühnen
Aus Konstanz wurde nun Hohen Neuendorf, denn das Bundesfinanzministerium wollte den Banken-Fachmann in Berlin haben. Aus dem geregelten Leben als Star im festen Ensemble eines Stadttheaters wurden nun wechselnde Auftritte auf unterschiedlichen Bühnen in Deutschland und den Nachbarstaaten. „Ich nahm die Kleine immer mit. Sie ist sozusagen mit Opern-Arien live aufgewachsen“, so Ursula Targler-Sell. Nun kam ihr zugute, dass sie 40 Titelrollen „intus“ hat, dass ihre Interessen vom anspruchsvollen klassischen Musical bis zu Zwölfton-Opern, von Operetten bis zu Barock-Kompositionen reichen.
Absage an Skandal-Inszenierungen
Nur eines mag sie nicht: „Klassische Opern und Operetten haben ja immer Geschichten zu erzählen, die oftmals sehr spannend sind. Man muss sie verständlich machen, aber sie sollen so
leben wie sie sind. Ich halte wenig davon, wenn Regisseure aus Effekthascherei uminterpretieren, wenn auf der Bühnen Tiere getötet werden und Blut fließt.“
Ursula Targler-Sell liebt die Oper und will, dass dieses „Kulturgut“ weiter lebt. Sie hat deshalb in Hohen Neuendorf versucht, dafür Schulkinder zu begeistern und träumt davon, dass sich Radiosender wie früher einem breiteren Musikverständnis öffnen: „Warum kann neben Popmusik-Hits nicht mal eine Stunde mit Oper und Operette bestritten werden?“
Schließlich herrscht bei ihr ebenfalls die Vielfalt vor: Die gefeierte Sopranistin, die an der Berliner Hochschule für Musik Hanns Eisler lehrt, steht in der Freizeit ebenso auf die Hard-Rocker von Queen wie auf den italienischen Jazzer  und Chansonier Paolo Conte.
Infos:
http://home.arcor.de/
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Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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