Jörg Saeger hat sein Grundstück mitten im
Häusermeer und weitab vom Wasser.
Dennoch hat er sich vorgenommen, seine
beiden Protegés Susann Brechlin und
Jakob Lenz reif für die Olympia-Teilnahme
in Rio zu machen. Den erfahrenen
langjährigen Leistungssportler reizt, damit
Sportgeschichte schreiben zu können.
Denn das Duo wird mit einer neuen
Bootsklasse antreten, die in Rio erstmals
für Olympia zugelassen ist. „Es handelt
sich um den Katamaran Nacra 17, der mit
einer Frau und einem Mann besetzt ist“,
schwärmt der Hohen Neuendorfer. Für das
Training seines Olympia-Duos hat er selbst
den aktiven Segelsport aufgegeben. Zudem
ist er nun Trainer für die neue Segel-
Bundesliga.
Mit acht auf dem Wasser
Er gehörte lange zu den Leistungsträgern
des ostdeutschen Segelsports. Jörg Saeger
stammt aus Plaue. „Leider war meine
Heimat nicht das berühmte Plau am See in
Mecklenburg, sondern ein ähnlich
lautendes Dorf bei Brandenburg an der
Havel“, schmunzelt er. Dennoch kam er
bereits als Junge zum Segeln. „Ich begann
damit als Achtjähriger und bin nie mehr
davon losgekommen“, blickt er zurück.
„Die ganze Familie war segelbegeistert.“
Schlechte Boote
Die Talentscouts des DDR-Sports
entdeckten ihn schon sehr bald. Saeger
kam auf die Sportschule an der
Regattastrecke in Berlin-Grünau und
gehörte ab 1975 für zehn Jahre zu den
großen Hoffnungen. „Beim Segelsport geht
es um mehr als ums Können. Dabei spielt
das Material eine immens wichtige Rolle.
Unsere 420er Boote wurden von einer
Firma gebaut, die auf Bootssitze
spezialisiert war und dazu verpflichtet
wurde, für uns Segelboote herzustellen.
Entsprechend waren die dann. Deshalb
hatten wir im internationalen Wettbewerb
kaum Chancen“, ärgert er sich immer noch
über die schlechten Bedingungen in der
DDR. Als Beleg nennt er die
Europameisterschaft 1979 in Polen: „Dort
wurden uns vom Gastgeber die Boote
gestellt, alle Mannschaften hatten die
gleiche Ausführung. Und prompt wurden
wir Vize-Europameister! Etwas besser
waren dann die 470er.“
Kein Bedarf
Nach mehreren Verletzungen und
Wirbelsäulenoperationen musste Saeger
vom Leistungssport Abschied nehmen.
Trotz seiner Verdienste wurde ihm
verwehrt, eine Segelschule zu eröffnen.
„Dafür besteht kein Bedarf“, erhielt er eine
Abfuhr, die ihn noch heute ärgert. Dass er
das Segeln nicht verlernte, bewies Jörg
Saeger in diversen Bootsklassen nach der
Wende. So gewann er 1995, 1999, 2003
und 2009 die Europameisterschaft in der
Piratenklasse.
Segler-Liebe
Privat brachte ihm die Leidenschaft für
Wind und Wellen ebenfalls Glück. Er ist
mit der aus Westdeutschland stammenden
Seglerin Sabrina Häusser zusammen. Das
Paar hat mit Laura Häusser, 17, die
ebenfalls segelt und Bastian Häusser, 22,
der in Cottbus Architektur studiert, zwei
Kinder. Trotz gemeinsamer
Segelleidenschaft wohnt die Familie seit
1998 in Hohen Neuendorf.
Sonnengebräunt
Dort ist Jörg Saeger allerdings immer
seltener anzutreffen: Um seine Protegés
olympiareif zu machen, ist er mit den
neuen Hoffnungsträgern einer Bootsklasse,
wo beide Geschlechter zusammen um den
Sieg kämpfen, überall dort, wo es gerade
warm ist. So treffen wir Jörg Saeger braun
gebrannt im verregneten Frühling an, denn
zu den Übungsrevieren gehören reizvolle
Regionen wie Gran Canaria, Mallorca und
Südfrankreich. „Um fit zu bleiben, muss
man im Winter ebenfalls segeln, gegen
rauen Wind und eiskalte Gischt!“ Dabei
bläst Nacra-Pionieren unterschiedlicher
Wind entgegen: „Da es eine neue
Bootsklasse ist, gibt es noch keine
Wettbewerbs-Erfolge. Ohne diese bleibt
die Förderung vom Deutschen
Segelverband aus, so dass ich das Team
gegen viele Widerstände aufbauen muss“,
so Jörg Saeger. Dass er sich von
Gegenwind nicht bremsen lässt, hat er in
der eigenen Karriere ausreichend bewiesen:
„Segeln verbindet Leichtathletik mit
Schach. Taktik, Technik und Können sind
dabei gleichermaßen entscheidend. Zudem
wird der Freiheitsgedanke
gestärkt. Kein Wunder, dass wir in der
DDR nur mäßig
gefördert wurden!“
Infos:
Tel. 0 33 03/40 79 10
Als Pärchen gegen Wind und Wellen |
Stand August 2014