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Zur Schule gehört die Tafel ebenso wie
das Pausenbrot. Das war über
Jahrhunderte so und soll sich nun
ändern?  

Während man überall in Deutschland auf
Ersatz für die altehrwürdige Tafel sinnt,
gibt es einen Ort, da kommt diese sogar
wieder total in Mode. Die Rede ist von der
Waldgrundschule in Hohen Neuendorf, die
mit ihren gut 560 Kindern zu den größten
Grundschulen von ganz Brandenburg zählt.
Allerdings, selbst dort findet man keine
Kinder, wo wie zur guten alten Zeit der
orange Schwamm ganz putzig aus dem
Schulranzen baumelt. Denn die Tafeln, die
nun gefragt sind, kommen gänzlich ohne
Kreide und kratzenden Schieferstift aus.  

Neu denken!

„Wir setzen ganz neu elektronische
Täfelchen, also Tablet-Computer ein, die
den Kindern eine Riesenfreude machen“,
schwärmt Schulleiter Holger Mittelstädt,
der sich selbst in seinem Büro „Unterricht
neu denken“ sichtbar auf die Tafel
geschrieben hat. Die Idee zum Einsatz von
iPads kam allerdings vom jungen Lehrer
Andreas Röblitz. „Meine Generation ist ja
mit diesen Geräten aufgewachsen. Unsere
Umfragen ergaben, dass bei den Schülern
in über 75 Prozent der Haushalte
Smartphones und Tablets in der täglichen
Verwendung sind. Also liegt es nahe, dass
wir im Unterricht an diesen gewohnten
Umgang von elektronischen Medien
anknüpfen“, erläutert Andreas Röblitz.

iPad für jeden!

Der Besuch in seiner Klasse zeigt, dass
dies großen Spaß macht. Jedes Kind hat ein
iPad der neuesten Generation auf seinem
Pult. Mit unglaublichem Feuereifer machen
sich die Kleinen daran, per Stift mit
weicher Gummispitze knifflige Fragen zu
lösen. Dabei scheint ein heilloses
Durcheinander zu herrschen: Die einen
beschäftigen sich mit Rechnen, andere mit
Deutsch, und zudem haben sie ganz
unterschiedliche Aufgaben zu lösen! Der
Grund dafür liegt an den diversen
Schulreformen. Nun sitzen in einer Klasse
alle Kinder zusammen, Lernschwache
ebenso wie überdurchschnittlich Begabte.  

Unterschiedliche Aufgaben

„Die Arbeit mit dem iPad erlaubt einen
differenzierten Unterricht. Jeder kann seine
Lern-App so schnell abarbeiten, wie er es
schafft. Die einen benötigen mehr Zeit,
andere sind schneller“, zeigt Röblitz auf,
dass sein Modellprojekt eine adäquate
Antwort auf die Weichenstellung der
Politiker ist. „Die Apps, die wir einsetzen,
stammen von Schulbuchverlagen, freien
Softwareentwicklern und internationalen
Universitäten. Der Vorteil ist, dass das iPad
sofort Rückmeldung an die Kinder gibt, ob
sie die Aufgaben richtig gelöst haben.
Andererseits werden die Ergebnisse in eine
Cloud übertragen, wo ich mir dann in
Ruhe zuhause ansehen kann, wo Probleme
vorhanden sind. Das bedeutet, dass ich
während des Unterrichts voll für die Kinder
da bin“, gibt der 33-Jährige einen Einblick
in die Schule von morgen.

Schulschlaf adé

Durch den Einsatz des elektronischen
Täfelchens ist jeder einzelne Schüler
während des ganzen Unterrichts gefordert.
Das ist völlig anders, als wenn der Lehrer
vorne etwas erzählt, nur wenige aufrufen
kann und vom Rest die Hälfte schläft.
Doch trotz der intensiveren Anforderung
gibt es kein Kind, das sich beschwert.
Denn die Lernprogramme verhalten sich
wie die Spiele, die die Kleinen ohnehin
ausüben. Sie vergeben für gute Ergebnisse
sofort Sterne oder ermöglichen in höhere
Stufen, die nun „Level“ heißen,
aufzusteigen. „Natürlich ersetzt das iPad
weder normales Schreiben noch
Kopfrechnen, aber es verstärkt den Spaß an
der Schule, ermöglicht differenzierte
Lernerfolge und hilft auf spielerische
Weise, Wissen zu verfestigen und
weiterzuentwickeln“, fasst Röblitz
zusammen.

Computer im Sport?

Da in der Grundschule Lehrer so ziemlich
alles unterrichten, gehört zu seinen Fächern
sogar Sport. Und Röblitz wäre nicht
Röblitz, wenn er bei Handball, Fußball
oder Turnen auf Elektronik verzichten
würde. „Die Geräte haben alle eine Video-
Funktion. Wir nutzen diese und können
dann gut erkennen, wo Techniken im
Bewegungsablauf zu verbessern sind.“
Was in der Praxis innerhalb kurzer Zeit
sehr erfolgreich wurde, musste lange
erkämpft werden. „Ursprünglich habe ich
mein eigenes iPad von zu Hause
mitgebracht, ich habe einen Beamer
organisiert, einen Medienschrank
konstruiert und wir haben erstmal alles auf
eine Leinwand projiziert. Mit der Zeit
konnten wir die Politik überzeugen, so dass
wir nun einen Klassensatz iPads bekamen,
denn nicht jede Familie kann sich so ein
relativ teures Gerät leisten.
Erfreulicherweise achten die Kinder sehr
auf die Geräte, wir hatten noch keinerlei
Beschädigungen“, berichtet Andreas
Röblitz weiter.

Kinderleicht?

Nach so vielen Schulreformen sind Lehrer
heutzutage gewöhnt, sich dauernd um-
stellen zu müssen. „Viele unter unseren 35
Lehrern sind nicht mit Computern
aufgewachsen. Dennoch waren so ziemlich
alle bereit, sich in das Experiment zu
stürzen“, freut sich Schulleiter Holger
Mittelstädt. „Die älteren Kollegen haben
schnell den Charme der kinderleichten
Bedienung erkannt, die ein üblicher
Desktop-PC keinesfalls bietet“, so der
Schulleiter. Er ist gewohnt, scheinbar
widersprüchliches zusammenzubringen. So
ist Holger Mittelstädt, der nur zufällig den
gleichen Nachnamen wie die langjährige
Nachwendebürgermeisterin von Hohen
Neuendorf hat, selbst Musiklehrer.
Dennoch machte er sich dafür stark, dass
die Waldgrundschule eine sportliche
Prägung erhielt.  

Vielfach ausgezeichnet

Das hat sich ausgezahlt, denn sie wurde mit
den Auszeichnungen in den Jahren 2009
und 2013 gleich zweimal „Sportlichste
Schule des Landes Brandenburg“. Gerade
soeben erhielt sie zusätzlich einen Preis der
„Unfallkasse Brandenburg“. Nun ist sie mit
dem modellhaften iPad-Projekt dabei,
bundesweit Schule zu machen: „Wir
entwickeln hier ein Stück Unterricht der
Zukunft. Die Kinder lernen mehr und mit
weitaus größerer Freude. Ein weiterer
Nebeneffekt besonders in den höheren
Klassen ist, dass man sich das häufige
Kopieren von Arbeitsblättern immer mehr
ersparen kann und damit einen Beitrag für
die Umwelt leistet“, sind sich Schulleiter
Holger Mittelstädt und iPad-Pionier
Andreas Röblitz einig. Das freut
Bürgermeister Klaus-Dieter Hartung gleich
doppelt. Einerseits liegt ihm Umweltschutz
generell am Herzen und zudem hat er nun
nach der vielfach ausgezeichneten
Niedrigenergieschule in der Niederheide
mit der Waldgrundschule ein weiteres
Modellprojekt, das bundesweit auf Hohen
Neuendorf aufmerksam macht!

Infos:
Tel. 0 33 03/21 14 12
www.waldgrundschule.de
E-Mail:
lehrer.roeblitz@gmail.com

Tafel mal ganz anders!

Stand August 2014

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Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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