Wohin geht’s mit Kleinmachnow?

Kleinmachnow ist nach dem Fall der Mauer aus seinem Dornrößchenschlaf erwacht. Vielen ist das Leben zu hektisch und unruhig geworden.
Unser Reporter Andreas Schönstedt wollte von den Fraktions-Chefs der Gemeindevertreterversammlung wissen, in welche Richtung sich der Ort in Zukunft weiterentwickeln soll.

Kampf dem Kleinkrieg
Dr. Petra Loelke (Lokalunion), Ärztin, 44, verheiratet, zwei Kinder„Wir verstehen uns als Gegenpol zu der „Einmauerungstendenz“ die sich immer mehr breit macht. Gerade einige Neuzuzügler wollen um Himmels Willen keine weiteren Neubürger – es könnte ja ihre Ruhe gefährden! Wir sind für eine behutsame Entwicklung. Wir wollen den Gemeinsinn befördern und finden es schrecklich, dass teilweise der Kleinkrieg über den Gartenzaun tobt.

Diese Energie sollte besser für ein Miteinander eingesetzt werden. In ruhigen sachlichen Gesprächen müssen jeweils die Kompromisse gefunden werden. Statt dessen werden mit plakativen Ausbrüchen sogar ganz bewußt Investoren verschreckt. Wir sind ebenfalls gegen eine großräumige Bebauung des Seebergs, doch sollte man der Telekom dort mehr entgegenkommen. Das hilft einen der schönsten Orte Brandenburgs sinnvoll zu entwickeln.“

Keine weitere Verdichtung
Bernd Bültermann (SPD), Rektor, 52, verheiratet, 2 Kinder„Unsere Gemeinde hat sich stürmisch, teilweise sogar hektisch nach der Wende entwickelt. Anfang der 90er Jahre lastete ein enormer Druck von seiten der Investoren und auch der Bürger auf der Verwaltung. Das muss man bei aller Kritik in Rechnung stellen. Denn ohne kühlen Kopf hätte sehr viel schief gehen können. Und die Gemeinde hat, was heutzutage selten genug ist, einen ausgeglichenen Haushalt. Das muss erst einmal erarbeitet werden. Durch das starke Wachstum haben wir jetzt aber Probleme mit der Versorgung. Wir setzen da auf ein Zentrenkonzept. Da passt genau das neue Ortszentrum hinein. Wir wollen dort kleinteiliges Gewerbe und Einzelhandelsfilialisten mit unterschiedlichem Preisniveau ansiedeln und zusätzlich Markttreiben organisieren. Wir sehen die Förster Funke Allee vor allem als Ort der Begegnung und wollen die Menschen an ihre Gemeinde binden. Als Rektor einer Schule weiß ich genau, wovon ich rede, wenn ich einen Schulneubau ablehne – denn die heutige Entwicklung wird sich wieder abschwächen und eine Schule für einen anderen Zweck später umzuwidmen ist fast unmöglich. Beim Thema Verkehr sind wir für flächendeckende Tempo 30 Zonen, selbstverständlich mit Ausnahme der Hauptverkehrsadern. Zusätzlich wollen wir den Ausbau der Radwege vorantreiben. Kleinmachnow hat übrigens sehr viele Bürgerinitiativen, die konstruktiv an die Lösung von Problemen herangehen. Wir empfinden das als sehr erstrebenswert, ist es doch Ausdruck von gelebter Demokratie.“

Architektenwettbewerb für Ortszentrum!
Dr. Herbert Franke, 64, Diplom-Ingenieur, verheiratet, 1 Kind (Bürgerfraktion aus B90/Die Grünen, BIK Bürger für gute Lebensqualität in Kleinmachnow e.V., F.D.P)Die Entwicklung von Kleinmachnow war nach der Wende äußerst rasant, gerade in Bezug auf den Wohnungsbau. Der Ort mit seinem Wald- und Gartencharakter zog viele Menschen an, hier zu wohnen. Leider war die Bautätigkeit stark geprägt von Investoren und Bauträgern, was einherging mit der Errichtung von Wohnanlagen, Stadtvillen und auch von Grundstücksteilungen, um möglichst viel Wohnraum zu schaffen.

Schützenswerte kulturelle und ökologische Werte mußten den wirtschaftlichen Interessen weichen; sehr zum Ärgernis der Alteingesessenen und auch der Neubürger selbst. Denn auch sie hatten sich das Wohnen hier anders vorgestellt! Unser Ziel als Fraktion ist es, die Lebensqualität in unserem Ort zu erhalten. Wir wenden uns gegen eine unangemessene Verdichtung in den von der Natur geprägten Wohngebieten und unterstützen eine maßvolle Bebauung und entsprechende Kennziffern in den Bebauungsplänen. Ein weiteres Ziel unserer Tätigkeit ist die Lösung der verkehrstechnischen Probleme im Ort. Dazu gehört untern anderem die Einführung einer flächendeckenden Tempo-30-Regelung, Nachtfahrverbot für Schwerlasttransporte sowie Durchsetzung einer Parkordnung, die den Sicherheitsanforderungen der Verkehrsteilnehmer entspricht. Den Bau des neuen Ortszentrums sehen wir mit Skepsis und haben deshalb gegen den Bebauungsplan gestimmt. Die Gemeinde sollte einen Architektenwettbewerb ausschreiben, um die wirklich beste architektonische Umsetzung zu erreichen. Zum Telekom-Gelände haben wir einen festen Standpunkt hinsichtlich der Nutzung als Bildungs- und Forschungsstandort. Dass die Telekom dort Wohnbebauung beabsichtigt, halten wir für völlig abwegig, weil zum einen kein Bedarf für Kleinmachnower Bürger zum Erwerb von Wohnungen beziehungsweise Eigenheimen zu den Konditionen auf diesem Gelände vorhanden ist und zum anderen für den künftigen Schulbetrieb Sportstätten benötigt werden.

Bau-Entwicklung bremsen
Harry Hartig (PDS/Kleinmachnower Bürger gegen Vertreibung), Rentner, 73, verheiratet„In unserem liebens- und lebenswerten Kleinmachnow treten wir für die wesentliche Verbesserung der Einkaufsmöglichkeiten ein. Gerade ältere Menschen und Leute ohne Auto haben hier kaum die Möglichkeit dazu. Die kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten sind bei uns im Ort noch zu gering. Ich hoffe, dass sich beide Probleme, zumindest teilweise, mit dem neuen Ortszentrum lösen lassen. Als weiteres Problem haben wir den Verkehr. Der ist aus dem Ruder gelaufen. Deshalb wollen wir auf keinen Fall mehr als 20000 Einwohner.

Schneeräumen ist Pflicht
Bernd Krüger (CDU), Unternehmer, 51, verheiratet, ein Kind„Als alter Kleinmachnower bedauere ich die Fehler, die in der Vergangenheit, teils aus Unwissenheit, bei der Beplanung der Gemeinde gemacht wurden. Es ist schon soviel zugebaut worden und der Verkehr ist ins Gigantische gestiegen, dass wir eine weitere Verdichtung der Siedlung strikt ablehnen. Auch von dem neuen Ortszentrum bin ich nicht begeistert. Wenn es eine echte kulturelle Mitte würde, wäre das was anderes. Aber ich denke, hier wird ein Ortszentrum mit einem Versorgungszentrum verwechselt. Und wenn abends die Bürgersteige hochgeklappt werden und die Jugendlichen mit ihren Skateboards die einzige Geräuschkulisse bilden, dann bin ich schon traurig. Vieles im Argen liegt bei der Arbeit des Ordnungsamtes. Es muß doch wohl machbar sein, daß die Bürgersteige benutzbar bleiben und die Grundstücksbesitzer verpflichtet werden, dafür entsprechend zu sorgen, dass Schnee geräumt und über den Gehweg hängende Äste und Zweige beschnitten werden.“

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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