Nettes Mädchen von nebenan strebt Box-WM-Titel an

Anika haut alle um!

Nett, freundlich, so kennt man sie. Sie ist im Wohnviertel als das nette Mädchen von nebenan bekannt. Doch die 21-Jährige aus Königs Wusterhausen kann auch ganz anders. Wenn sie ihre Fäuste spielen lässt, haut das so ziemlich jeden um!
Anika Kurzer hat bereits viermal mit durchschlagendem Erfolg gezeigt, dass sie zu Deutschlands stärksten Mädchen gehört. Sie kann auf einen Titel als Deutsche Meisterin im Frauenboxen und drei Pokale als Vize-Meisterin verweisen. Nun trainiert sie dafür, 2008 erst erneut den nationale Titel zu holen. Anschließend will sie eine Weltkarriere starten. „Mein Ziel ist der Weltmeistertitel“, so die gelernte Bürokauffrau.

Au Backe!
Im Weg steht ihn dabei noch die Dauer-Konkurrentin Fener Ay. Ihr „verdankt“ sie die einzige KO-Niederlage ihrer Karriere: „Ich musste vor dem Kampf um den Deutschen Meisterschaftstitel 2007 eine Zahnoperation über mich ergehen lassen. Zwei linke Backenzähne waren gezogen worden. Genau auf diese Stelle knallte Fener Ay mit ihren Fäusten“, erinnert sich Anika Kurzer an ihr kurzes aber entscheidendes Aus, aufgrund dessen sie 2007 „nur“ zweitstärkstes Box-Mädchen in Deutschland wurde.

Aus dem Stand Deutsche Meisterin
Wer das schlanke Mädchen zum ersten Mal trifft, würde ihr diese Power kaum zutrauen. Tatsächlich scheint Anika Kurzer aber ein untergründiges Faible fürs Gefährliche zu haben. Das zeigte ihre Vorliebe für Karate als kleines Mädchen, das von Kickboxen gefolgt wurde. Das wurde ihr bald zu langweilig, so dass sie schließlich richtig in den Ring stieg und es dort aus dem Stand 2004 zur Deutschen Meisterin in der Klasse „50 Kilogramm“ schaffte.

Faible fürs Gefährliche
Vorher schon hatte sie ihre Eltern Kerstin und Thomas Kurzer mit einer weiteren ungewöhnlichen Idee aus der Fassung gebracht: „Sie wollte als Zwölfjährige unbedingt eine Vogelspinne als Haustier“, erinnert sich der damalige Kommissionierer bei einem Lebensmittelmarkt zurück. „Wir schenkten ihr, um den Wunsch etwas zu kanalisieren, erst mal ein Buch über Spinnen. Wie das so ist, gelesen hat sie es nicht, so dass wir als Eltern uns mit der Sache beschäftigten!“
Die Folge: Papa Thomas Kurzer fing zusammen mit Tochter Anika an, Liebe für die ungewöhnlichen Riesen-Spinnen zu entwickeln. Daraus wurde für ihn ein Beruf.

Mit 1300 Spinnen im Plattenbau
Der frühere Lagerarbeiter machte sich selbstständig und gilt heute als ausgewiesener Vogelspinnen-Fachmann. Er züchtet „allerdings nur Arten, die für den Menschen keine Gefahr bedeuten“, und macht mit handgemachter Keramik fürs Terrarium Königs Wusterhausen zu einem Geheimtipp für Menschen, die sein Interesse teilen.
Das tun auch die Bewohner des Neubaublocks in der Schenkendorfer Flur, müssen sie sich das Haus doch mit 1300 Spinnen teilen, die die Familie Kurzer in der Wohnung mit unterbringt.

Nervenkitzel für die ganze Familie
Doch der Nervenkitzel mit den Spinnen lässt sich nicht mit der Spannung im Ring vergleichen. Dort gilt es drei Runden, die jeweils zwei Minuten dauern, möglichst unbeschadet zu bestehen. „Bei den Männern sind es drei Minuten, ansonsten sind die Regeln gleich“, so Anika Kurzer.
In den vier Jahren ihrer jungen Box-Karriere hat die frühere Schülerin der ehemaligen Dr. Hans Bredow Gesamtschule, die nun Oberschule heißt, es geschafft, außer einer Handverletzung „keine erheblichen Blessuren“ davonzutragen. „Dennoch bin ich immer ganz aufgeregt, wenn ich in den Ring steige“, bekennt sie. Bei wichtigen Kämpfen fiebern die Eltern und Schwester Jacqueline Kurzer mit, denn sie sind mittlerweile echte Box-Fans geworden, die die sportliche Karriere des aufsteigenden Stars mit viel Stolz unterstützen.

Sanft wie ein Lamm
Vater Thomas Kurzer ist sich sicher, dass Anika den Karrieresprung schafft und ihre Heimatstadt Königs Wusterhausen durch ihren Erfolg bekanntmachen wird: „Boxen findet im Kopf statt. Technik spielt da eine große Rolle. Das beherrscht Anika super. Sie muss allerdings noch etwas mehr Kraft zulegen und vor allem aggressiver kämpfen!“
Denn ob man es glaubt oder nicht, Deutschlands derzeit zweitstärkste Frau ist von ihrem Gemüt sanft wie ein Lamm. „Im Ring bin ich zu defensiv“, räumt sie selbst als „Schwäche“ ein. Das will sie nun im Training beim SV Blau-Gelb Berlin verbessern. Dort übt sie vorwiegend mit männlichen „Kollegen“, denn die einzigen zwei Mädchen, die außer ihr noch für den harten Kampf trainieren, sind ihr keineswegs „gewachsen“.

Partnerprobleme?
Trotz ihres freundlichen und gar nicht aggressiven Gemüts gibt es privat so das eine oder andere Problem. So hapert es mit „Beziehungen“, obwohl Anika glaubhaft versichert, bei Partnerschaftskonflikten nicht die Fäuste ins Spiel zu bringen. Schwester Jacqueline hat sich übrigens anders entwickelt, obwohl sie ursprünglich ebenfalls Karate als Hobby hatte und beruflich in ähnliche Fußstapfen wie die ältere Schwester tritt. Allerdings benützt sie die Hände weniger, um andere Menschen damit zu malträtieren sondern lieber, um sie malerisch zu porträtieren. Dabei können sie durchaus weniger anhaben als die Schwester im Ring.

Infos: Tel. 01 76/21 12 72 95

Anika Kurzer steht auf dem Sprung zu einer Weltkarriere. Die 21-Jährige teilt mit ihrem Vater die Liebe zu Vogelspinnen.

Anika Kurzer (l.) haut alle um, außer Dauer-Konkurrentin Fener Ay (m.).

Privat, hier mit Vater Thomas Kurzer, ist Boxstar Anika sanft wie ihr Kätzchen.



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