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Es gibt wohl kaum jemanden in KW, der die wichtigsten geschichtlichen Ereignisse in seiner Stadt nicht kennt. Soldatenkönig, Tabakskollegium, Treideln auf dem Nottekanal beim Bummel durch die Stadt begegnet man sehr unterschiedlichen Königs Wusterhausenern und lebendiger Geschichte. Stadtführer Siegfried Schust, 67, will uns heute mal Einblicke zeigen, die nicht jeder kennt. Los gehts am Bahnhof, der sich schön saniert zeigt. Die Bahnhofstraße ist mittlerweile Bummelmeile und zeigt sich mit schmuck restaurierten Gründerzeit-Villen und vielfältigen Geschäften. Zur Rechten fällt die sogenannte Menkensche Villa auf. Die Familie Menken war mit Reichskanzler von Bismarck verwandt und besaß zeitweise das Gut Königs Wusterhausen, berichtet mein Stadtführer. Heute residiert darin eine Bank.Bis zum Marktplatz gerät man ins Staunen über detailgetreu gestaltete Giebelfriese, kunstvolle metallene Einzäunungen an Wohn- und Geschäftshäusern und viele liebevoll rekonstruierte Details.Links biegt die Karl Marx Straße ab. Das war die alte Poststraße. Sie war Teil der Route von KW über Storkow bis nach Cottbus, klärt Siegfried Schust mich auf. Das Kaufhaus gleich rechts am Markt fungierte früher als Bauern-Kaufhaus. Denn dort traf sich die Landbevölkerung zum Shopping. Hinter dem Marktplatz wird die Bahnhofstraße schmaler. Linker Hand fällt eine Gründerzeit-Villa mit vergitterten Fenstern auf. Die Gitter mussten sein, als sich hier Anfang des 20. Jahrhunderts für ganz kurze Zeit das Amtsgericht befand, so Siegfried Schust. Während die Füße auf dem historisch nachempfundenen Kopfsteinpflaster die Geschichte zu spüren kriegen, rückt den Augen der Nottekanal samt Nottekanal-Schleuse näher. Dort kann man verweilen, den Blick schweifen lassen über die beiden denkmalgeschützten Platanen an der Brücke über den Nottekanal, über das Schleusenwärter-Häuschen und die alte Mühle, neben deren verrußtem Schornstein ein Giebel des vor einem Jahr wiedereröffneten Schlosses hervorlugt. Doch bevor uns der Bummel durch Königs Wusterhausen ins Jagdschloss des Soldatenkönigs führt, weist Siegfried Schust auf das links der Schloßstraße gelegene beliebte Wohngebiet Scheederstraße hin. Die Witwe des Kaufmannes Scheeder hatte Mitte des 19. Jahrhunderts der Stadt eine große Summe für gemeinnützige Dinge zur Verfügung gestellt, die diese zum Bau von Wohnhäusern nutzte. Nun also das Schloss, dem KW seinen Ruhm und seinen Aufschwung zu verdanken hat. Im Schlosspark hält man es eine ganze Weile aus. Bänke laden zum Verweilen ein. Großzügige saftige Grünflächen unter uralten Linden, Kastanien und Buchen, das verträumte Nottefließ, und immer wieder das restaurierte Schloss. Anschauen ist selbstverständlich Pflicht, allerdings nur im Rahmen einer Führung möglich. Vom Schlosspark aus führt ein Spazierweg direkt auf die vielbefahrene Puschkinstraße. Sein Schritt wird schneller, denn der Verkehrslärm zerreisst seine Sätze über Schönheiten und Historie von Königs Wusterhausen. Schnell rücken die Bahngleise ins Blickfeld, die hinter dem alten Wasserturm verlaufen. Von majestätisch keine Spur. Eher ein Schandfleck der Stadt, urteilt der mit-Leib-und-Seele-Königs Wusterhausener Siegfried Schust. Und schiebt hinterher: Wenn ich was zu sagen hätte, würde ich den ganz schnell sanieren. Aber das ist Sache der Bahn. Denen gehört der Turm. Und während man noch darüber sinniert, wie er restauriert aussehen könnte, schiebt sich das Bahnhofsgebäude ins Blickfeld.
Carmen Krickau
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