Traumkarriere in Märkisch Buchholz

Vom Stallknecht zum Millionär!

Vom Tellerwäscher zum Millionär, für Karrieren dieser Art ist Amerika bekannt. Doch nicht immer muss man soweit gehen.
So reicht ein Ausflug ins östliche Schenkenländchen, um nacherleben zu können, wie ein Stallknecht es binnen weniger Jahre mit Sex-Apeal, Pfiffigkeit und Fleiß zum reichsten Mann der Stadt brachte. Die Rede ist von Wilhelm Düring. Er kam mit 22 Jahren vor über 130 Jahren nach Märkisch Buchholz und fand eine Anstellung als Knecht bei der örtlichen Bäckerswitwe. Offenbar war Düring ein sehr charmanter Mitarbeiter, jedenfalls schaffte er ziemlich schnell den Sprung vom kalten Stall ins warme Bett seiner „Chefin“. An eine Fortführung der Bäckerei war leider nicht zu denken, da fehlten die Fachkenntnisse und der Meisterbrief. Also verlegte sich Düring darauf, die dazugehörige Landwirtschaft auf Vordermann zu bringen. „Märkisch Buchholz ist eine Ackerbürgerstadt. Das bedeutet, dass so ziemlich jeder zum eigentlichen Handwerk noch Landwirtschaft als Nebenerwerb betrieb“, weiß Ur-Enkel Reinhard Düring. „Viel Geld war damit allerdings nicht zu verdienen, für die Bewohner ging es meistens nur um die Selbstversorgung!“
Während die Nachbarn brav Hühner und Gänse, Schweine und Kartoffeln hegten und pflegten, hatte der frischgebackene Ehemann eine ganz andere Idee: Er kaufte billig brachliegendes Heideland auf und bepflanzte die wenig fruchtbaren Flächen mit Kiefern. Schließlich hatte er die stolze Fläche von 70 Hektar zusammen. Die Geduldsarbeit lohnte sich, denn man schrieb die Gründerjahre mit einem Bau-Boom, wie ihn das Land noch nicht gesehen hatte. Die Rechnung ging auf, der Verkauf des jungen Waldes machte Düring zum reichsten Mann der Stadt und der Region. „Er konnte sich noble Kleidung leisten und war zur Kur in Wiesbaden, wo es sich auch der Kaiser gut gehen ließ“, hat der Urenkel weiter herausgefunden, der nun der neue Orts-Chronist wird.
Der ehemalige Knecht, der es zum reichsten Mann von Märkisch Buchholz brachte, ruhte sich auf seinem Vermögen aber nicht aus, sondern legte es an. Am Markt, in der Ortsmitte also, entstand ein Kolonialwaren-Geschäft, das ein wohlsortiertes Kaufhaus mit Eisenwaren, Lebenmitteln, Haushaltsartikeln und vielem mehr war. Zusätzlich versorgte Düring die Postkutsche mit Pferden und betrieb, wenn er schon mal dabei war, einen Pferde-Omnibus! Zwei weitere Generationen lang konnten seine Nachfahren die Familientradition fort- und weiterführen. Doch mit Reinhard Düring war Schluss. Denn der zweite Weltkrieg hatte die Häuser in Schutt und Asche gelegt und die junge DDR gab sich wenig unternehmerfreundlich. An einen Aufbau des Geschäfts war also nicht zu denken. Also machte sich der Urenkel auf zum Studium nach Berlin und profilierte sich als Mathematiker an der TU. „Ich war Grenzgänger und sah, wie die Zustände in der DDR immer beengender wurden!“ Per Zufall war Reinhard Düring ausgerechnet am 13. August 1961, dem Tag des Mauerbaus, nicht wie sonst in Berlin, sondern zuhause in Märkisch Buchholz! Aber sein Entschluss stand fest: In einer Nacht und Nebel-Aktion setzte er sich über den Harz und teilweise vermintes Sperrgebiet in den Westen ab.
Doch nach der Wende hielt es ihn nicht mehr im schönem Haus unterm Westberliner Funkturm. Er ließ sich erneut in Märkisch Buchholz nieder. Nun kann und ist Reinhard Düring als Sproß einer der ältesten Familien im Ort emsig dabei, Geschichten und Geschichtchen in der kleinsten Stadt Deutschlands zu ergründen.
Mit der offiziellen Ernennung zum Ortschronisten gab es allerdings einige Probleme: Zwar waren die Stadtverordneten in Feierlaune versammelt und der Amtsdirektor stand mit einem Blumenstrauß bereit, nur einer kam nicht: Reinhard Düring. Aus unerfindlichen Gründen hatte ihn die Einladung nicht erreicht. Doch im zweiten Anlauf wird es dann eben umso besser klappen.
Infos Tel. 033765/80152

Reinhard Düring ist der neue Orts-Chronist von Märkisch Buchholz und kann schon aus seiner Familiengeschichte eine ganze Menge über Deutschlands kleinste Stadt erzählen.

Bei Wilhelm Düring gab es fast alles zu kaufen.

Wilhelm Düring (2.v.r.) brachte es vor über hundert Jahren vom Stallknecht zum Millionär.



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