Familien mit Kindern sind willkommen

Das Land Brandenburg macht Gebietsreform, das kleine Amt Schenkenländchen sagt nee. Keine einzige der Amtsgemeinden ließ sich von den Drohungen oder finanziellen Verlockungen zum Austritt aus dem Amt bewegen. Da muss der Amtsdirektor doch strahlen!
Oder droht nun einfach die Zwangsauflösung des Amtes per Gesetz? Im Interview lernten wir Amtsdirektor Reiner Oncken als Mann kennen, der Klartext, gehüllt in den kühlen Charme des Nordens, verbreitet.

Das Amt gibt es ja erfreulicherweise noch. Doch nun hängt über Ihnen das Damoklesschwert einer Amtsauflösung per Landtagsbeschluss!
Reiner Oncken: „Davor fürchten wir uns nicht. Käme es zu einem entsprechenden Gesetz, würden wir das brandenburgische Verfassungsgericht anrufen. Darin sind wir uns mit vielen anderen betroffenen Gemeinden und Ämtern einig.“

Rechnen Sie vor Gericht wirklich mit Erfolg? Oder wird hier durch einen teuren Prozess Steuergeld vergeudet?
Reiner Oncken:
„Steuergeld würde vergeudet, wenn man die funktionierenden und kostengünstigen Amtsstrukturen auflösen würde. Jetzt haben wir ehrenamtliche Bürgermeister in den Gemeinden. Die bekommen kein Geld und setzen sich für ihre Bürger ein. Ihnen zur Seite steht eine effiziente Verwaltung, das Amt. Kostengünstiger geht es doch nicht. Aber nun zu Ihrer Hauptfrage: Wir sind äußerst zuversichtlich, vor Gericht obsiegen zu können. Denn im März entschied das Verfassungsgericht in einem Streit um die Flächennutzungsplanung zu unseren Gunsten. Darin wurde unsere Position zur Gebietsreform ausdrücklich unterstrichen. Das Gericht machte klar, dass eine Auflösung der selbstständigen Gemeinden per Gesetz nur möglich ist, wenn dies das Gemeinwohl erfordert. Da soll mal jemand begründen, warum das Gemeinwohl erfordert, dass jahrhundertealte Gemeinden aufgelöst werden sollen!“

Viele Regionen in Ostdeutschland haben das Problem, dass die Menschen abwandern. Wie sieht das im Amt Schenkenländchen aus?
Reiner Oncken:
„Dieses Problem haben wir bei uns erfreulicher Weise nicht. Seit der Amtsbildung 1992 hatten wir einen Bevölkerungsanstieg von damals 7900 Bürger auf heute etwa 8600 Bewohner.“

Die landschaftliche Schönheit und die Nähe zu Berlin, die vielen Seen und Freizeitmöglichkeiten, die Autobahn und Bahnanbindung, das alles macht das Amt Schenkenländchen zum Traumstandort fürs
Eigenheim. Haben Sie entsprechende Flächen?
Reiner Oncken:
„Wer in den Gemeinden des Amtes nach einem Bauplatz sucht, wird fündig. Da in den Dörfern genügend Platz ist, haben wir kaum explizite Neubau-Gebiete ausgewiesen. Ausnahmen sind Teupitz und Schwerin. Auf der Teupitzer Höhe beispielsweise entstehen in privater Initiative Ein- und Mehrfamilienhäuser.“

Gerade junge Familien suchen Möglichkeiten zum Eigenheim. Gibt es für die Kinder im Amt ausreichend Schulen und Kitas?
Reiner Oncken:
„Ich freue mich über jede junge Familie die zu uns kommt und kann ohne Wenn und Aber versichern: Bei uns finden Sie in den Gemeinden ausrei-
chend Kita-Plätze. Ähnlich sieht es mit der Schule aus: In Teupitz, Halbe und Märkisch Buchholz gibt es Grundschulen, in Groß Köris eine Gesamtschule. Jugendclubs haben wir in Münchehofe, Halbe, Teurow, Märkisch Buchholz und Groß Köris.“

Wenn zur Zeit in Deutschland und anderswo über das Schenkenländchen berichtet wird, steht weniger die landschaftliche Schönheit im Vordergrund. Stattdessen geht es um die Insolvenz von Cargolifter.
Reiner Oncken:
„Mit über vierhundert Beschäftigten ist das Unternehmen größter Arbeitgeber im Amt.
Eine Schließung wäre ein herber Schlag für uns. Möglichkeiten zum Eingreifen haben wir keine. Wir können nur, ebenso wie die Betroffenen, hoffen!“

Wie sieht es mit der Wirtschaftsförderung im Amt aus?
Reiner Oncken:
„Wir haben Gewerbegebiete in Teupitz und Märkisch Buchholz. Die sehen wir als Investition in die Zukunft. Wir sind nicht darauf aus, Riesenbetriebe von woanders her zu bekommen. Vielmehr halten wir diese Flächen für unsere örtlichen Unternehmen vor. Wenn es denen in den historischen Ortskernen zu eng wird, dann können sie in die Gewerbegebiete umziehen und bleiben uns erhalten.“

Was macht das Amt, um den Tourismus in Schwung zu bringen?
Reiner Oncken:
„Nun, wir als Amt können natürlich keine Hotels bauen. Wir können nur die Weichen stellen und die Infrastruktur fördern. So haben wir im Zuge der Expo 2000 in Teupitz eine Solar-Stromtankstelle bekommen. Außerdem wurden in Groß Köris und Teupitz Möglichkeiten geschaffen, die Bootstoilette zu entleeren. Zur Zeit ist in Groß Köris eine Wassertankstelle geplant. Die wäre dann in der Region die einzige Boots-Zapfstelle, das hätte sicher einen sehr positiven Effekt und würde weitere Impulse nach sich ziehen.“

Das Schiff blieb zu Hause

Reiner Oncken ist 57 Jahre alt, verheiratet und Vater von drei erwachsenen Töchtern. Seit es das Amt Schenkenländchen gibt, steht er an dessen Spitze.
Da haben die Bürgermeister sicher eine gute Wahl getroffen, bringt Oncken doch zehn Jahre Erfahrung als hauptamtlicher Bürgermeister mit. Bis 1990 stand er an der Spitze von der Stadt Gettorf in Schleswig-Holstein. 1990 bat ihn der Kommunale Spitzenverband, doch für ein paar Tage beratend bei Gemeinden in Ostdeutschland tätig zu sein. Aus den Tagen wurden Jahre, doch in dieser Zeit lernte er die Gegend im südöstlichen Brandenburg kennen und lieben. Bis die Familie nachzog, musste Reiner Oncken allerdings einige Zeit an Überzeugungsarbeit aufwenden. Heute leben die Onckens im eigenen Einfamilienhaus in Oderin. Zu tun gibt es dort immer was – schön für den Amtsdirektor, der begeisterter Bastler und Heimwerker ist. Außerdem ist Reiner Oncken Hochsee-Segler mit 20-jähriger Erfahrung. Allerdings passte seine Yacht nicht durch die hiesigen Brücken. So blieb das Boot auf dem Meer und Oncken kam mit dem Auto ins Amt Schenkenländchen.
Diesen Schritt hat er noch nie bereut: „Heimweh nach der Kieler Förde? Hatte ich zu keinem Zeitpunkt!” Nur kulinarisch hängt er noch ein wenig am rauhen Norden: Deftige norddeutsche Küche, dazu ein herbes Bier oder ein trockener Rotwein, so genießt man bei Onckens das Ende des Arbeitstages.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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