Die Hand, die niemals verschwand

Um Raub und Vatermord in Bergens Kirche ranken sich sehr merkwürdige Episoden. So soll bis 1856 eine mumifizierte Hand in der Kirche aufbewahrt worden sein, „welche von einem Vatermörder rührt und nach dessen Tode aus dem Grabe hervorgewachsen sei”.

So oft man auch versuchte, die Hand von neuem in die Gruft zu legen, stets kam sie wieder hervor, bis man sie endlich in der Kirche niederlegte. So jedenfalls die Sage. Wie es wirklich war, vermag keiner mehr zu sagen. Und der, der es wahrscheinlich ganz genau weiß, schweigt.

Es ist eine Figur. Sie befindet sich auf einem Granitstein von 125 Zentimeter Höhe am Anbau der Turmhalle. Auf der Vorderseite ist reliefartig eine stark verwitterte menschliche Figur dargestellt.

Sie ist mit einem langen Gewande bekleidet, das Gesicht ist lang und schmal, und an Stelle der Füße erblickt man zwei zapfenartige Ansätze, die zum Teil durch den Erdboden verdeckt sind. Die Arme sind unnatürlich lang und dünn und liegen eng am Körper an. In der linken Hand trägt die Figur ein nur schwach angedeutetes Kreuz, dessen Spitze nach der linken Schulter hinweist.

Man hat lange geglaubt, der Stein sei die Grabplatte einer Nonne oder Äbtissin aus dem ehemaligen Zisterzienser-Nonnenkloster Bergen gewesen. Angenommen wurde auch, daß diese Bergener Steinplatte ein Götzenbild darstellt, welches freilich schon sehr früh, vielleicht schon von den ersten Bekehrern der heidnischen Rüganer, durch Fortmeißeln des Trinkhornes und durch Anfügen des Kreuzes umfunktioniert worden ist.

Das Bergener Relief gehört wie der Bildstein aus der Kirche von Altenkirchen höchstwahrscheinlich zu den slawischen Werken des frühen Mittelalters. Vermutlich handelt es sich bei beiden Bildsteinen um Grabplatten für Priester der Slawen aus vorchristlicher Zeit.

Im Volksmund wird die Bergener Figur meist „der Mönch” genannt, zuweilen aber auch als „Nonne” oder gar als „Nix” bezeichnet. In Beziehung zum „Nix” pflegt man scherzhaft zu sagen: Wenn man den Nix fragt, wie er heißt, so bekommt man seinen Namen zu hören, nämlich „Nix”. So ist es auch verständlich, daß der Nix nichts über die Hand des Vatermörders erzählt, obwohl er es doch wissen müßte. Interessant ist noch, daß der Fuß des Steinbildes in gleicher Höhe liegen soll, wie die Spitze der St. Marienkirche in Stralsund.

(nach A. Haas Sagen und Erzählungen aus Bergen 1917)

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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