Zufrieden mit der Industrie, sauer auf den Verkehr!

Konsequent behauptet sich die Gemeinde Budenheim mit ihren etwa 9000 Einwohnern als verbandsfreie Gemeinde neben den beiden Landeshauptstädten Mainz und Wiesbaden. Bevölkerungs- und flächenmäßig ist man im Vergleich ein Winzling, doch die Wirtschaftskraft ist riesig. Denn von hier aus sorgen viele weltweit operierende Unternehmen dafür, dass der Name Budenheim bekannt wird.

Sind die Budenheimer auf „ihre“ Stimme in der Welt richtig stolz, oder wären sie lieber das, was sie sonst sicher wären: Eine unscheinbare Gemeinde, mit ein bißchen Tourismus, wo man unter sich ist, und die keiner kennt? Reporter Klaus Zahn hörte sich um.

Werner Rauth (59), Rentner:

„Wir haben hier eine recht gesunde Mischung. Die Leute wollen wohnungsnah arbeiten. Die Industrieanlagen sind nicht übertrieben und belasten kaum. Es ist doch ein historisch gewachsener Standort. Da sollte man auch nicht viel dran verändern.

Viel mehr stört mich der Gestank der Autos. Andererseits wollen und müssen die Leute mobil sein. Das hängt alles eng miteinander zusammen. Da kann man nicht pauschal gut oder schlecht sagen. Ein Touristenstädtchen werden wir wohl kaum werden. Wie gesagt, wir haben hier eine gesunde Mischung von Arbeiten und Wohnen, das sollte man so lassen.”


Willibald Klein (65), Bäckermeister:

„Nabel der Welt ist gut gesagt. Klar weiß ich, dass unsere Industrie Verbindungen in die Welt hat. Die brauchen wir auch, da hängt doch die Gemeinde dran. Die Leute haben hier ihre Arbeit, sie müßten sonst sehr weit fahren, um arbeiten zu können.

Aber es sollte auch nicht mehr an Industrie werden, obwohl die Umweltbelastung durch die Betriebe in den letzten Jahren stark reduziert wurde.

Katastrophal ist dagegen die Verkehrssituation, insbesondere der ruhende Verkehr.


Stefan Voigt (14), Schüler:

„Ach ja? Nabel der Welt? Also, da der Rhein für Wein und Kultur steht, wäre ich schon für Tourismus und Weinbau anstelle von Industrie.

Allerdings, in den Dimensionen wie jetzt ist die Industrie schon zu ertragen. Schließlich sichert sie ja auch Arbeitsplätze.”


Ute Hinderkopf-Meyers (30), Hausfrau und werdende Mutter:

„Nabel der Welt? Klar, weiß ich schon, dass von hier aus vieles in die Welt geht. Ich habe selbst schon in der Chemie geschafft.

Ich bin ganz zufrieden hier. Es ist schön ruhig und läßt sich gut leben. Touristen würden mich auch nicht stören. Aber so wie es ist, ist es doch in Ordnung.

Man hat alles in der Nähe, was man braucht und von der Industrie kriegt man hier doch kaum etwas mit.”


Monika Schläfer (52), kaufmännische Angestellte:

„Man könnte und müßte in der Gemeinde allerhand machen, auch hinsichtlich Tourismus. Früher gab es zum Beispiel das Rhein-Café, das leider abgebrannt ist. Es gibt in Budenheim wenig Möglichkeiten, wo man hingehen kann.
Zudem muß man sagen, dass die Budenheimer selbst die Angebote schlecht annehmen. Die fahren doch eher nach Mainz. Ich selbst wohne seit 25 Jahren hier, fühle mich wohl und will hier nicht wieder weg. Na ja und soviel Industrie ist es ja nicht, die stören könnte. Die Müllkippe ist da schon belastender, wenn der Wind ungünstig steht. Aber an diesem Problem wird schon mit Erfolg gearbeitet.”


Industrie fühlt sich wohl in Budenheim

Was sagen die Bosse?

Mainz, Wiesbaden oder Frankfurt/Main als Firmensitz angeben zu können, ist für zahlreiche Betriebe ein wesentlicher Faktor bei der Standortwahl. Aber wer kennt schon Budenheim? Wir fragten bei Unternehmen nach welche Vorteile und Schwierigkeiten der Standort für die Betriebe bietet.

Günter Krautkrämer (61), Inhaber der Unternehmensgruppe Bericap:

„Das Unternehmen gibt es hier seit 1926 in Budenheim. Die sehr gute Anbindung mit Bus und Bahn ist ein wichtiger Standortvorteil, ebenso über die Autobahn. Der mit Abstand wichtigste Faktor für uns ist allerdings die Nähe zum Frankfurter Flughafen. Schließlich haben wir Produktionsstätten in zwölf Ländern.

Für Budenheim spricht auch noch, dass in einer relativ kleinen Gemeinde wie eben Budenheim die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Unternehmen effizient funktioniert.”

Michael Steglich (43), Betriebsleiter BSN Glasspack:

„Die Glashütte gibt es seit 1904. Gegründet wurde sie als Flaschenfabrik für die Kupferberg Sektkellerei Mainz. Auch heute erweist sich der Standort durch seine Nähe zum Weinanbaugebiet Rhein/Mosel/Nahe günstig. Unsere Lage direkt am Rheinufer hat den Vorteil, dass die Rohstoffe günstig per Schiff angeliefert werden können. Während man früher direkt am Ufer baute, um genügend Brauchwasser für die Hochenergieprozesse zur Verfügung zu haben, stellt sich dieser Aspekt heute eher nachteilig dar. Zusätzliche Aufwendungen sind für den Gewässerschutz notwendig. Positiv aus Umweltsicht ist die Nähe zum Ballungsgebiet Mainz, das heißt auch kurze Anfahrtswege für die Mitarbeiter.

Die Integration der Glashütte in das Gemeindeleben Budenheims könnte besser sein. Wir wünschen uns eine engere Zusammenarbeit mit der Gemeinde vor allem im kommunikativen Bereich.”

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


Impressum | Datenschutz