Idylle zwischen Korn und Mehlsack

Die Flügel der Windmühle drehen sich gemächlich in der sanften Brise. Drinnen rieselt das Korn zwischen den Mahlsteinen. Und dazwischen vergnügen sich Müller und Müllerin! Eine Idylle, die es nicht mehr gibt? Fehlgeraten! Im kleinen Petkus hat man die Zeit zurückgedreht. Da gibt es wirklich einen echten Müller, und der übt sein Handwerk aus, wie in den frühen Zeiten seiner Jugend.Da stört es auch nicht, dass Müller Helmut Behrendt für die kleine Zeitspanne von 32 Jahren sich einem anderen Metier verschrieben hatte. Damals war er „Wirkungsbereichsleiter der Freiwilligen Feuerwehr“, heute würden wir sagen, Amtsbrandmeister.Doch vorher und nach 1990 war er wieder das, was er gelernt hatte und immer sein wollte: Müller. Und so treffen wir ihn in seiner Paltrockmühle, einer auf Schienen platzierten Bockwindmühle von 1837. „Durch die drehbare Konstruktion richtet sich die Mühle nach dem Wind und kann effizienter arbeiten, als eine feststehende Bockwindmühle“.Helmut Behrendt hatte das Müllershandwerk von seinem Vater Heinrich Behrendt von der Pike auf gelernt und die Mühle von ihm geerbt. In der Mühle gab es den ersten Kuss für seine Meta, die er ansonsten täglich während der Arbeit sah. Denn Meta, heute 72 Lenze jung, war damals knackiges Dienstmädchen beim Ortsbäcker, und dorthin mussten täglich die zentnerschweren Mehlsäcke geliefert werden. Dass das Leben zwischen weißem Staub und Mahlwerk nicht nur romantisch ist, das musste Bruder Harry Behrendt erleben: „1939 war‘s glaube ich, da purzelte der in den Trichter. Fast wär’s ihm gegangen wie den bösen Jungs bei Wilhelm Busch. Wir konnten gerade noch das Mahlwerk anhalten und ihn weiß wie mit Puderzucker begossen, rausholen!“Alteingesessene kennen die Mühle übrigens unter der Bezeichnung Friedensmühle. Zu danken ist dies sozialistischer Prosa, wie sie dem Orts-Journalisten Richard Conrad 1950 aus der Feder strömte und Eingang in die Zeilen der örtlichen Zeitung „Volksstimme“ fand. Da war in bester Schwülstigkeit zu lesen: „Die Windmühlenflügel drehen sich im Wind und tragen die Botschaft von Frieden ins Land, der nach langen Jahren des Krieges nun herrschen möge“. Anlass war die Wiederinbetriebnahme 1950 nach einer Modernisierung.Bis 1977 wurde hier kommerziell Getreide verarbeitet, dann erschien selbst der LPG, die nunmehr dafür zuständig war, die Anlage mit einem Stundenertrag von maximal acht Zentner Mehl zu antiquiert. Müller Helmut Behrendt wurde deshalb für kurze 32 Jahre Feuerwehrmann. Kaum war die Wende da, eroberte er seine Mühle wieder zurück. Heute ist sie ein einzigartiger Anziehungspunkt der Region und ein Stück Geschichte, das sich täglich dreht und doch nicht viel weiter kommt, als sich um die eigene Achse zu bewegen. Carmen Krickau

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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