Kaiser Karl und sein Toiletten-Edikt

Eigentlich lag es ja nahe, das, was man am wenigsten benötigte und was außerdem nicht gerade edel von Duft war, nach außerhalb zu entledigen. Doch die armen Löbauer durften nicht. Sie waren dazu verdonnert, ihre „Geschäfte“ innerhalb der eigenen Mauern zu erledigen.Diese be...scheidene Situation hatten die Stadtbewohner ihrem Kaiser zu verdanken. Karl IV. hatte wohl Langeweile. Jedenfalls widmete er sich ausgiebig den Toiletten-Problemen der Bergstadt. So erließ er am 22. März 1360 eine Order, derzufolge niemand „sein heimliches Gemach” ohne Erlaubnis des Rates der Stadt über die Stadtmauer bauen dürfe. Da hatten die Ratsherren anschließend sicher viele Sitzungen mit delikaten Tagesordnungspunkten! So richtig Glück hatten die Oberlausitzer ohnehin nur selten mit Herrschern und solchen, die es gerne gewesen wären. So ärgerten sie sich immer wieder über die Angriffe von Raubrittern. Abhilfe sollte der Sechs-Städte-Bund mit Bautzen, Görlitz, Zittau, Kamenz und Lauban schaffen. Der Erfolg war tatsächlich sensationell: Mit vereinten Kräften wurden binnen kurzer Zeit damals 25 Raubritterburgen zerstört. Doch Ruhe gab es dennoch nicht: Denn kurz danach klopften die Hussiten an die Tür. Zwar half ihnen die Belagerung wenig, dafür aber Bestechung: So sorgte ein Löbauer Brauknecht in der Neujahrsnacht 1429 für einen Brand, dem nur einige Steinhäuser, Kirchen und die Stadtmauer standhielten. Etwa hundert Jahre hatte Löbau nach der Vertreibung der Hussiten Zeit, wieder aufgebaut zu werden, da brach der „Pönfall“ über die Stadt herein: Die protestantischen Städte sollten dem katholischen Kaiser Karl V. und seinem Bruder König Ferdinand gegen den protestantischen Schmalkaldischen Bund unter Führung von Kurfürst Johann Friedrich mit Truppen aushelfen. Für zwei Monate wurde auch Löbau verpflichtet, ein Kontigent zu stellen. Am 24. April 1547 waren die zwei Monate abgelaufen und die Städter machten sich schnellstens aus dem Staub. Doch just an diesem Tag fand die große Schlacht statt und der König hätte die Hilfstruppen nötig gebraucht. Trotz Entschuldigung war der Herrscher sauer und befahl, dass „Bürgermeister, Richter und Ratsmannen, dazu 10 aus den geschworenen Edelsten und Handwerkern” in Prag zu erscheinen hatten. Nach böhmischem Landesrecht hatten die Deliquenten die höchste „Pön”, den Verlust von Ehre, Gut und Leben zu erwarten. Nach fünfwöchiger Haft folgte das Urteil: Die Städte des Sechstädtebundes verloren all ihre Privilegien, Rechte und Freiheiten. Sie mussten eine Biersteuer abführen und ihre Kanonen samt Pulver abliefern. Glücklicherweise kriegte sich der Herrscher wieder ein. Und sein Sohn war sowieso ein Fürsprecher der Städte. Als er endlich den Thron bestieg, lockerten sich die Knebel für Löbau. So konnte die Stadt endlich aufblühen und mit ihr das damals einträgliche Gewerbe der Leineweberei.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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