Franken und Slawen in einem Haus

Egal ob man von Berlin, Bayern oder „nur“ vom nahen Dresden in die Region kommt, plötzlich fühlt man sich in einer anderen Welt. Häuschen, so schief, als hätte sie der Wind umgeblasen, eine Bauweise, die eher an Orte wie Rothenburg ob der Tauber erinnert, und doch ganz anders! Was ist hier los?„Umgebindehäuser“ lautet der Fachbegriff, unter dem sich kein Laie etwas vorstellen kann. Es ist ein Blockhaus im Erdgeschoß und im Obergeschoß ein Fachwerkhaus. Damit die ganze Sache hält, wurden Ständer um das Blockhaus gestellt, auf denen die obere Etage aufgebaut ist. Auf diese Bauidee muß man erst mal kommen! Aber das hängt damit zusammen, dass hier ja ursprünglich Slawen lebten, die schon lange das Handwerk des Blockhüttenbaus beherrschten. Holz gab es ja in Hülle und Fülle und das Raumklima eines Holzhauses ist selbst nach heutigen Ansprüchen was ganz besonderes. Abgesehen davon ist in so einem Häuschen im Winter mollig warm und für damalige Verhältnisse war das Bauwerk äußerst stabil. Als nun die Besiedelung der Oberlausitz einsetzte, kamen viele Franken ins Land. Damit stießen zwei Kulturen mit ihrer Baugeschichte direkt auf einander. Denn die Zuwanderer beherrschten den Fachwerkbau und den Bau von Obergeschossen. Man könnte nun annehmen, dass die pfiffigen Franken alte, verlassene Blockhäuser der Slawen nutzten und später einfach ein Stockwerk aufsetzten, und das in dem Stil, den sie beherrschten. Da man aber der Bauweise der Slawen augenscheinlich nicht viel zutraute, „umband“ man die alten Blockhäuser mit Stützen. Das Obergeschoß ist statisch komplett vom Blockhaus getrennt. Heute wird das Umgebindehaus nicht mehr gebaut, soviel Umständlichkeit kann sich kein Bauherr leisten. Und Holz und Lehm sind als Hauptbaustoffe eher eine Randerscheinung. So sind die wenigen Handwerksbetriebe der Region, die noch die ganze Palette der Arbeiten für so ein Haus beherrschen, schon fast wieder eine weltweite Kuriosität. Denn Umgebindehäuser sind einzigartig, man findet sie eben nur in der Oberlausitz! Andreas Schönstedt

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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