Alte Gemäuer lassen Computer rosten

Wer würde Löbau besser kennen, als der, der es „vermarkten“ muss. So baten wir also den Chef der Tourismus-Information um die Ehre eines exklusiven Stadtbummels.Natürlich startet Ullrich Pilz von der Tourist-Information auf dem Altmarkt und zeigt mit forschem Gang, dass er mit seinen 58 Jahren sich noch zu den „Jugendlichen“ im Kollegenkreis zählt. Als erstes zeigt er auf das barocke Rathaus: „Das heutige Gebäude wurde nach einem Brand 1711 neu errichtet. Vom Vorgängerbau sind noch das Kellergewölbe und der gotische Turm geblieben. Wir haben übrigens zwei Sonnenuhren – eine für vormittags und eine für die Nachmittagstunden!“ Weil die Zeit nicht stehen bleibt, sorgen nun zusätzlich die funkgesteuerte Turmuhr und der Mondphasenkalender für insgesamt vier Chronometer! Durch letzteren kann man selbst tagsüber, wenn der Nachbarplanet für uns unsichtbar ist, sehen, ob wir gerade Voll- oder Halbmond oder etwas dazwischen haben. Das Hauptportal des Rathauses ist mit dem Löbauer Stadtwappen und dem sächsisch-polnischen Doppeladler verziert. Auf dem Balkon darüber findet bis zum 13. Oktober jeden Sonnabend um zehn Uhr das traditionelle Konventblasen statt. Anschließend startet von hier aus die regelmäßige Stadtführung.

Wir drehen dem Rathaus den Rücken zu und schlendern quer über den Altmarkt, der umgeben ist von restaurierten Bürgerhäusern. Ullrich Pilz erzählt, dass die Stadt gerade dabei ist, an den historischen Gebäuden Plexiglastafeln anzubringen, die jeweils dokumentieren sollen, was die Häuser in früherenZeiten beherbergt hatten. Inzwischen sind wir an der Altmarktpassage angelangt. Über einen Durchgang erreichen wir die Teichpromenade und können direkt die Stadtmauer anfassen. In dem kleinen Computerladen an der Ecke stehen die modernen Maschinen direkt auf Resten der Stadtmauer. Der Besitzer beklagt allerdings, dass durch das alte Gemäuer die Räume ständig feucht seien. „Lassen die alten Steine also die modernen Computer rosten?“ – „Nicht, wenn sie schnell genug verkauft werden!“ Pilz erklärt, dass die Stadt sich bemüht, eine Verbindung zwischen Altem, Gewachsenem und moderner Architektur zu schaffen.

Los geht’s an der Tourismus-Information. Ullrich Pilz wartet schon.

Zum Beweis schiebt er mich in einen Durchgang in der Stadtmauer und wir stehen vor dem Katzenturm. „Der richtige Namen dafür wäre wohl Kartzerturm, denn hier wurden früher die Missetäter eingesperrt!“ Wie dem auch sei, das Bauwerk ist saniert und nun über eine moderne Stahl-Glas-Konstruktion erreichbar. „Eigentlich wollten wir hier eine kleine Gastronomie hineinbringen, doch das hat der TÜV uns dann verboten, weil die Zugänge zu eng seien.“ Um den Namen Katzenturm zu bestätigen, steht auf dem kleinen Vorplatz die Skulptur einer, natürlich süßen Mietzekatze. Wir sind hier quasi im Hinterhof der Stadt. Weiter geht es durch eine schmale Gasse zur Inneren Zittauer Straße. Rechts ist der Neumarkt. Von weitem sieht man schon die Postmeilensäule. Links ist das Handtuchhaus. Es ist auf der Straßenfront nur vier Meter breit, aber nach hinten über 20 Meter lang. Bis zur Gründung der Löbauer Biercommune 1846 war das ein „Achtbieriges Haus“.

Das Rathaus hat keinen Mangel an Uhren.

Hier durften die Besitzer acht Biere á 909 Liter brauen und ausschenken. Wenn das Bier reif war, wurde eine sogenannte Biermarke, ein Wandläufer, vor die Tür gehängt. Wie die aussahen, das sieht man im Stadtmuseum. Auf der Straßenseite gegenüber wird kräftig gebaut. Das ganze Quartier wird saniert. Ullrich Pilz: „Toll, dass da alle Eigentümer mitziehen. Denn trotz Förderung kommen auf sie ganz schöne Kosten zu!“ Inzwischen sind wir wieder auf dem Altmarkt angelangt und stehen vor dem Haus Bretschneider. Hier wohnte der Bäckermeister Friedrich August Bretschneider, der sein Vermögen dafür gab, damit die Stadt einen schönen Turm bekomme. Er ließ sich dabei vom Londoner Kristallpalast zum Bau des heutigen Stadtwahrzeichen inspirieren. Der Flur des Bäckerhauses führt zu dem rekonstruierten Innenhof in dem im 19. Jahrhundert ein Malzhaus stand. Durch die Schulgasse kommen wir zur Johannisstraße. Rechts befindet sich schon seit 1899 das Stadtmuseum. Es informiert über den Oberlausitzer Sechsstädtebund und das regionale Handwerk. Besonders amüsant sind die Oberlausitzer Bettgeschichten.

Dieses Kätzchen ist überhaupt nicht wasserscheu!

Dort erfährt man, dass man bis ins 13. Jahrhundert grundsätzlich splitternackt ins Bett ging. Links erhebt sich die Johanniskirche, eines der ältesten Bauwerke der Stadt. Seit 1994 ist sie Eigentum der Stadt Löbau, die das Gebäude derzeit zum Kulturzentrum ausbaut. Hier sollen bald Konzerte, Ausstellungen, Theater und Kabarett stattfinden. Gleich daneben ist die Preuskerschule, die auf den Grundmauern des ehemaligen Franziskanerklosters errichtet wurde. Hier befindet sich das Stadtarchiv, seit August das Bauamt der Stadt und außerdem sollen dort Ausstellungsräume entstehen. An der Kreismusikschule vorbei kommt man auf den Nikolaiplatz. Hier findet dienstags ein Lebensmittelmarkt und donnerstags ein allgemeiner Markt statt. Vom Platz aus, rechts die Treppe hinunter, kommt man zum Alten Stadtbad. Es war als Kurhaus geplant, doch die Mineralquelle unter der Stadt war schnell alle. So wurde es zum Badehaus umfunktioniert. Nun hat sich ein Investor gefunden, der mit Hilfe der Stadt daraus ein „Wellness-Center“ machen will. Linker Hand kommen wir zur Bahnhofstraße und wenden uns wieder Richtung Altmarkt. Nach rechts geht es in die Rittergasse. In dem Haus Nummer 7 hat Ullrich Pilz seinen Dienstsitz als Tourismuschef. Das Haus hat ein wunderschönes Korbbogenportal. Im Inneren sind Fragmente früherer Bemalung zu finden. Über die Sporgasse erreichen wir wieder den Altmarkt. Andreas Schönstedt

Touristeninformation
Altmarkt 1 • 02708 Löbau
Tel. 03585/450140

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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