Fallada unterm Teppich

Allzuviele berühmte Namen hat Neuenhagen ja nicht vorzuweisen. Da liegt es schon nahe, den bekanntesten Bürger entsprechend zu ehren. Und tatsächlich, es gibt ein Fallada-Haus, ja sogar eine ganze Straße, den Fallada-Ring, die nach dem bekannten Erzähler benannt sind.

Von August 1930 bis November 1932 lebte Hans Fallada im Grünen Winkel 10, heute Falladaring 10, mit seiner Frau Anna Margarethe Issel und dem gemeinsamen Sohn Ulrich. Hier entstand sein wohl bekanntester Roman „Kleiner Mann, was nun?“. Vom Fallada-Haus versprach ich mir weitere Informationen über Leben und Werk Hans Falladas. Ein Wegweiser weist den Weg, unübersehbar.

Die Klingel scheppert, eine nette ältere Dame öffnet und mir wird klar, der Name „Busch“ auf dem Klingelschild ist mitnichten der des Hausmeisters des Fallada-Museums! Rosemarie Busch ist nach der Sanierung des Gebäudes im Jahre 1995 hier eingezogen und ist sich ihres berühmten Vorgängers durchaus bewußt.

Sofort bittet sie mich freundlich herein. Nein, mit den Falladas hätte sie keine engere Bindung. Dass sie in diesem Haus wohne, sei eher Zufall. „Ich war drei Jahre, als er hier wegzog, wohnte mit meinen Eltern ein paar Häuser weiter. Aber eine vage Erinnerung habe ich noch daran, dass er mit seinem Uli im Kinderwagen hier spazieren ging, immer mit schwarzer Baskenmütze“, erzählt mir Rosemarie Busch.

Und dass öfters Leute kommen und das Haus suchen, schließlich aber enttäuscht wieder abziehen. Der Block sei zu damaligen Zeiten der schlechteste gewesen. Da gab es den Weg hinterm Haus noch nicht, so dass alles, ob Kartoffeln oder Kohle, immer durch die „gute Stube“ transportiert werden mußte.

„Und nichts erinnert mehr in der Zweieinhalbzimmerwohnung, die das gesamte Haus ausmacht, an den berühmten Vormieter?“, bohre ich etwas enttäuscht doch noch nach. Da passiert etwas, womit ich nun nicht gerechnet hätte. Rosemarie Busch räumt, soweit es geht, ihre Auslegware zur Seite: „Doch, doch, schauen Sie, hier liegt er noch, der Teppich, wie er zu Falladas Zeiten hier gelegen hat. Ist doch schön, oder?“ Und ob das schön ist. Zumindest bewahrt die 72-jährige Rosemarie Busch ein Stückchen Geschichte.

Die einen haben Fallada im Schrank, Rosemarie Busch aber unterm Teppich.

Die „Stadt und Land Wohnbau Gesellschaft mbH“, der die Häuser schon früher gehörten und die sie zurückübertragen bekam, erhielt für die Sanierung sogar den Bauherrenpreis. Allerdings sieht man, so Sprecherin Karin Petzold, keine Veranlassung, hier auf Kosten des Unternehmens eine Gedenkstätte einzurichten: Der Wohnraum, mit öffentlichen Mitteln gefördert, könne nicht einfach zweckentfremdet werden. Außerdem sei Fallada ja nur zwei Jahre Mieter gewesen. Die Gedenktafel sei völlig ausreichend.

Auf die kurze Verweildauer Falladas verweist auch Manfred Kuhnke von der Hans Fallada Gesellschaft e.V., die das Fallada Haus im mecklenburgischen Carwitz bei Fürstenberg, wo der Autor zehn Jahre lebte, unterhält. Von der Gemeinde gibt es bezeichnenderweise gar keine Reaktion auf die Frage, ob man denn schon jemals an eine Gedenkstätte oder an ein Museum gedacht hätte!

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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