Neuenhagen zog allierte Bomber an

Der Sparwillen der Neuenhagener wurde für die Berliner zum tödlichen Verhängnis. Denn gerade ihr markantes Rathaus mit integriertem Wasserturm war es, das in der Endphase des Zweiten Weltkriegs als Orientierungspunkt für die angreifenden alliierten Bomberverbände galt. Die nahmen das markante Gebäude ins Visier, um Minuten später die damalige „Reichshauptstadt“ mit ihrer tödliche Last zu überschütten. Am Ende des Kriegs lag Berlin in Schutt und Asche.

Noch heute sind viele Nachkriegsschäden zu erkennen. Verständlich, dass man in Neuenhagen auf die damalige Funktion als Wegweiser für die Alliierten nicht gerade besonders stolz ist. Am liebsten würde man das unter den Teppich kehren. Alles ein Gerücht?

Reinhard Witteck wurde im Luftwaffenmuseum der Bundeswehr auf dem alten Militärflughafen Gatow bei Berlin fündig. Hier trifft man auf den langgedienten ehemaligen Oberstleutnant der amerikanischen Luftlandetruppen, Erhard Cielewicz (Foto). Der heute 68-jährige ist fachlicher Berater des Museums und berichtet: „Für die Berlin angreifenden Verbände war Neuenhagen und sein markantes Rathaus der Wendepunkt. Dann hieß es, hier ist Berlin zu Ende, alles wenden. Am Tag war dies offensichtlich kein Problem. Schwieriger gestaltete sich dies bei Nachtflügen. Da flog an der Spitze der Bomberverbände der so genannte Pfadfinder. In diesem ersten Flugzeug saß ein exzellenter Navigator. Über dem Wendepunkt Rathaus Neuenhagen setzte er einen so genannten Christbaum ab. Der glitt mit gleißendem Licht herab und erleuchtete alles taghell.”

Cielewicz weiß aus seinen Forschungen: „Beim Anflug wurde so zuerst Oranienburg markiert, dann flog man an der Peripherie entlang, wendete über Neuenhagen. Weitere markante Punkte waren die Rennbahn in Hoppegarten und die Siegessäule in Berlin.“ Das ehemalige Wasserreservoir hat heute seine Funktion verloren und steht einfach leer. Eigentlich schade, dass die Aussichtsplattform nicht täglich geöffnet ist. Und eine Gedenktafel, die an die unfreiwillige Funktion im Zweiten Weltkrieg erinnert, würde dabei sicher nicht schaden. Denn totschweigen läßt sich Geschichte nicht!

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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