Meterdicke Kirchenmauer

Mit dem Auto ist man relativ schnell durchgerauscht durch Neuenhagen. Ruck-zuck ist man in Hönow, Dahlwitz-Hoppegarten oder auf der B1/B5, sofern einen der Sabotagebalken der Bahn nicht gerade mal wieder aufhält. Zur Ehrenrettung der Schrankenwärter sei aber gesagt: Die Schließzeit ist meist nicht zu üppig bemessen.

Zu Fuß dauert es da schon länger. Immerhin sieht man bei einem solchen Spaziergang auch mehr von der fast 2 000 Hektar großen Gemeinde mit ihren insgesamt etwa 120 Straßenkilometern und cirka 15 500 Einwohnern. Kommt man aus der Hönower Richtung, wird man zunächst von Einfamilienhäusern auf der einen und Trainierbahnen der Hoppegartener Pferderennbahn auf der anderen Seite begrüßt.

In weiten Teilen hat sich Neuenhagen den dörflichen und Vorort-Charakter bewahrt. An der Ampel links abgebogen, gelangt man, nachdem man die Autobahn unterquert hat, zum Gewerbegebiet „Am Umspannwerk“. Von hier aus ist man nach einem Kilometer bereits in Altlandsberg.

Doch bis dahin wollen wir ja gar nicht. Auf dem Weg zum Gewerbegebiet hat man schon zwei Sehenswürdigkeiten passiert. Da ist einmal die kleine, unscheinbare Feldsteinkirche. Aus ihren Mauerstärken von 1,25 Metern und am Turm gar 1,60 Metern ist auf ihre Funktion als Wehrkirche zu schließen. Sie soll aus der Zeit um 1230 stammen, genau aus jener Epoche, die man als Gründungszeit Neuenhagens als deutsches Kolonistendorf annimmt.

Viele repräsentative Villen erinnern daran, daß Neuenhagen vom Flair der international renommierten Pferderennbahn Hoppegarten profitieren konnte.

Mit meterdicken Mauern bot diese Wehr-Kirche Schutz vor Angriffen.

Gleich daneben ist im ehemaligen Dorfschulhaus die „Arche“ zu finden, eine gern angenommene Jugend-, Freizeit- und Begegnungsstätte. Von weither kündet der etwas eigenartige Rathausbau, als Wahrzeichen der Gemeinde, von der Pfiffigkeit der Neuenhagener. Die rasante Entwicklung Neuenhagens, insbesondere die Zunahme der Einwohnerzahlen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vor allem bedingt durch die Anbindung an Berlin mit der Inbetriebnahme der sogenannten Ostbahn und der Entwicklung der Rennbahn und des Pferdesports in und um Hoppegarten, hatte auch seine Kehrseite.

Die Verwaltung wuchs einem ehrenamtlichen Gemeindevorsteher einfach über den Kopf. Es mußten mehr Leute her. Damit die arbeiten konnten, benötigten sie Räumlichkeiten. Ein Rathaus war von Nöten, das Geld allerdings fehlte. Außerdem saß man, bedingt durch den stark gestiegenen Wasserbedarf, öfter einmal auf dem Trockenen. Ein Wasserturm mußte her, um den notwendigen Wasserdruck zu realisieren.

Nach manchem Hin und Her faßte man den Entschluß, Wasserturm und Rathaus in einem einzigen Gebäude unterzubringen. Das sparte Geld und schaffte als Nebeneffekt ein sehenswertes und technisch interessantes Wahrzeichen für die Gemeinde. Das war 1926. Pünktlich zum 75. Geburtstag soll nun das Schmuckstück wieder in neuem Glanz erstrahlen. Während das Rathaus vor Leben nur so wimmelt, bleibt das Wasserreservoir mangels Nutzungsidee vorerst leer und verwaist.

Beim Rathaus befindet sich der denkmalgeschützte Fallada-Ring, dessen Häuser bis Oktober 1996 saniert wurden. In der Nummer 10 ist das „Fallada-Haus“ zu finden. Eine Tafel erinnert an den Erzähler Hans Fallada, der von August 1930 bis November 1932 in dem Gebäude wohnte und hier seinen wohl bekanntesten Roman „Kleiner Mann, was nun?“ schrieb.

Eine Gedenkstätte oder ein Museum sucht man allerdings vergeblich. Wir durften jedoch mal einen Blick in das Haus werfen.

Stolz ist die Gemeinde auf die grüne Umgebung. Pferdesport, schon bedingt durch die Nähe der Hoppegartener Rennbahn, ist beliebt und auch für Anfänger zu betreiben. Eine Reihe von Pferdehöfen ermöglicht das Erleben der Welt auf dem Rücken von Pferden.

Nur eine schlichte Gedenktafel erinnert an die Wohnstätte Hans Falladas.

Nach dem Überqueren der Eisenbahngleise und der Brücke über das Neuenhagener Mühlenfließ gelangt man in das ehemalige Bollensdorf, das 1929 nach Neuenhagen eingemeindet wurde. Wie eine Zwiebel in mehreren Schichten aufgebaut, winden sich die Straßen nahezu ringförmig um den ehemaligen Ortskern.

In der Dorfstraße ist im nicht zu übersehenden Gebäude des Jugendclubs „Blaupause“ auch das Bürgerbüro zu finden, eine Einrichtung, die bei vielen Anliegen, die mit der Verwaltung zu klären sind, den Weg ins Rathaus erspart. Setzt man seinen Weg über die Schöneicher Straße fort, gelangt man zur Bundesstraße B1/B5, eine der Lebensadern der Gemeinde an der Peripherie Berlins.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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