Herr Pfarrer macht Theater!

Gar mancher Pfarrherr ist für starke Sprüche verschrien – damit wird das Volk ja schon seit Jahrhunderten von der Kirchenkanzel aus traktiert!Und wenn es dem Pfarrer dort zu eng wird? Kein Problem – zumindest in Ummendorf. Dort hat man sich mittlerweile daran gewöhnt, dass der Ortspfarrer Theater macht!Und zwar eben nicht in der schönen Kirche, sondern in der jahrhundertealten Burg. Die Dorfbewohner machen mit: Und so tanzen nunmehr seit sechs Jahren an die 50 Ummendorfer nach der „Pfeiffe“ des 50-Jährigen Geistlichen. Und Bürgermeister Reinhard Falke wacht wie ein Falke darüber dass alles klappt. Denn er ist in dieser Zeit der Regisseur über die 50 Laienschauspieler, die die Geschichten aus der Geschichte, die Pfarrer Gunther Hirschligau in ein Drehbuch verwandelt hat, nun umsetzen müssen. Wer an den Wochenenden 1/2. Juni und 16./17. August 2002 in der Gegend ist, sollte das „Ummendorfer Burgtheater“ nicht versäumen. Das ganze Jahr über kann die alte Burg mit dem interessanten Börde-Museum besichtigt werden. In letzterem findet sich das letzte Exemplar der früher so weit verbreiteten Dampfpflüge. Die ersten Versuche des Dampfpflügens in der Börde sind 1863 auf dem Vorwerk Blumenberg gemacht worden. Wenig später brach in der Börde-Ackerwirtschaft die Ära des Dampfpflügens richtig an. 1888 waren im Raum Magdeburg 84 dieser Kolosse registriert, 1908 bereits 92 und damit ein Viertel aller Dampfpflüge in Deutschland. Um die 40000 bis 70000 Reichsmark pro Pflug bezahlen zu können, schlossen sich viele Betriebe zu Dampfpfluggenossenschaften zusammen. Gebaut wurden die Dampfpflüge nicht nur im Ursprungsland England, sondern auch in Deutschland. Beispielsweise bei Rheinmetall in Berlin, in der Fowler-Niederlassung in Magdeburg oder bei der Firma Friedrich Dehne in Halberstadt.

Bis Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts bestimmten die dampfenden Ungetüme das Bild in der Landwirtschaft der Börde. 1965 verließ der letzte Dampfpflug die Börde-Äcker und steht jetzt im Museum. Di.-Fr. 9-17 Uhr, Sa.-So. 12-17 Uhr, Führungen nach Vereinbarung, Tel./Fax 039409/ 522Auch Neindorf, das ab Januar 2002 Ortsteil von Oschersleben ist, hat seine Erinnerung an das Dampfpflugzeitalter: Dort wundert sich so mancher über einen blauen Pflasterstreifen. Das ist kein Modegag. Vielmehr handelt es sich um Kopfsteinpflaster aus Blaubasalt. Es wurde verlegt, damit die schweren Pflüge nicht ständig die Straße zerstörten.Mit dem Jahreswechsel kommt übrigens noch Beckendorf in den Schoss von „Mutter Oschersleben“. Der kleine Ort bietet eine sehenswerte Kirche, ein nettes Dorfzentrum und einen Spielplatz, auf dem kleine Gäste stets willkommen sind. Irgendwie muss die Boderegion wohl mal zu den besonders beliebten Immobilienadressen gehört haben. Oder hatten die im Mittelalter oder früher dort nur einen besonders guten Wirtschaftsförderer? Jedenfalls, Burgen gibt es gleich mehrere in unmittelbarer Umgebung von Oschersleben. Und so können wir einen Ausflug auf den früheren Adelssitz in Wanzleben ebenfalls empfehlen. Dort begegnet man, wenn man Glück hat, Charschenau, Schumlau und Schmierlieb Kamm. Die historischen Figuren, dargestellt von Piet Letz und Gregor Schienemann, entführen die Zuschauer in die Vergangenheit und erzählen fiktive Geschichten von wirklich zur jeweiligen Zeit gelebten Personen. Hadmersleben mit seiner gut erhaltenen barocken Klosteranlage ist ebenfalls einen Besuch wert. Die Gründungsurkunde von 961 ist von König Otto persönlich unterzeichnet. Lange Zeit ging es mit dem Kloster aufwärts, bis zum Dreißigjährigen Krieg. Damals meinte General Baner als militärischer Nachfolger des kriegerischen Schwedenkönigs Gustav Adolf unbedingt, sich in die Annalen eingraben zu müssen. Seine Truppen zerstörten die Innenausstattung der Klosterkirche und liessen die Renaissance-Orgel gleich auch noch mitgehen. Wenig später, 1670, fielen weitere sieben Gebäude einem großen Brand zum Opfer. So dauerte es bis 1751, bis das Kloster in wiederauferstandener Schönheit blühte. Äbtissin Anna Margaretha Blume konnte ihre Nonnen in wunderschöne barocke Räume dirigieren. Das Kloster wurde im 19. Jahrhundert mehrmals verkauft. Ab 1885 gehörte es Ferdinand Heine, der ab 1889 dort die zu Weltruhm gelangte Hadmersleber Pflanzenzüchtung begründete. Seit 1995 gehört der Klosterbereich seinem Urenkel Ulrich von Neumann. Kloster und Klosterkirche beherbergen zahlreiche wertvolle Schätze. So wird das älteste Ausstattungsstück, ein romanischer Bronze-Türzieher von 1160, im Pfarrhaus gut aufbewahrt. Die originalgetreue Kopie kann man am Südportal der Kirche sehen. Seltenheitswert haben die Glasmalereien aus dem Jahre 1320 in den drei südlichen Maßwerkfenstern der Kirche. Oder der Tafeltisch, einziges Überbleibsel aus der Renaissance-Zeit. Der Mittelschrein des gotischen Schnitzaltars ist von unschätzbarem Wert.

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