Liebeserklärung an eine idyllische Stadt

Oschersleben? Klar, schon gehört! Kleines Städtchen mit spannender, auch wahrlich süßer Geschichte. Ich war aber noch nie da. Und entdecke deshalb mit besonders großen Augen das Örtchen an der Bode. Der erste Eindruck ist immer der beste? Fehlanzeige! Wenn man aus Wanzleben kommend in die Stadt fährt, hält sich die Begeisterung in Grenzen. Helle moderne Geschäftsgebäude – gut. Einfache, graue Einfamilien- und Mietshäuser, dazwischen sanierte Objekte – gut. Rechts der unansehnliche Rest eines nicht mehr eindeutig zu bestimmenden Objekts - nicht so gut. Also verlasse ich kurzentschlossen die Hauptstraße und biege links in die Anderslebener Straße ein. O Gott! Ich bete für mein Auto! Dafür, dass es nichts verliert, denn das Kopfsteinpflaster lässt es fröhlich vor sich hindonnern und spürbar von Stein zu Stein hoppeln. Glücklicherweise werde ich abgelenkt von einem, nein, ich träume nicht, von einem Flugzeug! Mitten im Park döst eine Tupolew vor sich hin. Das darin befindliche Café ist leider versperrt. Dabei hätte ich auf den Schreck einen Cognak gebrauchen können!So nutze ich den unfreiwilligen Stop für einen Spaziergang durch den Park und genieße die neugierigen Sonnenstrahlen, die sich durch die Baumkronen gedrängelt haben. Ich staune: So große, alte Laubbäume. Ulmen? Buchen? Linden? Alle Arten sind wohl dabei. Fröhliches Kindergeschrei holt mich aus der Überprüfung meiner Florakenntnisse. Der Kindergarten ist ein Teil der kleinen grünen Anlage. Gleich daneben lädt das Schauaquarium zum exotischen Entdecken ein. Feuchte Wärme schlägt mir entgegen. Darin fühlen sich ein Krokodil mehrere Schildkröten und ein Gecko wohl. Was da zirpt sind die bunten Frösche – die allerdings hochgefährlich sind: Die Pfeilgiftfrösche tragen ihren Namen nämlich völlig zu Recht. Und die Aquarien sind voller großer und kleiner Fische in allen erdenklichen Farben. Was Mutter Natur so alles erschaffen hat – faszinierend. Ist umwerfend faszinierend eine Steigerung? Dann trifft dies für das Riff-Aquarium zu. Ein buntes Gewirr von exotischen Fischen, die sich um pittoreske Korallen drängeln. Da kann man schon die Zeit vergessen. Aber ich will ja die Stadt erobern. Also, weiter! Rechter Hand lugt Klinkerarchitektur durch die Bäume. Schnell noch das Auto geholt und ab ins Stadt-Getümmel. Im Zentrum sind die Fußgänger die Könige. Für den motorisierten Untersatz wurden viele kleine Parkplätze rundherum eingerichtet. Wer die nicht nutzt, zieht sich schnell den Unmut der Ordnungshüter und ein Knöllchen zu. Darauf ein Stadtplan und die freundliche Aufforderung, demnächst doch auf den extra dafür eingerichteten Parkplätzen zu pausieren! Die Fußgängerzone Halberstädter Straße besticht mit sanierten Gründerzeit-Häusern, Fachwerksbauten und als Kontrast dazwischen einfachere Ackerbürgerhäuser. In vielen Gebäuden befinden sich kleine, einladende Läden, Kneipen und Cafés. Über allem thront die evangelische Kirche St. Nikolai mit ihren beiden mittelalterlichen Türmen. Geraderüber – das Rathaus. An Markttagen herrscht auf dem gerade fertiggestellten Marktplatz vor dem Rathaus emsiges Treiben. Wenn man schnurstracks die Halberstädter Straße in südlicher Richtung weiterläuft, landet man inmitten denkmalgeschützter Fachwerkhäuser, dem Nickelkulk. Ich höre die schwarzgetünchten oder braun gestalteten Balken Geschichten aus der Geschichte erzählen. Von zuckerrübenbeladenen Pferdefuhrwerken, die übers Pflaster klapperten, von Malzfabriken, Düngemittelwerken und Kohletransporten. Aufwendig wurden diese harzarchitekturtypischen Gemäuer restauriert. Nun geht es weiter die Halberstädter Straße stadtauswärts, vorbei am Heimatmuseum, über die Friedensstraße zur Bode. Am linken Ufer sorgen große Bäume für ein idyllisches Bild. Rechter Hand provozieren weite Börde-Felder weite Gedanken. Die Bode macht einen Knick nach rechts und verschwindet. Ich entscheide mich, wieder in Richtung Stadt zu laufen. Schweinegrunzen und Ziegenmeckern – der Tierpark. Für den Rückweg ins Zentrum lasse ich mir Zeit. Und stelle fest: Ich habe die Stadt ins Herz geschlossen. Carmen Krickau

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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