Blick in die Geschichte

Pfarrer auf Hebammen-Jagd

Dass Rüdersdorf heute eine derart breite Gesundheitsversorgung anbieten kann, ist ausgerechnet einem Pfarrer zu verdanken. Der wollte unbedingt, dass am Ort eine eigene Hebamme ist. Das war vor über 200 Jahren: „Der damalige Prediger Johann Büttner hatte sich dafür sehr stark ins Zeug gelegt. Sein Nachfolger Johann Mollius erreichte dann, dass die Bewerberin einen Ausbildungs-platz in der Charité bekam und stellte die Finanzierung sicher. Das Bergamt hat dafür die Kosten übernommen.“ Das erkundete Ortschronist Reinhard Kienitz beim Stöbern in Archiven und alten Kirchenbüchern. Schnell stellte sich wohl heraus, dass Kinder auf die Welt bringen nicht alles ist. So kam es, dass schon wenige Jahre später ein Arzt in die Gemeinde kam. „Ab 1808 hatte Rüdersdorf einen Knappschaftsarzt“, so Kienitz weiter. Offenbar war der Mediziner bald überfordert. Der Boom des Tagebaus brachte immer mehr Arbeiter in den Ort, die es zu versorgen galt. „Schließlich wurde 1860 ein Lazarett für Bergleute in Betrieb genommen.“ Nochmals fast 50 Jahre dauerte es, bis Rüdersdorf dann ein richtiges Krankenhaus bekam. 1909 wurde der Neubau mit etwa 50 Betten in der Frankfurter Chaussee eröffnet. Träger war ein Zweckverband der Gemeinden Rüdersdorf, Kalkberge, Tasdorf, Woltersdorf, Herzfelde und Hennickendorf.
Schon bald platzte dieses Krankenhaus erneut aus allen Nähten. Ein An- und Erweiterungsbau erhöhte die Kapazität um mehr als das Doppelte: Jetzt waren 125 Betten verfügbar. Leider existieren von diesem ersten Rüdersdorfer Klinikum nur noch Fotos: „Es wurde 1968 außer Dienst genommen, als der Krankenhaus-Neubau am Kalksee in Betrieb ging. Erst wurde das Gebäude für Fremdarbeiter im Tagebau genutzt, schließlich fiel es einer Brandstiftung zum Opfer“, hat Kienitz weiter recherchiert. Heute hat Rüdersdorf ein in der ganzen Region gefragtes Krankenhaus, eine Reha-Klinik und ein ungewöhnlich breites Netz von Arztpraxen. Und das alles, weil ein Pfarrer vor 200 Jahren unbedingt eine Hebamme haben wollte!

Nach dem Anbau waren 125 Betten verfügbar.

Ein Zweckverband der Gemeinden sorgte für das Krankenhaus.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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