Bunt und gemütlich

Dunkle Rauchwolken steigen auf in den Wernigeröder Himmel. Die Feuerwehr stört sich nicht daran und der Besucher findet diese Art der „Umweltverschmutzung“ bald schon romantisch. Denn Verursacher ist die nostalgische Harzer Schmalspurbahn, die quer durch die Stadt rattert.

Unser Stadtrundgang geht vom Bahnhof aus, die Rudolf Breitscheid Straße entlang, vorbei an Kreisverwaltung, Arbeitsamt und Amtsgericht bis zur Breiten Straße. Linker Hand befindet sich ein großer Parkplatz, von dem eine kleine Bahn zum Schloß fährt. Rechts geht es direkt in die Altstadt. Hier findet man mehrere Erklärungen für den Beinamen „Bunte Stadt am Harz”. Einmal fallen die farbenfroh verzierten Fachwerkhäuser auf, die oft das blau-weiße Denkmalschutzzeichen tragen. Zum anderen ist es das bunte Treiben in der Straße, in der sich Laden an Laden reiht.

Wohl fast jedes Haus, jede Fassade, könnte Geschichten erzählen. So beispielsweise das Gebäude in der Breiten Straße 71. Bauherr war damals, 1696, ein Seifensieder. Heute bewundert man daran den Übergang von der schlichten Renaissance zum Manierismus. Besonders beeindruckend sind die geschnitzten Verzierungen in den Balken des Fachwerks und an den Balkenköpfen.

Wenn es um die Verzierungen geht, dann ist das Haus schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite, das Krummelsche Haus von 1674, erst recht eine Sehenswürdigkeit. Oder die Krellsche Schmiede, die sich seit der Sanierung von 1996 in neuem alten Glanz zeigt. Auffallend ist der Pferdekopf in der ersten Etage.

Das Café Wien in der Breiten Straße 4 erinnert an die Geschichte Wernigerodes als Kaufmannsstadt. Kurz vorher hat man den Nicolaiplatz passiert, wo man neben der Polizei auch die Touristinformation findet.

Jetzt sind es nur noch ein paar Schritte bis zum legendären Marktplatz mit dem weit über die Grenzen Wernigerodes bekannten Rathaus. Es hat etwas von einem Märchenschloß. Romantische Spinnerei? Der Reporter streitet nicht und empfiehlt stattdessen: Selbst hinfahren und dann einfach nur ehrlich sein. Kommt dann ein glückliches Brautpaar die Treppe herunter – dann ist es sicher ein Märchenschloß.

Ursprünglich war das Gebäude „Spelhus“ und bot von 1277 an dem fahrenden Volk, wie es Tänzer, Musikanten oder Gaukler waren, Auftrittsmöglichkeiten. Hier spielte sich das öffentliche Leben ab, Hochzeiten fanden ebenso statt wie Gerichtsverhandlungen. Nicht jeden Tag also vermittelte man hier den Eindruck eines Märchenschlosses.

Und heute? 1544 baute man das Gebäude endgültig zum Rathaus um, restaurierte es 1993 und bietet nun dem kundigen wie dem unkundigen Betrachter eine Vielfalt an Details, die allein schon einen Besuch der Stadt lohnt. Natürlich hat das Gebäude über die Jahrhunderte zahlreiche Umbauten und Veränderungen erfahren. Nun gilt es wieder als eines der schönsten Rathäuser Europas – und das zu Recht.

Dahinter gelangt man zum Ursprung der Stadt, zum Klint. Hier finden sich zahlreiche historische Gebäude, viele von ihnen derzeit in der Sanierung wie das Harzmuseum und die Sylvestrikirche.

Über die Johann Sebastian Bach Straße vorbei am Kleinsten Haus biegen wir links in die Büchtingenstraße ein und erreichen die Liebfrauenkirche. Die ehemals romanische Kirche verfügte ursprünglich über zwei Türme. Sie wurde im 13. Jahrhundert errichtet, fiel allerdings dem Stadtbrand von 1751 zum Opfer.
Ab 1762 wird das Kirchenschiff neu erbaut, der Turm im neogotischen Stil kommt 1890 dazu.

Durch die Burgstraße vorbei an malerischen Fachwerkbauten geht es weiter in Richtung Breite Straße. Dabei kommt man, biegt man in die Steingrube ein, an einer weiteren Sehenswürdigkeit der Stadt vorbei, der alten Feuerwache. Genau hinschauen muß man schon, denn das Gebäude steht etwas versteckt. Dafür beherbergt es eine historische Sammlung zur Wernigeröder Feuerwehr, die allerdings nur zwei Mal in der Woche oder nach Vereinbarung für kurze Zeit geöffnet ist.

Nach einigen Schritten ist man wieder auf der „Einkaufsmeile“ Breite Straße und mithin am Start der Mini-Stadt-Tour. Ein guter Tipp für einen schönen Tag ist übrigens ein Besuch im reizvollen Wildpark Christianental.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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