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Sie wird gern mit Superlativen bedacht, als große Dame der Keramik bezeichnet. Doch diese Art Bewunderung hat sie gar nicht nötig, sprechen ihre Persönlichkeit und ihr Werk doch für sich.
Die Rede ist von der alten Frau mit den jungen Augen und einer Ausstrahlung, der man sich wohl nicht entziehen kann, die Rede ist von Hedwig Bollhagen, die ganz in der Nähe von Hennigsdorf, in Marwitz, lebt und arbeitet.
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Wie sind Sie zur Keramik gekommen?
Hedwig Bollhagen: Schon als Kind hatte ich für Keramik eine besondere Vorliebe. So sammelte ich als kleines Mädchen getöpfertes Puppengeschirr. Da war natürlich noch nicht an meinen zukünftigen Beruf zu denken. Später sah ich einmal, wie ein Topf auf der Töpferscheibe gedreht wurde. Das hat mich fasziniert, ist es doch für einen Laien fast so etwas wie Zauberei. Da war ich dann sehr überzeugt, so etwas selbstmachen zu wollen.
Was reizt Sie heute, immerhin mit 91 Jahren, das darf man wohl verraten, immer noch daran, zu arbeiten?
Hedwig Bollhagen: Seit 65 Jahren habe ich meine eigene Werkstatt. Ja und die gesamte Zeit gibt es mich hier. 1972 wurden wir als Firma verstaatlicht, wurden Teil der Steingutfabrik Rheinsberg. Später arbeiteten wir für den staatlichen Kunsthandel, für den Verkauf in Galerien. Auch in dieser Zeit leitete ich den Betrieb.
Nach der Wende gehörten wir zur Treuhand. Und es kamen viele Freier, wie ich sie nenne, die uns helfen wollten. Birgit Breuel hatte viel Verständnis und Interesse an uns und so konnte unser Start in die Marktwirtschaft gefördert werden. Ja, und nun bin ich immer noch hier, bin künstlerische Leiterin des Betriebes. Für die kaufmännischen Angelegenheiten habe ich mir einen Geschäftspartner gesucht.
Was macht Ihre Kunst so unverwechselbar?
Hedwig Bollhagen: Das Geheimnis liegt wohl darin, daß die Gebrauchskeramik, die ich mache, klare Formen hat, zweckmäßig ist und dadurch auch zeitlos schön. Ähnlich ist es mit den Dekoren. Die Muster sind einfach und dadurch nicht lästig und nie unmodern. Ich habe mich nie an aktuellen Trends orientiert, sondern das Einfache vervollkommnet. Einige Formen und Dekore sind noch in unserer Kollektion, die ich 1934 entworfen habe. Das heißt nicht, daß ich faul war, sondern diese Dinge sind immer wieder gefragt.
Was hat Sie in Ihrem Leben jung gehalten?
Hedwig Bollhagen: Das weiß ich auch nicht.
Haben Sie Kinder?
Hedwig Bollhagen: Nein, ich habe keine Kinder. Dazu war nie Zeit. Entweder man baute seinen Betrieb auf oder gründete eine Familie. Das war die Entscheidung.
Worauf sind Sie in Ihrem Leben besonders stolz?
Hedwig Bollhagen: Ich freue mich, daß ich über all die Jahre arbeiten konnte und sich alles so einigermaßen entwickelt hat und es auch nach der Wende gut voranging. Es macht auch ein bißchen stolz, daß wir mit unserem zweiten Standbein neben der Gebrauchskeramik, nämlich der Baukeramik, im Rahmen der Denkmalpflege an solchen Objekten arbeiten konnten wie dem Kloster Chorin oder jetzt an der Friedrichwerderschen Kirche in Berlin.
Was ärgert Sie an sich und anderen Leuten?
Hedwig Bollhagen: An anderen ärgert mich Unaufrichtigkeit sehr. Da bemüht man sich schon, nicht selbst auch so zu sein. An mir ärgert mich, daß ich Französisch und Englisch nie gelernt habe und nicht sprechen und verstehen kann. Französisch ist einfach eine schöne Sprache und Englisch braucht man ja heute fast überall.
Was ist Ihr größter Wunsch?
Hedwig Bollhagen: Ich möchte gerne, daß es mit dem Betrieb weitergeht, auch wenn ich abgekratzt bin, daß die Leute hier ihre Arbeit behalten und weitermachen können. Es wäre auch schön, wenn etwas von meiner Art der Keramik weiterlebt, auch wenn nach mir andere kommen und sich sicher auch der Stil verändern wird.
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