Wie das Prunkstück
der Ausstellung gerettet wurde

Dass Hennigsdorf ein eigenes Stadtmuseum hat, ist in großen Teilen dem Engagement und der Finesse eines schlitzohrigen Sachsen zu verdanken.

Während woanders an der Kultur der Rotstift angesetzt wird, schaffte er es mit großer Beharrlichkeit, dafür zu sorgen, dass in der krisengeschüttelten Stahlstadt nach der Wende exakt für diesen Sektor Mittel im Haushalt angesetzt wurden.

Die Rede ist von Ullrich Jainz. Er empfängt mich in seiner „Werkstatt“ im Alten Rathaus. Freudestrahlend und kettenrauchend, zwischen Lenin-Büste, Stapeln von Papieren und allen möglichen und unmöglichen Gegenständen und Utensilien der letzten hundert Jahren.

So zufällig, wie seine Exponate zusammenstehen, so unplanmäßig verschlug es den gebürtigen Dresdener zu DDR-Zeiten nach Hennigsdorf: „Ich wollte eigentlich in Potsdam studieren, hatte aber etwas Zeit zu überbrücken. Also bewarb ich mich im Stahlwerk!“

Und als der kreative Chaot sich ausgestattet mit dem taufrischen Grafiker-Diplom in Hennigsdorfs Stahlwerk zurückmeldete, bekam er gleich einen Job: Als „Planpropagandist“, ausgerechnet! Aber was soll’s, für Jainz bedeutet dies die Möglichkeit, „Kulturarbeit“ zu machen: Ausstellungen, Veranstaltungen, eben vieles, was der Partei recht und den Werktätigen billig war.

Ullrich Jainz ist es zu verdanken, dass Hennigsdorf heute ein Stadtmuseum hat.

Die Wende, die fand er durchaus richtig, aber dass nun alles schlecht gewesen sein soll, was vorher war? Nein, das Zeug zum Wendehals hatte Jainz nicht. Im Gegenteil: „Auch dieser Teil der Geschichte soll dokumentiert werden“, nahm er sich vor. Die Idee zum Stadtmuseum Hennigsdorf war geboren.

Exponate fanden sich überall, und notfalls setzte Ullrich Jainz allerlei Finessen ein, um Wertvolles vor den zugreifenden Wessis zu retten. Etwa das einzige Messingmodell der Walzstraße des Stahlwerks. Sage und schreibe 80 000 Mark wollten Interessenten dafür aufbringen. „Da war mir klar, dass Handeln nötig war. Denn bei solchen Summen sagt man nicht so leicht nein!“ Und so war das teure Stück ganz plötzlich unauffindbar.

Welch ein Glück, dass dann bei der Museumsgründung die verschollen geglaubte Walzstraße wie Phönix aus der Asche wieder auftauchte: Hatte sie doch unbeschadet die Wirren der Wende in einem verstaubten Kellereck verbracht. Welch ein Zufall! Heute ist das umkämpfte Messingmodell ein Prunkstück der Ausstellung im Stadtmuseum im Alten Rathaus.

Dort erhält man einen interessanten Überblick über die Entwicklung des Orts vom Fischerdorf zum heutigen Technologiestandort. Im Keller, wo sich das Archiv befindet, treffe ich dann noch die tatkräftige Unterstützung des „Leiters der Ständigen Ausstellung zur Geschichte der Stadt Hennigsdorf“. Für das richtige Bild an der richtigen Stelle sorgt hier Doris Schäfer als Leiterin der Stadtbildstelle.

Stadtmuseum Hennigsdorf
Altes Rathaus • Hauptstraße 3
Tel. 0 33 02/ 87 73 13 • Di. & Do. 10 -16 Uhr

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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