Eine Schule sitzt auf Umzugskartons

Ausländer willkommen

Ausländer willkommen – die Albert Schweitzer Gesamtschule macht ihrem Namensgeber alle Ehre. Denn in ihren Räumen fühlen sich Jugendliche aus so unterschiedlichen Ländern wie Iran, Irak, Afganistan, Libanon, Kongo, der Türkei oder dem Kosovo pudelwohl!
„Neben den Kindern aus dem Asylbewerberheim haben wir außerdem viele Jugendliche, die als Spätaussiedler mit ihren Eltern aus Russland, Kasachstan und der Ukraine kommen“, beschreibt Sybille Kutschke-Stange das „Völkergemisch“ an ihrer Schule. Die Hennigsdorferin steht seit zehn Jahren der Albert Schweitzer Gesamtschule vor und sagt von sich selbst: „Mein Beruf ist mein Hobby!“ Das darf man ihr glauben, denn viel Freizeit hat sie sicher nicht: Neben der Schulleiter-Tätigkeit unterrichtet sie selbst noch Englisch.
Öffentlich bekannt wurde sie durch ihren Einsatz für ihre Schule. „Das Land Brandenburg hatte verfügt, dass Sekundar-Schulen in die Obhut der Landkreise übergehen. Wir wollten aber eine städtische Schule bleiben!“
Sybille Kutschke-Stange konnte Hennigsdorfs Bürgermeister Andreas Schulz überzeugen und setzte sich schließlich durch. Für Hennigsdorfs leeren Stadtsäckel bedeutet das eine erhebliche Belastung: Denn die vierzig Jahre alte Schule muss grundsaniert werden und bekommt eine neue Turnhalle. Dafür müssen nun 7,5 Millionen Euro aufgewendet werden! Deshalb sitzen Sybille Kutschke-Stange, ihre 36 Lehrer und die insgesamt über 400 Schüler nun auf gepackten Koffern, um gleich nach der Ausgabe des Halbjahreszeugnisses im Februar 2005 für eineinhalb Jahre provisorisch in die leerstehenden Räume der früheren Diesterweg-Schule zu ziehen. „Die ist viel kleiner, da müssen wir zusammenrücken. Aber irgendwie werden wir es schaffen“, ist die Schulleiterin optimistisch.
Die Albert Schweitzer Schule ist in vielen Punkten anders als andere Schulen. „Wir sind uns bewusst, dass die Schule ein geschützter Lebensraum ist, eine Art Elfenbeinturm. Wenn die Jugendlichen dann in die Wirklichkeit des Berufslebens stoßen, kommen sie plötzlich in eine ganz andere Welt. Für die Jugendlichen ist das oft ein Schock, für die Betriebe ein Problem. Um diese Situation abzufedern, besuchen unsere Schüler der neunten Klasse jeweils einen Nachmittag in der Woche örtliche Firmen. Das wollen wir nun auch in den zehnten Klassen zusätzlich zu den Praktikas anbieten“, so die Schulleiterin.
Möglich ist dies, weil die Albert Schweitzer Gesamtschule bereits seit 1996 eine Ganztagsbetreuung durchführt. „Damals sprach noch niemand davon, heute fordert die Politik dies von den Schulen“, verweist Sybille Kutschke-Stange darauf, dass man in Hennigsdorf schon immer der Zeit ein wenig voraus war. Das trifft auch auf das soziale Engagement zu: „Wir sind ein Schmelztiegel, wo Jugendliche aus unterschiedlichen Verhältnissen zusammenkommen. Viele bringen die Probleme von zu Hause in die Schule mit.“ Deshalb gibt es mit Regina Schmidt eine Sozialarbeiterin, bei der man sein Herz ausschütten kann und die bei Bedarf in die Familien kommt, um zu helfen, Konflikte zu lösen. Dennoch gibt es Problemfälle wie Schulverweigerer oder Jugendliche, die notorisch stören oder sich aus dem Schulleben ausklinken.
„Wir haben ebenfalls als Modellversuch Kleinklassen mit nur 15 Schüler eingerichtet, die hier einwirken sollen“, nennt die Schulleiterin einen Lösungsansatz. Wenn alles nichts hilft, wird auch mal unkonventionell gehandelt. Etwa am Beispiel einer Schülerin aus der neunten Klasse: „Sie hatte eine unüberwindliche Aversion gegen die Schule. Also fanden wir zusammen mit dem Jugendamt eine Möglichkeit, sie in ein Praktikum zu vermitteln. Zwar hat sie nun keinen Abschluss, aber den hätte sie auch nicht geschafft, wenn wir sie auf die Schulbank gezwungen hätten.“ Um ein Haar wäre Hennigsdorf zu einem berühmten Radrennsportler gekommen: Denn Sybille Kutschke-Stanges Sohn wechselte von der Albert Schweitzer Gesamtschule auf die Sportschule in Frankfurt/Oder und trainierte dort mit den heutigen Radsport-Stars Erik Zabel und Jens Fiedler. „Die gingen bei uns ein und aus!“
Allerdings hielt Kutschke-Stange junior dem Radsport nicht auf Dauer die Stange und tauschte die harten Fahrrad-Stangen gegen den gepolsterten Sessel seiner Steuerkanzlei ein...
Infos Tel. 03302/224091

Ausländer sind willkommen, Mashad und Gana fühlen sich sichtbar wohl.

Schulleiterin Sybille Kutschke-Stange sitzt auf gepackten Kisten – für die Phase der Sanierung wird ihre Schule in das Gebäude der früheren Diesterweg-Schule verlegt.

„Wer hilft beim Umzug?“ Da lassen sich die Schüler nicht lange von Sybille Kutschke-Stange bitten!

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Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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