Die Gemeinden aus Sicht der Bürgermeister

Noch sind es elf Gemeinden, die zum Amt Märkische Schweiz gehören. Geht es nach den Plänen der Landesregierung, werden ihnen mit der Gebietsreform neue Strukturen einfachübergestülpt. Wie aber sehen die Bürgermeister ihre Gemeinden, worauf sind sie stolz und was könnte ihnen den Magen umdrehen. Das wollte Reporter Klaus Zahn erfahren.

Bollersdorf
Herbert Mahlzahn (67, Foto links), parteilos, An der Weißen Taube 5, 15377 Bollersdorf, Tel. 033433/833
Die Gemeinde Bollersdorf mit dem Ortsteil Pritzhagen hat sich gut entwickelt. Die Wege und Straßen sind weitestgehend saniert. Der kommunale Wohnungsbestand von 28 Wohneinheiten ist modernisiert. Besonders stolz sind wir darauf, dass wir unsere Kindereinrichtung erhalten konnten. Da wir wenig Arbeitsplätze haben, ist es natürlich schwer, junge Leute zu binden. Der Tourismus hat sich nicht wie erwartet entwickelt. Zwar haben wir ein Hotel und eine Gaststätte, in Pritzhagen einen Reiterhof und ein Restaurant mit Pension, doch die Besucher bleiben aus. Ganz großen Ärger erzeugt die Arroganz der Politiker, mit der sie sich über die Köpfe der Menschen hinwegsetzen und uns eine Gemeindegebietsreform aufzwingen. Aber wir werden uns fügen müssen,ähnlich wie beim Kita-Gesetz, wo 150000 Unterschriften dagegen einfach vom Tisch gewischt wurden.

Rehfelde
Arno Neumann (66), parteilos, für FDP, Bahnhofstraße 35, 15345 Rehfelde, Telefon 033435/76963
Ich bin seit 1979 mit einer Unterbrechung in der ersten Wahlperiode nach der Wende Bürgermeister in Rehfelde. Wir haben in den letzten Jahren in Schule und Kindergarten viel investiert. Die „neue“ Schule und die Kita haben ein neues Dach bekommen. Das zweite Computerkabinett ist komplett mit neuem Mobiliar und Technik ausgestattet worden. Die Fachkabinette Chemie und Physik sind auf den neuesten Stand gebracht worden. In diesem Jahr wird das Fachkabinett für Biologie folgen. Im Januar 2001 haben wir einen neuen Jugendclub eingeweiht. Unser Hauptprobelm sind die 70 Kilometer unbefestigter Straße und Wege. Erfreulich ist unsere Attraktivität: In den letzten Jahren sindüber 400 neue Einfamilienhäuser entstanden. Die Bevölkerung stieg von 2150 auf 3450 Personen.

Ihlow
Lars Spangenberg (39), parteilos, Ringstraße 14, 15377 Ihlow, Tel. 033437/89789
Ihlow ist einer der ältesten Orte der Region, die Kirche stammt aus dem 13. Jahrhundert. Der Ortskern mit seinen Dorfteichen, Alleen und Feldsteinhäusern ist gut erhalten. So gilt Ihlow als eines der schönsten Dörfer des Landes. Weder Kriege noch DDR noch die schönen Bau- und andere Märkte haben es geschafft, dies zu ändern. Darauf beruht auch der Stolz der Einwohner. Hier ist nichts DIN-genormt, die Straßen sind nicht versiegelt. Es ist eben noch ein Dorf. Dies wirdübrigens auch in der Erhaltungssatzung, die sich die Bürger selbst gegeben haben, festgelegt. Es geht darum, dorftypische Wirtschaft zu entwickeln und das kulturelle Leben anzukurbeln. Wichtig wäre uns der Erhalt der Eigenständigkeit der Gemeinde. Die geplante Gemeindegebietsreform würde unseren Elan lähmen und weiteres Engagement sinnlos und fast unmöglich machen.

Zinndorf
Klaus Knape (72), parteilos, Siedlerstraße 2, 15345 Zinndorf, Tel. 033435/632
Die Gemeinde wird durch die Landwirtschaft geprägt. Außer dem Landhandel gibt es bei uns leider keine Einkaufsmöglichkeiten. Auch eine Busverbindung, außer dem Schulbus, fehlt. Der Straßenbau war in letzter Zeit wichtiges Thema. Heute sind etwa 98 Prozent der Straßen befestigt. Bis auf Heidekrug und Mittelweg ist auch die Straßenbeleuchtung erneuert. In unseren vier kommunalen Wohnungen wurden Heizung und Fenster modernisiert. An der Kita wurden Dach, Fenster und Fassade repariert. Sehr ärgerlich ist die geplante Gemeindegebietsreform. Die bringt doch nichts. Wir ärgern uns auch sehr über die Raserei auf der Durchgangsstraße. Mit der Straßenmeisterei liegen wir im Streit um die Zuständigkeit für die Straßenbäume. Und was uns nochärgert, sind die zu geringen Finanzen für die Jugendarbeit.

Grunow-Ernsthof
Manfred Milke (53), parteilos, amtierend, Ringstraße 2, 15377 Grunow-Ernsthof, Tel. 033436/35013
Unsere Gemeinde zeichnet sich durch viel Platz aus. Die Grundstücke liegen weit auseinander. Unsere Straßen wollten wir schon lange sanieren, aber wir haben dafür nie Fördermittel bekommen. Nun wollen wir mit Eigenmitteln in der Mittelstraße beginnen. Die Bushaltestellen und die Straßenbeleuchtung sind schon erneuert. Das ehemalige Schulgebäude in Grunow wurde renoviert, so dass es jetzt für die Feuerwehr und für Veranstaltungen zur Verfügung steht. Ab 2002 werden wir wahrscheinlich auf freiwilliger Basis gemeinsam mit Ihlow, Klosterdorf und Bollersdorf die neue Gemeinde Märkische Höhe bilden. Wir hoffen nur, dass die Gemeinden ihr Geld behalten und für sich ausgeben dürfen.

Garzau
Jana Hamich (31), parteilos, Alte Heerstraße 54, 15345 Garzau, Tel. 033435/324 oder 75110
Garzau ist ein sehr kleiner Ort mit nur etwa 290 Einwohnern und einem sehr guten Zusammenhalt zwischen den Bewohnern. Mit dem nun erfolgten Abwasseranschluß in der Rehfelder Straße sind jetzt fast alle Häuser an dasöffentliche Kanalnetz angeschlossen. Außerdem leisteten wir uns ein eigenes Gemeindefahrzeug, das von der Feuerwehr oder für Gemeindeveranstaltungen, Kinderfeste und Seniorenausflüge genutzt wird. Die neue Gemeindegebietsreform bedeutet, dass wir die Selbstständigkeit verlieren. Wir werden dann sicher noch weniger Geld haben, denn das wird dann künftig „von oben“ verteilt. Darüber freut sich bei uns niemand!

Klosterdorf
Lothar Arndt (49), parteilos, Straße des Friedens 31, 15345 Klosterdorf, Tel. 03341/215919
Klosterdorf ist über 750 Jahre alt. Wohnten zur Wendezeit etwa 380 Leute hier, sind es heute mehr als 460. Zwei Drittel der kommunalen Straßen wurden erneuert. In diesem Jahr wird der nächste Bauabschnitt realisiert. Die Straßenbeleuchtung ist komplett neu. Der Reiterhof macht Klosterdorfüber seine Grenzen bekannt, nicht zuletzt durch die Reitturniere. Nach jahrelangem Kampf haben wir nun ein großes Bebauungsgebiet genehmigt bekommen. Da sollen 450 Wohneinheiten entstehen. Stolz sind wir, dass wir dank des Engagements der Eltern unsere Kindereinrichtung erhalten konnten. Leider gibt es auch Wermutstropfen. Nach der Wende haben sämtliche Versorgungseinrichtungen geschlossen. Das größte Ärgernis allerdings ist die Gemeindegebietsreform. Alles was wir mühevoll aufgebaut haben, wird zerstört.

Werder
Heide von Bockelberg (65), parteilos, Dorfstr. 13, 15345 Werder, Tel. 033435/248
Werder ist ein Wohnort zum Wohlfühlen. Hier greifen sich die Nachbarn noch unter die Arme. Veranstaltungen wie das jährliche Dorffest, die Seniorenweihnachtsfeier oder das Maifeuer zeugen vom Zusammengehörigkeitsgefühl. Eine entscheidende Rolle in unserem Dorfleben spielt die Feuerwehr. Wahrzeichen des Orts ist die Kirche aus dem 13. Jahrhundert, die 1987 nach der Restaurierung wieder eingeweiht wurde. Besonders stolz sind wir auf die neue Straßenbeleuchtung und auf die Erneuerung von zwei Dritteln der alten Dorfstraße. Der Rest wird Stück für Stück in Ordnung gebracht. Werder wurde 1309 zum ersten Mal erwähnt. Das heißt, die 700 Jahrfeier steht bald ins Haus. Das bedeutet, dass da noch an einigen Ecken und Gebäuden erhebliches zu tun ist.

Buckow
Dr. Hans-Ulrich Schulze (68), parteilos, Hauptstraße 1, 15377 Buckow, Tel. 033433/65918
Buckow strebt die staatliche Anerkennung als Kneipp-Kurort an. Nach umfassender Rekonstruktion der technischen Infrastruktur wie Wasser, Abwasser, Strom und Gas sowie der Rekonstruktion des Strandbades, durch Straßenbau im Brecht-Viertel sowie Wanderkurwegebau geht es jetzt um systematische Fortschritte bei der Sanierung des Stadtzentrums. Die Mühle und das ehemalige FDGB-Heim an den Ortseingängen sind keine gute Visitenkarte. Die Probleme liegen in ungeklärten Eigentumsverhältnissen und mangelnder Finanzkraft. Trotz allem haben wir uns allerhand vorgenommen. So wollen wir die touristische Infrastruktur im Kursondergebiet Lindenstraße rekonstruieren. Weiteres Vorhaben sind die Umnutzung und der Ausbau des ehemaligen Schulhortes in der Lindenstraße zu einem Kneipp’schen Therapie- und Seminarzentrum.

Waldsieversdorf
Manfred Werner (65), PDS, Dahmsdorfer Straße 2b, 15377 Waldsieversdorf, Tel. 033433/57748 u. 720
Waldsieversdorf ist der einzige staatlich anerkannte Erholungsort im Landkreis. Leider steht das nach der Wende privatisierte Sanatorium leer. Früher war der Ort Anziehjungspunkt für Künstler. So wohnte John Hartfield bei uns. Wenn die Eigentumsverhältnisse endlich geklärt sind, soll sein Sommerhaus als Museum über ihn informieren.Mittlerweile sind alle Straßen saniert, Wanderwege wurden ausgebaut. Das „Volksbad“, soll ein Strandcafé erhalten. Im ehemaligen Wasserwerk wird eine Heimatausstellung eröffnet. Hinter unserem Festplatz wird ein Stellplatz für Wohnmobile und ein Campingplatz geschaffen. Unser Jägerfest am ersten Juli-Wochenende ist weithin bekannt. Leider konnten wir die Sanitäranlagen des Sportplatzes nicht sanieren, weil die Mittel gestrichen wurden.

Garzin
(amtierend) Herbert Grabert (52), parteilos, Dorfstraße 15, 15345 Garzin, Tel. 033435/250
Garzin mit seinen Ortsteilen Liebenhof und Bergschäferei beherbergt etwa 225 Einwohner und liegt landschaftlich in einer sehr schönen Gegend. Leider ist bei uns die Arbeitslosenquote sehr hoch. Tourismus gibt es fast nicht. Einige Leute bleiben im Sommer zwar zum Baden am See, aber die meisten fahren weiter nach Buckow. Beliebt ist unser jährliches Strandfest mit Blasmusik, Neptunfest, Tanz, Disco und so weiter. Wir hoffen auf einen weiteren Ausbau des Radweges R1 zwischen Garzau und Garzin. In diesem Jahr soll die Feuerwehr ein neues Domizil vom Amt bekommen. Stolz sind wir auf den als Feuerwehr umgebauten Trabi, der auf keinem Fest fehlen darf. Ja, und dann ist da noch die geplante Gemeindereform. Die liegt uns doch einigermaßen im Magen. Dreihundert Jahre waren wir selbständig. Nun auf einmal soll das anders werden.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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