Im Brechthaus war Brecht nur Gast

Nicht überall, wo Brecht draufsteht, ist oder war Brecht wirklich so richtig drin! Dieseüberraschende Erfahrung mußte unser Reporter beim Besuch im Buckower Brecht-Weigel-Haus machen!
Denn was den Besuchern als Lebensraum von Bert Brecht und seiner Mutter Courage, Helene Weigel, heute vorgeführt wird, hat mit Brechts privaten Räumlichkeiten am Schermützelsee nur am Rande zu tun. Zu besichtigen ist nämlich nur eines der beiden Gebäude, die Bertolt Brecht 1952 pachten konnte. Der Fabrikantensohn aus dem schwäbisch-bayrischen Augsburg, der das Theater mit seinen kritischen Stücken und der teilweise revueartigen Präsentation revolutioniert hatte, war damals in der DDR als großer Star gefeiert worden. Die Staatsführung unter Walter Ulbricht hatte Brecht mit dem Angebot eines eigenen Theaters, dem heute noch bestehenden „Berliner Ensemble“ am Schiffbauerdamm, dazu gebracht, sein amerikanisches Exil gegen den wenige Jahre zuvor gegründeten zweiten deutschen Staat einzutauschen. An sich wäre Brecht ja gerne in Amerika geblieben, wohin er vor den Nazis geflohen war. Doch die mit dem kalten Krieg einsetzende „Kommunisten-Verfolgung“, initiiert durch den republikanischen Senator Joseph McCarthy, zwang Brecht wie so viele andere Intellektuelle, darunter Stefan Heym, das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ aber mit plötzlich sehr begrenztem Horizont, wieder zu verlassen. Die DDR-Führung wollte sich großzügig geben und überließ Brecht und Weigel ein Grundstück in Buckow. Was allerdings mit etlichen Beschwerden verbunden war: So benötigte er eine Sondergenehmigung, um seine Reiseschreibmaschine dorthin zu befördern. Das „Gärtnerhaus“, in dem Bertolt Brecht tatsächlich wohnte, kann man heute ausgerechnet nicht besichtigen: Der Grund: Es befindet sich mittlerweile im Privatbesitz der Brecht-Erben!
Das zur Besichtigung freigegebene sogenannte Brecht-Weigel-Haus hatte ursprünglich den Charakter eines Gästehauses. Schließlich traf sich in Buckow damals die intellektuelle Elite der jungen DDR bei Brechts. Darunter waren viele linksorientierte Künstler aus der Weimarer Republik, die Nazi-Greuel und Stalin-Terror überstanden hatten. Zu sehen ist im Brecht-Weigel-Haus enttäuschend wenig für den Eintrittspreis: Das Speisezimmer mit seinem Riesen-Tisch war Treffpunkt für Freunde und Mitarbeiter und ist der einzige Raum im Haus, in dem sich noch Originalmobilar befindet.
Das Bootshaus im Garten, das nie eines war, beherbergt eine Ausstellung zu Helene Weigel und ihrem Weg als Schauspielerin und damit auch zur Geschichte des Berliner Ensembles, und ist schon fast der interessantere Teil. Hier steht der Planwagen, den Mutter Courage alias Helene Weigel bei der Premiere des weltberühmten Schauspiels 1949 über die Bühne des Deutschen Theaters in Berlin zog.
Klaus Zahn

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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