Auf den Spuren von Buckows Prominenz

Illustre Gäste vom Kaiser bis zu Gregor Gysi

In der Pension Saß wohnte Lord Ralf Dahrendorf.

Die Kneipp-Becken sollen vom Schlosspark wieder weichen.

Die Liste der Prominenten, die sich in Buckow trafen, die hier feierten, sich liebten, manche Intrige schmiedeten oder sich schlichtweg erholten, ist riesenlang. Kaiser und Zaren, Künstler und Sportler, Politiker und Wissenschaftler, sie alle zog es nach Buckow.
Dabei war der Kontrast zwischen den Besuchern denkbar groß: So fanden sich linke Intellektuelle wie der „Rasende Reporter“ Egon Erwin Kisch, John Heartfield als Begründer der politischen Collage, Bertholt Brecht und seine Frauen und Freunde, Professor Hermann Budzislawski als Herausgeber der Neuen Weltbühne nur wenige Schritte entfernt von Orten, wo beispielsweise der greise Reichspräsident Paul von Hindenburg mit Ex-Reichskanzler Franz von Papen die Machtübernahme der Nazis auskungelte. Während die Welt ganz allmählich zu brennen begann, dirigierte Paul Lincke in aller Ruhe das Buckower Kurorchester. Als das Feuer bereits lichterloh loderte, drehte Heinz Rühmann mit verbliebenen UFA Stars 1942 regimefreundliche Unterhaltungsfilme wie „Sophienlund“ im Schlosspark. Und heute strömen die Journalistenscharen ins schöne Buckow, wenn sie Gregor Gysi eine Aufwartung machen möchten...
Wir wollten uns auf die Spuren der Prominenz begeben. Wer wäre dafür besser geeignet, als Heinz Reincke, der sich seit Jugendzeiten mit lokaler Historie beschäftigt? Treffpunkt ist sein Haus in der Wriezener Straße. Schon geht es los, die Treppen eines Neubaus hinauf in die Ringstraße. Von hier oben hat man einen herrlichen Panoramablick auf den Schermützelsee. Gegenüber auf der Bollersdorfer Seite erkennt man zwei helle Gebäude: „Oben ist das ehemalige Hotel „Weiße Taube“, unten die ehemalige „Kleine Weiße Taube“ das heutige „Hotel Johst am See“. In einem Hinterzimmer der Großen Weißen Taube fand 1933 das Geheimtreffen zwischen Hindenburg und von Papen statt. Und hier residierte und arbeitete Egon Erwin Kisch. Er war 1927 da.“ Nun geht es bergab zur Wriezener Straße. Gegenüber der Anlegestelle am Schermützelsee ist die frühere Pension Saß. „Dort wohnte Lord Ralf Dahrendorf. Er ist 2002 wieder hierher gekommen, um die Stätte seiner Kindheit zu sehen.“ Der große Liberale ging in den vierziger Jahren in Waldsieversdorf zur Schule. Sein Vater gehörte zu den Attentätern, die mit ihrem missglückten Anschlag vom 20. Juli 1944 die Welt von Adolf Hitler befreien wollten. Der junge Ralf Dahrendorf war durch nazi-feindliche Flugblätter aufgefallen und inhaftiert worden. „Er hatte Glück, dass der Lagerkommandant so menschlich war, ihn und die anderen Jungs beim Anrücken der Roten Armee frei zu lassen“, weiß Heinz Reincke. Dahrendorf wurde Soziologie-Professor, war zeitweise Staatssekretär im Bonner Außenministerium, arbeitete bei der EU-Kommission und ist sei 1974 Direktor der angesehenen School of Economics in London. Er ist einer der wenigen Deutschen, der als Lord von der englischen Königin geadelt wurde. Nun geht es die Wriezener Straße etwas zurück links in den Schlosspark. „Das Areal wurde in den letzten Jahren denkmalsgerecht wieder hergestellt,“ so Reincke. Das Kneipp-Tretbecken aus Betonelementen ist allerdings wasserlos: „An dieser Stelle hat es niemand benutzt. Nun soll es zum Mütter-genesungswerk umgesetzt werden.“ Vom Schinkel-Schloss ist nur die Anhöhe zu sehen, auf der es früher stand. „Es war im Krieg beschädigt worden und wurde 1948 abgerissen.“ Kaiser Wilhelm I. und Kronprinz Friedrich Wilhelm 1863 und 1865 logierten im Schloss. 1888 tat es ihm Kaiser Wilhelm II. gleich. Im Angelhäuschen, das in veränderter Form am zum Schlosspark gehörenden Griepensee wieder entstand, soll der romantische Dichter Adelbert von Chamisso an seinem „Peter Schlemihl“ geschrieben haben. Links dahinter steht eine Freitreppe mitten in der Landschaft: „Der ehemalige Terrassenaufgang zum Schloss ist alles, was davon erhalten blieb“, so Heinz Reincke, der das Gebäude noch aus eigener Anschauung kennt. Nun geht es aus dem Park über den Stobber in die Wallstraße. „Sie hieß früher Töpfergasse, weil hierher die Slawen umgesiedelt worden waren.“ Die meisten Häuser sind liebevoll herausgeputzt, nur eines ist ein

Gregor Gysi liebt seinen Sommer-sitz in einem alten Wasserturm.

Im Pfarrhaus nächtigte Reichs-gründer Otto von Bismarck.

Schandfleck: „Das steht unter Denkmalschutz, da traut sich kein Käufer ran.“ Markant reckt sich der Holzturm des Feuerwehrgebäudes in die Höhe: „Früher mussten die Wehren ihre Schläuche selbst trocknen, dafür waren diese Türme da.“ Nun suchen die Brandschützer ein neues Areal außerhalb der engen Altstadt. „Dann wäre dieses bisherige Feuerwehrhaus eine gute Stelle für ein Heimatmuseum“, gibt Reincke Einblick in die Träume eines Ortschronisten. Rechts geht es in die Königstraße. Ihr ziemlich unebenes Pflaster macht noch heute Autos und Fußgängern zu schaffen: „Als 1854 König Friedrich Wilhelm IV. durch den Ort fahren wollte, machte man sich Sorgen, dass es bei seiner Kutsche zu einem Achsbruch kommen könnte. Kaum auszumalen was geschähe, wenn der König ausgerechnet in Buckow zu Schaden käme! Als Lösung sollte alles mit Sand aufgeschüttet werden. „Andere meinten, wenn der König über die Rumpelpiste müsste, wäre er gewillt, einige Taler für den Ort springen zu lassen. Die Sand-Freunde setzten sich durch, der König kam unbeschadet ins Schloss, ließ aber kein Geld im Ort.“ Als 1888 Kaiser Wilhelm II. in Buckow weilte, waren Otto Fürst von Bismarck, der im Pfarrhaus in der Königstraße nächtigte und die Generäle Helmuth von Moltke und Albrecht von Roon in seinem Gefolge. Letztere mussten sich mit dem gegenüberliegenden Haus begnügen.
Ein Abstecher in die Lindenstraße zeigt ein einfaches unter das Straßenniveau abgesunkenes Haus: „Hier übernachtete Heinrich von Stephan, wenn er zu Jagdausflügen in der Region war. Er war von 1870 bis 1895 Postminister, gilt als Erfinder der Postkarte und Gründer des Weltpostverbands“, weiß Reincke. Nun geht es hinauf die Hauptstraße Richtung Waldsieversdorf. Nach der Mühle geht links ein kleiner Weg von der Straße ab. Der führt zu einem Grundstück mit einem alten Wasserturm: „Den hatte Brecht damals für die junge Ruth Berlau organisiert. Später war hier Professor Budzislawski von der Neuen Weltbühne ansässig. Nun nutzt Gregor Gysi das Areal als Sommergrundstück.“ Etwas weiter die Hauptstraße entlang zeigt sich links das Areal, wo nun der Kindergarten untergebracht ist. „Das war früher die FDJ-Schule. Hier schrieb Wolf Biermann in den sechziger Jahren seine“Buckower Balladen“ mit ihrer beißenden Kritik an Spießertum und gesellschaftlichen Missständen.“ Über einen Waldweg an der gegenüberliegenden Seite geht es zu einer Seespitze des Schermützelsees: „Dort fand man die Pfahlbauten der ersten Siedler.“ Man kommt schließlich an der Brecht Straße wieder in den Ort. Natürlich ist das Haus, wo der Dichter und sein Freundeskreis lebten und arbeiteten, der Besuchermagnet in Buckow. Das Nebengebäude wird übrigens von seiner Tochter Barbara Brecht-Schall und Ekkehard Schall bewohnt.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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