Zittern vor alten Fliegerbomben

Während des Zweiten Weltkriegs war Oranienburg immer wieder im Zielkreuz der alliierten Bomberverbände. Noch heute schlummert eine unbekannte Zahl von Blindgängern im Erdreich der Stadt. Bei Bauarbeiten, wenn Telefonkabel verlegt werden oder neue Häuser entstehen sollen, treffen Bauarbeiter auf diese hochgefährlichen Funde. Dann heißt es Alarm! Denn niemand weiß, ob das Monstrum hochgeht! Für Oranienburg heißt es teilweise mehrmals im Quartal: Ausnahmezustand. Das geschah schon so häufig, daß mittlerweile kein Fernsehteam mehr extra anreist. Doch was geht in den Köpfen der betroffenen Menschen vor? Unser Reporter Klaus Zahn ging dieser Frage nach.

Ursula Gottschalk ist Hausmeisterin in der "Wohnanlage für altersgerechtes Wohnen" in der Robert Koch Straße 28-30 und hat "einschlägige Erfahrung. Wir waren schon acht mal dabei", berichtet sie.

Ist das jedesmal ein Schock? Wer entscheidet, ob es zur Evakuierung kommen muß?

"Den Hut auf hat das Ordnungsamt. Deren Chefin, Sylvia Holm, heißt bei uns mittlerweile Bomben-Sylvia", berichtet schmunzelnd Dieter Viererbe, der in der Wohnanlage lebt. Er erinnert sich: "Wenn das Gebäude geräumt werden muß, weiß man es meist drei Tage vorher, bis die Spezialisten anrücken". Panik? "Nein, aber aufgeregt ist man schon. Alle wichtigen Papiere zusammensammeln, die Medikamente nicht vergessen, mehr kann man ohnehin nicht mitnehmen."

In Bussen und Krankenwagen geht es in andere Seniorenheime, ins Schloß oder in die Märkische Kaserne, so Ursula Gottschalk. "Die Versorgung mit Essen und Tee ist gesichert und die Schwestern der Sozialstation kümmern sich liebevoll um uns", berichtet Johanna Schuster, ebenfalls eine Bewohnerin.

Was geht einem durch den Kopf, wenn man erfährt, eine Bombe liegt vor der Tür? bekommt man da Angst?

"Ich habe Angst", kommt ohne Zögern die Antwort von Lieselotte Wetzel und Helmut Lemme ergänzt: "Jeder hat gemischte Gefühle, wenn man daran denkt, wie damals die Bomben fielen. Wir haben das ja selbst mitgemacht. Meine Schwester und meine Cousine sind dadurch umgekommen.
Man hofft bei jeder Evakuierung, daß es auch diesmal wieder gut gehen wird. Aber es kann eben auch mal anders kommen."

Lieselotte Wetzel meint: "Die Bombenangriffe habe ich selbst miterlebt. Wenn ich höre, da liegt eine Bombe, flattert mir das Herz. Lieber nochmal zwei Jahre trockenes Brot, als nochmal Bombenangriffe." "Aber wir sind froh, trotz aller Unannehmlichkeiten, daß gesucht und entschärft wird" meint Dieter Viererbe. Meist ist zwischen neun und vierzehn Uhr alles erledigt, aber es kann auch schon mal länger dauern. "Als zuletzt gesprengt werden mußte, da mußten wir bis 21 Uhr aushalten, das war schon ganz schön anstrengend" berichtet Ella Lemmer.

Daß sich dennoch die Aufregung in Grenzen hält, ist auch dem Entschärfungsdienst zu verdanken: Dessen Experte, Horst Reinhard, referierte vor den Betroffenenüber seine Arbeit.

Aber trotzdem, Hut ab vor allen Beteiligten und vor allem vor den Leuten, die mit so viel Zuversicht ihren Ängsten von vor 50 Jahren entgegentreten.

Ursula Gottschalk ist die Hausmeisterin
in der Wohnanlage für altersgerechtes Wohnen in der Robert Koch Straße 28-30

Die Chefin des Ordnungsamtes Sylvia Holm trifft die Entscheidung, wann und ob evakuiert wird.

"Wenn das Gebäude geräumt werden muß, weiß man es meist drei Tage vorher, bis die Spezialisten anrücken", weiß Dieter Viererbe.

"Die Versorgung mit Essen und Tee ist gesichert und die Schwestern der Sozialstation kümmern sich liebevoll um uns", berichtet Johanna Schuster.

"Jeder hat gemischte Gefühle, wenn man daran denkt, wie damals die Bomben fielen. Wir haben das ja selbst mitgemacht", erzählen Helmut und Ella Lemmer

"Lieber nochmal zwei Jahre trockenes Brot, als nochmal Bombenangriffe", meint Lieselotte Wetzel

Der Experte des Entschärfungsdienstes,
Horst Reinhard, referierte vor den Betroffenen über seine Arbeit.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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