Auf den Spuren Louises in Oranienburg

Wie könnte es anders sein, im Oranier-Jahr 1999 war alles auf Historie ein- und ausgerichtet. Die Oranierausstellung und das "Drumherum" hat Impulse ausgelöst, die auch heute noch fortwirken. Die netten Hostessen und Stadtführer (ver)führen die Besucher auf die Spuren von Louise Henriette. Die Stadt etwas kennen- und selbst etwas dazulernen, das wollte ich auch und vertraute mich der netten Hostess Christina Meisel an. Verabredet hatten wir uns in der Breiten Straße, neben dem Museum. Nicht weit davon ist der Schnittpunkt der beiden Bundesstraßen 96 und 273, hier tobt das Leben oder besser gesagt, der Verkehr. Das ist es, was man gemeinhin von Oranienburg weiß. Eine Entlastungsstraße soll hier bald Abhilfe schaffen. Christina Meisel macht mich mit dem Hinweis auf das Baugeschehen in der Stadt aufmerksam, daß noch nicht alle Kriegsspuren getilgt sind, viele Häuser in den letzten Jahren aber wieder instand gesetzt wurden, teilweise ihre ursprünglichen Fassaden wieder erhielten und so das neue alte Stadtbild prägen. Eine Tatsache, die ich auf unserem kleinen Bummel selbst erleben sollte.

US-Politiker aus Oranienburg
Gleich kommen wir zum ehemaligen Hofgärtnerhaus, einem unscheinbaren Bau vom Beginn des 19. Jahrhunderts, mit dem Louise Henriette ausnahmsweise nichts zu tun hat. Darin wohnte die einflußreiche jüdische Familie Blumenthal, bis sie 1930 nach Berlin zog und schließlich 1939 in die USA emigrierte. 1926 kam in diesem Haus Werner Michael Blumenthal zur Welt, der unter Präsident Jimmy Carter als Finanzminister diente.

Zarte Person mit konsquenter Hand
Nun stehen wir vor dem Denkmal von Louise Henriette, die von 1627 bis 1667 lebte. Gestiftet wurde es 1858 von dankbaren Oranienburger Bürgern, die das Engagement der Prinzessin würdigen wollten, wäre Oranienburg doch ohne Louise nicht das, was es geworden ist. Nachdem sie 1650 die Stadt Bötzow, wie Oranienburg damals noch hieß, von ihrem Mann, dem späteren Großen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm, geschenkt bekam, sorgte sie sich um die Beseitigung der Schäden des Dreißigjährigen Krieges.

In Begleitung von Christina Meisel auf den Spuren von Louise Henritte

Sie holte Siedler aus Holland, die Meister im Deichbau und bei der Trockenlegung von Land waren und kurbelte so die Landwirtschaft an. Brandenburg verdankt Louise die Kartoffel, sie betrieb Milchwirtschaften, Schafzucht und besaß Brauereien. Und hatte zudem alles fest im wirtschaftlichen Griff.Selbst auf ihren langen Reisen ließ sie sich regelmäßig Bericht erstatten und traf Anweisungen.

Detailansicht

Als Preußens erstes Barockschloß, gleich neben dem Denkmal, dominiert das Schloß den Platz in strahlendem Weiß. Es geht auf ein Jagdhaus zurück, das von dem Architekten Johann Gregor Memhardt und dem Hofzimmermann Michael Mathias Smids im Auftrag von Louise Henriette zu einem Schloß im holländischen Stil umgebaut wurde. "Das war damals viel kleiner wie heute, denn Louise Henriette war nicht so sehr an Pomp interessiert", erklärt meine Stadtführerin. Erst Louises Sohn, Friedrich III., der spätere Friedrich I. König von Preußen, erweiterte und verschönerte die Anlage. Doch sollte das Schloß über die Zeiten ein eher trauriges denn herrschaftliches Schicksal erleiden.

"1802 ging es für 12000 Taler an den Berliner Apotheker Dr. Johann Gottfried Hempel, der darin eine Baumwollweberei einrichtete, die später in eine Chemiefabrik umgewandelt wurde. Später wurde daraus ein Lehrerseminar, gegen 1930 war es Polizeiakademie. Das hintere Gebäude wurde 1939 als Unterkunft für die Polizeischüler gebaut. Die militärische Nutzung setzte sich durch die Unterbringung der Kasernierte Volkspolizei und der Grenztruppen der DDR nach dem Krieg weiter fort", erzählt Christina Meisel.

Liebeskummer & Feuerteufel
"Zwanzig Jahre lang war Professor Friedlieb Ferdinand Runge Direktor der Chemiefabrik. Er ist auch die Ursache dafür, daß dem Schloß der rechte Flügel fehlt. Aus Liebeskummer, weil seine Braut am Tag der geplanten Hochzeit einen anderen Mann heiratete, vergaß er wohl den Bunsenbrenner in seinem Labor zu löschen und die Katastrophe nahm ihren Lauf", weiß Christina Meisel zu berichten. Heute ist die Stadtver-waltung im Schloß zu finden, Teile des Hauses werden museal genutzt.

Unseren kleinen Bummel setzen wir durch den Schloßpark fort. Deutlich zu erkennen sind die barocktypischen Sichtachsen vom Torüber den kleinen Teich und von der Rückseite des ehemaligen Amthauptmann-hauses zur Orangerie. Der Schloßpark wird seit 1984 im Stile eines englischen Landschaftsparks nach den Plänen des Gartenarchitekten Ferdinand Jühlke von 1878 umgestaltet.

Geschichtsträchtige Altstadt
Wir halten uns links, verlassen den Park Richtung Bötzower Platz. Da sind wir mitten in der Altstadt. Die Gebäude erinnern an die holländischen Kolo-nisten, die sich hier von 1718 bis 1720 ansiedelten. Leider ist heute kein einzige Haus mehr im Originalzustand erhalten. Doch die völlig neu errichtete Bebauung fügt sich sehr harmonisch in das historische Stadtbild ein und zeugt eindrucksvoll von dem erfolgreichen Bemühen der Stadtväter um den Gesamteindruck der Stadt.

Der Bötzower Platz lädt zu einem Bummel ein.

Älteste Kirche Oranienburgs
Die dreieckige Form des Bötzower Platzes weist mit der Spitze auf die Nicolaikirche. Sie wurde 1952 in der heutigen Form eingeweiht. An deren Stelle stand bereits im 16. Jahrhundert eine Kirche, um deren Umbau 1658-1663 sich Louise Henriette kümmerte. Weiter geht es auf unserem Rundgang zum ehemaligen Waisenhaus.

Die soziale Ader der Prinzessin
Das Waisenhaus zeugt vom sozialen Engagement von Louise Henriette. Ab 1665 fanden hier 24 Waisen Obdach, Erziehung und Bildung. Nach der Zerstörung beim großen Stadtbrand 1671 setzte der Große Kurfürst das Vermächtnis seiner inzwischen verstorbenen Frau fort und ließ das Gebäude im holländischen Stil der Kolonisten wiedererrichten.Über die Berliner Straße hinweg geht es durch die Poststraße vorbei an der Gedenkstätte für die Opfer der Reichskristallnacht vom 9. November 1938 und den Gebäuden der Verwaltung des Landkreisesüber eine kleine Brücke, die den Namen der Kurprinzessin trägt.

Fritz Cremers Anklagende mahnt vor dem Schloß.

Nutrias in der Havel
Hier oben sollte man etwas verweilen, vielleicht hat man Glück und kann in der Havel oder am Ufer possierliche Nutrias beobachten. Rechterhand ist ein ehemaliges Wahrzeichen der Stadt zu sehen, der noch bis in die 80er Jahre genutzte Getreidespeicher. Wir halten uns links, schlendern durch die Gartenanlage und erreichen die Bernauer Straße mit wunderbar restaurierten Bürgerhäusern. Hier biegen wir links ein und erreichen nach Überquerung der Havel wieder das Schloß.

Der Kreis schließt sich
Davor steht die Plastik einer zweiten Frau, "Die Anklagende", geschaffen von Fritz Cremer. Eine Mahnung an den Betrachter, auch das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte nicht zu vergessen und den Anfängen zu wehren, wie es die Inschrift "Schmerz gebäre Tat" so eindringlich unterstreicht.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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