Mecklenburgischer Rhein erfordert Muskelkraft

Motorbootfreunde haben es mit Templin nicht leicht. Schneidet die defekte Schleuse die reizvollen Templiner Seenplatte doch von den Wasserwegen Norddeutschlands ab. Bis zur Wiederinbetriebnahme in drei Jahren bleibt also nur die Erkundung mit kleineren Booten, die man um die Schleuse herum trägt oder erst dahinter ins Wasser setzt.
Was also tun, wenn man in Templin ist und Lust auf einen kleinen Ausflug hat? Relativ wenig bekannt, aber um so reizvoller sind die Lychener Gewässer. Dorthin gelangt man von Templin aus über den Templiner Kanal in die Havel. An der Einmündung hält man sich rechts, Richtung Fürstenberg. Bald nach der Schleuse Bredereiche gelangt man in den Stolpsee. Dort hält man sich scharf rechts und ist im beschaulichen Himmelpfort mit dem Weihnachtspostamt und der gotischen Klosterruine (Näheres Seite 35/36). Vor der Schleuse kann man festmachen, um den Ort zu erkunden. Dahinter geht es in den Haussee und über die Wüblitz am See-Ende in den Großen Lychen See und den Stadtsee. Hier kann man festmachen, um die Stadt (Beschreibung S. 34-35) mit der teilweise erhaltenen mittelalterlichen Mauer zu erkunden.

Mecklenburgischer Rhein
Als Geheimtipp für Wasserwanderer mit viel Muskelkraft gelten die Feldberger Seen. Hier bieten sich auf relativ kleiner Fläche von 80 Quadratkilometern unheimlich viele unterschiedliche landschaftliche Reize, wie sie in dieser konzentrierten Form sonst nirgendwo in Norddeutschland anzutreffen sind. Um sie zu erkunden, kommt man mit dem Auto ins östlich von Lychen gelegene Feldberg und läßt das Boot dort in den Haussee. Weiter geht es durch den Luzin-Kanal in den Breiten Luzin, der mit 58,5 Metern tiefster See Mecklenburgs ist. Der Schmale Luzin, in dem es weitergeht, wird gerne als Mecklenburgischer Rhein bezeichnet: Am Ufer ragen teilweise beachtliche Felsen hervor. Wer genug gesehen hat, kehrt um. Wer noch Energie hat, kommt über den Bäk und ein Wehr, das umtragen werden muß, in den Carwitzer See.

Grünes Licht für Templiner Schleuse

Inmitten von Seen und Kanälen gelegen, weist Templin ein touristisches Potenzial auf, von dem viele anderen Orte nur träumen können. Doch kurioserweise stellt der Ort gerade für Wasserwanderer eine unüberwindbare Sackgasse dar.
Weil die Stadtschleuse seit mittlerweile 13 Jahren wegen Baufälligkeit stillgelegt ist, wird Templin trotz Kanalanbindung an die Havel und damit an die wichtige Route Berlin-Müritz von den Freizeitskippern verständlicherweise links liegengelassen. Doch das soll bald anders werden. Das jedenfalls verspricht auf Nachfrage Hartmut Dehn, Leiter des Verbindungsreferates Wasserstraßen im Berliner Bundes-Verkehrsministerium. 2002 soll die 1894/95 erbaute Schleuse endlich erneuert werden. Vorangegangen war dieser Entscheidung eine ausführliche Wirtschaftlichkeitsprüfung. Schließlich wird die Maßnahme, die im Frühjahr 2002 begonnen werden soll und satte zwei Jahre dauert, stolze 5,6 Millionen Mark kosten. So der Etatansatz des Bundesverkehrsministeriums. Dafür erhofft man sich, dass die Freizeit-Skipper ab 2004 dann so zahlreich nach den langen „Entzugserscheinungen“ in die mittelalterliche Stadt kommen, dass auf diese Weise jährlich 2,8 Millionen Mark in die Kassen der Templiner schwappen. 50 bis 100 neue Arbeitsplätze könnten so entstehen. Wie die Ministeriums-Kalkulatoren auf diese optimistischen Zahlen kommen, bleibt ihr Geheimnis. Eines jedenfalls ist sicher: Wenn die Schleuse endlich wieder funktioniert, wird sie wohl kaum jemand zurückbauen, selbst wenn dann die Freizeit-Kapitäne ihr Mahl lieber aus der eigenen Kombüse statt aus den Töpfen der örtlichen Gastronomen beziehen.

Antje Hartmann

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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