Zu Gast in Uromas Reich
Eine kleine historische Perle soll es sein, das alte Haus in den Zossener Weinbergen. Also sollte man nicht versäumen, sich selbst zu überzeugen, was an der Sache dran ist. Zu verfehlen ist es jedenfalls nicht. Fast ängstlich duckt sich das mit Reet gedeckte Fachwerkhaus an den Straßenrand, als müsse es sich entschuldigen, daß es, alt und etwas schief, immmer noch steht.

Verabredet bin ich mit Dieter Frambach vom Heimatverein „Alter Krug“ Zossen e.V. Spricht man ihn auf das alte Gebäude, eben jenen „Alten Krug“ an, gerät er sofort ins Schwärmen. Und ich sollte im Laufe meines Besuches noch verstehen warum.

„Als junger Bursche bekam ich den Teltower Kreiskalender von 1930 in die Hände, las etwas vom „Alten Krug“ und als ich hörte, daß der Alte Fritz hier seinen Durst gestillt haben soll, ließ mich die Sache nicht mehr los“, berichtet Dieter Frambach von den Ursprüngen seiner Liebe zu dem Haus.

„Das mit dem Alten Fritz stellte sich als Unfug heraus, doch ganz so abwegig ist das nun auch wieder nicht, siedelte Friedrich der Große doch hier in den Zossener Weinbergen im Jahr 1756 Kolonisten an.“ Einer von ihnen war der Garnweber Johann Christoph Richter, Vorfahr der letzten Eigentümerin, Elisabeth Helmecke, geborene Richter, die bis zu ihrem Tod 1982 in dem Haus wohnte.

Wie alt das Haus wirklich war, wußte wohl niemand so genau. Eines aber stand fest, ein solches, in seinen Strukturen nahezu unverändertes Zeugnis barocker Volksarchitektur war weit und breit nicht noch einmal zu finden und schon deshalb erhaltenswert, meinte Dieter Frambach.

Unterstützung kam vom Kulturbereich des Rates des Kreises Zossen und insbesondere die Denkmalpflege wurde aufmerksam. „Doch es half zunächst alles nichts. Trotz einiger Aufräummaßnahmen verfiel das nicht mehr bewohnte Haus zunehmend. Frühere Schäden unsachgemäß repariert und der Mangel an Material, wir brauchten dringend Reet, verzinkten Bindedraht und Holzbalken, drohten das Unternehmen scheitern zu lassen.”

Doch dank der Beharrlichkeit der Beteiligten ging es Stück für Stück vorwärts. Inzwischen fand man heraus, daß das Holz zum Bau des Hauses im Winter 1748/49 geschlagen wurde, den Bau datiert man auf 1749, so daß im vergangenen Jahr der 250. Geburtstag des Gebäudes begangen wurde. Übrigens, saniert wurde nur mit schon damals verwendeten Baustoffen und Techniken.

So langsam wächst bei mir die Ehrfurcht. Das ist richtig Geschichte zum Anfassen. Dieter Frambach schließt die Tür auf und wir treten ein in die Vergangenheit. Bis 1890 noch Schenke, letzter Wirt war der im Volksmund Krug-Lehmann genannte Ferdinand Friedrich Lehmann, beherbergt das Haus heute ein Museum. Bisweilen glaubt man, die Bewohner müßten gleich zurückkommen, holen vielleicht nur Wasser am Brunnen. Unglaublich, was hier an Hausrat zusammengetragen wurde!

Mangeln war früher harte Handarbeit.
Einfach, aber praktisch war die Einrichtung bei Oma.
Ein beträchtlicher Teil der Ausstellungsstücke stammt tatsächlich noch von Elisabeth Helmecke, der letzten Bewohnerin. Präsentiert werden sie in den Räumlichkeiten wie sie waren, kleine Küche, Stube, Schlafstube. In der ehemaligen Schankstube sind die Restaurierungsarbeiten dokumentiert und mit einer Vielzahl an Fundstücken und Gegenständen illustriert. Eine echt sehenswerte Sache.

Nun tut Dieter Frambach geheimnisvoll. Er wolle mir noch ein besonderes Kleinod zeigen. Die Tür öffnet sich zur schwarzen Küche. Dem Städter, der so etwas zum ersten Mal sieht, bleibt glatt der Mund offen stehen. Nicht, daß einen Schönheit und Harmonie betören würden. Ganz im Gegenteil, schön sieht es hier wahrlich nicht aus. Doch fasziniert, wie zweckmäßig diese Küche von damals war.

In der Mitte des Hauses gelegen, hatte die Hausfrau alles im Griff, war auf kurzem Wege auf dem Hof wie auf der Straße, heizte von hier aus im Prinzip das ganze Haus. Hier wurde Brot gebacken und Essen zubereitet. Der Rauch, der hinter dem Herd aufstieg und sich seinen Weg durch den mehr als sieben Meter hohen Kamin suchte, räucherte dabei gleich noch Wurst und Schinken und hinterließ in den Jahren eine dicke, glänzende Rußschicht an Wänden und Kamin. Nur bei Regen mußte man aufpassen, daß die Suppe nicht zu dünn und die Haare nicht zu naß wurden.

Dem 1992 gegründeten Heimatverein und seinen Partnern ist es gelungen, mich in der Zeit zweihundert Jahre zurückzuversetzen. Es wird wohl den meisten Besuchern so gehen, die hier vorbeikommen. Schade, daß ich schon wieder im hektischen, modernen Alltag angekommen bin. Obwohl, Geschirrspüler, Elektroherd und Wasser aus der Wand sind auch nicht zu verachten und ich glaube nicht, daß ich mit der Vergangenheit tauschen würde. Trotzdem, der Besuch im „Alten Krug“ in Zossen wird noch lange in meinem Gedächtnis bleiben.

Den „Alten Krug“ besuchte Klaus Zahn.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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