Stand Juni 2010
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Werders neue Landschaften
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Von den Wänden bröckelt der Putz, die Böden präsentieren sich mit blanken Dielen – jedem Museums-Chef würde das die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Der Chef der neuen Galerie im altehrwürdigen Lendelhaus hingegen strahlt!
Lars Kaiser springt mit rotem Anorak und Rucksack auseinem Auto, das nur die
Liebe seines Herrn oder weil er sich einfach nicht für solche Dinge interessiert, vor dem Gnadentod durch die Abwrack-Prämie bewahrte. Und schon ist er dabei, vom ehemaligen Damenzimmer des 1789 gebauten klassizistischen Herrenhauses zu schwärmen: „Hier sind wir auf eine spätbarocke Wandmalerei gestoßen, die werden wir natürlich wieder freilegen. Was könnte man sich für eine Galerie schöneres an Räumen wünschen!“
Dem gebürtigen Potsdamer darf man glauben, dass er das ernst meint. Denn bevor er sich
dem Kunsthandel verschrieb, hat er Restaurator gelernt. Dann hat er selbst ein
wenig als Bildhauer gearbeitet, kam aber zu dem Schluss, dass andere es besser
machen. Seine erste Galerie war, natürlich, im neuen „In-Bezirk“ Prenzlauer Berg. Das war 2000, Kaiser war damals gerade 25 Jahre jung. Heute
ist er 35 und betreut mit seiner „Kunsttick“-Agentur an die hundert Künstler.
Die wenigsten davon werden allerdings in seiner Galerie im Lendelhaus auf der
Insel der Baumblütenstadt zu sehen sein, obwohl Lars Kaiser dieses Haus zur festen Adresse in der
europäischen Kunstwelt entwickeln will. „Wir werden in Werder die einzige Spezialgalerie für Landschaftsmalerei haben. Damit greifen wir die Tradition von Karl Hagemeister
und den Malern der Havelländischen Künstlerkolonie auf. Werder und die Umgebung faszinieren Besucher und Künstler durch die einzigartige Natur. Wo alsowäre eine Galerie mit diesem Schwerpunkt besser aufgehoben als hier?“
Lars Kaiser will hier also ein „eher konservatives Publikum“ und hochkarätige Landschaftsmaler aus vielen Ländern zusammen bringen. Er schwimmt damit bewusst gegen den Strom der Avantgarde
und provokativen figürlichen Malerei, gegen Zeitgeist und für Nicht-Experten oft schwer zugängliche Kunst, obwohl er in Berlin und Potsdam daran verdient: „Landschaftsmalerei ist heute aus der Mode gekommen. Sie hat aber durchaus ihre
Anhänger. Für diese wird Werder nun überregional ein Anziehungspunkt werden. Landschaftsmalerei ist etwas Ehrliches.
Deshalb wollen wir im Lendelhaus das historische Ambiente möglichst unverfälscht erhalten, sonst wäre es ja schon wieder ein Widerspruch“, so Lars Kaiser.
Durch ihn bekommt die traditionsreiche Ausstellung der „Neuen Havelländischen Maler“ nun auf der
Insel eine neue Heimat. Ausgerechnet die zehnte Jubiläumsausstellung findet nicht mehr in Caputh, sondern eben in Werder statt und soll hier zukünftig fortgesetzt werden.
Lars Kaiser hat so viele
Ideen und so wenig Zeit, dass er mit den Lippen kaum seinen Gedanken nachkommt. In den Gebäuden der ehemaligen Obstverarbeitung will er Künstlerateliers einrichten. Er schlüpft wie einst Diogenes in ein Weinfass, denn das wird die „kleinste Galerie weit und breit“.
Manche Räume des Ziegelbaus wurden schon von unterschiedlichsten Künstlern in Anspruch genommen, vieles wartet noch auf den Ausbau. „Im Obergeschoss werden Wohnungen entstehen. Wenn diese fertig sind, können sich hier Künstler treffen, sie können sich austauschen und für diese Zeit gleichzeitig hier wohnen.“ Die Erfahrung, die Lars Kaiser auf diesem Sektor hat, lässt hoffen, dass die Projekte Wirklichkeit werden. Die idyllische Inselstadt
Werder könnte
dadurch zu einem Anziehungspunkt für Kunstfreunde aus vielen Ländern werden – schließlich haben Hagemeister und Kollegen weltweit Fans. | |||||||||||
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