Auf den
Spuren der Sanierung

Schnell, manchmal zu schnell, gewöhnt man sich an den neuen Anblick. Er wird Normalität. Doch auch mal bewußt hinzuschauen, was sich so alles verändert hat, ist recht interessant. So begeben wir uns zu einem kleinen Bummel auf den Spuren der Stadtsanierung.

Empfehlenswerter Ausgangspunkt ist das Haus Am Markt 16 auf der Insel. Das kleine, eher unscheinbare Gebäude behauptet sich, frisch saniert, in der Fassadenfront, der noch so manche Veränderung bevorsteht. Hier ist das Büro des Sanierungsträgers zu finden und damit so manche weiterführende Information zum Thema.

Eine der gerade erwähnten Veränderungen wird der Abriß des alten Busdepots und die Errichtung von Wohnhäusern und Geschäften an dieser Stelle sein. Steht man hier am Markt, sozusagen am Ursprung der Stadt, hat man den Inseleingang bereits hinter sich. So ist die historisch sanierte Fassade des Hauses Torstraße 10 ein wahrlich guter Blickfang und gleichzeitig eine angenehme Einladung, sich in der Stadt umzusehen. Nicht zuübersehen ist das Lendelhaus Am Markt 21.

Seit geraumer Zeit wurde daran gewerkelt und gebaut. Nun erstrahlt die barocke Fassade mit den originalen Stukkaturen wieder fast wie neu. Das ehemalige Herrenhaus des Saftfabrikanten Lendel, dessen Sanierung jedoch noch nicht abgeschlossen ist, steht unter Einzeldenkmalschutz und ist Teil des Ensembles der ehemaligen Saftfabrik, die von den Werderanern liebevoll-respektlos „Musbude“ genannt wurde. Abreißen, würde der Laie zu den ehemaligen Fabrikanlagen sagen.

Ein Schmuckstück ist das Haus in der Baderstr. 14.

Da ist was zu machen, meint der Fachmann. „Arbeiten und wohnen in einer ehemaligen Fabrik“ oder „Erlebnisgastronomie“ sind Überlegungen, die durchaus neugierig auf die Zukunft des Ensembles machen. Seit April 2000 hat der Marktplatz selbst ein neues altes Pflaster. Bereits 1987 ist die Inselstadt als Flächen- und Bodendenkmalbereich ausgewiesen worden. Aber ob die jetzige Gestaltung das Wahre ist?

Zugegebenermaßen, es sieht alles recht interessant aus. Sogar die Rinnsteine sind in speziellen keramischen Bauteilen ausgeführt. Sicher alles sehr aufwendig und historisch exakt. Aber man ist heute doch etwas anderes als Kopfsteinpflaster gewöhnt. Vor allem: Warum saniert man immer wieder auf diesem historischen Stand? Werden jetzige und künftige Jahre und Jahrhunderte ausgeklammert? Man möge dem Pflasterwanderer angesichts schmerzender Füße derartige ketzerische Gedanken verzeihen. Keineswegs soll kleingeredet werden, was sich sanierungsmäßig hier getan hat. Aber man wird ja mal fragen dürfen. Zumal die Fragen ja auch woanders ebenso wie hier stehen.

Von der zuständigen Projektleiterin des Sanierungsträgers Potsdam, Ute Funk (40), erfahre ich, daß bereits 80 bis 90 Prozent der Pflasterarbeiten im Sanierungsgebiet abgeschlossen sind. Jetzt wird mir klar, daß ich über funkelnagelneues historisches Pflaster laufe. Die Lindenstraße ist eine richtig grüne Straße in der im Frühjahr auch die Baumblüte angesagt ist.

Die Kirschbäume stehen für die Blüten- und Obststadt, spenden sogar etwas Schatten für den Stadtbummler. Über die Fischerstraße gelange ich bis hinunter zu den Anlegern. Dort kommt sogar etwas Fischerromantik auf. Doch zurück zum Stadtbummel. Das alte Fährhaus, später die Gaststätte „Prinz Heinrich“, macht absolut keinen einladenden, schon gar keinen gastlichen, Eindruck.

Doch hier, so erfahre ich von Ute Funk, soll sich bald etwas tun. Ein Investor hat sich gefunden, der das Gebäude sanieren will und, wir lassen's mal noch unter vorgehaltener Hand, zur nächsten Baumblüte soll die Gaststätte die gastronomische Landschaft bereichern.

Der Markt zeigt sich in neuem Gewand und lädt zum bummeln ein.

Übrigens ist ein Blick auf die Lauben und kleinen Häuschen unten bei den Fischern ganz interessant. Schaut man genau hin, stellt man fest, daß die Gebäude alle etwas erhöht errichtet sind. Die Fischersfrau konnte über das Schilf sehen, wenn sie auf ihren Mann wartete. Vielleicht fällt einem auch das Eckhaus Michaelstraße 17-18 auf. Dort entsteht derzeit eine Gaststätte.

Bemerkenswert ist, daß man die Fassaden erhält, ebenso die Stukkaturarbeiten. Selbst die Linde davor ist ein charakteristisches Element des Inselflairs, das natürlich erhalten bleibt. Wie ein Schiffsbug wächst das Haus Kirchstraße 17 aus der Straße heraus. Ein charakteristisches Eckhaus, das Anlaufpunkt für Werderaner und Touristen ist oder zumindest werden sollte, denn hier sind echte werderaner Produkte zu haben, vom Weinüber Honig bis hin zu Obst. Bevor man die Insel verläßt, sollte man, so es noch nicht passiert ist, einen Blick auf die Baderstraße 14 werfen, ein wunderschönes Haus mit einer sehr interessanten Fassade.

Das Haus wurde offensichtlich von einem Musiker errichtet. Hoch oben auf dem Dach schmücken zwei musizierende Putten das Gebäude. Die verschnörkelten Fenster sind ausgesprochen sehenswert und auch der geschnitzten Holztür sollte man die gebührende Aufmerksamkeit

widmen. Diese Fassade ist sicherlich eine Perle der Inselstadt. Die Straße Unter den Linden in der Vorstadt ist inzwischen zum Geschäftszentrum der Stadt geworden, keine Frage.

Momentan dominieren weniger die durchaus vorhandenen Geschäfte das Geschehen sondern eher die Baufirmen. Klar, die Kurve in die Eisenbahnstraße wird damit etwas enger als jetzt. Die LKWs werden dann schon irgendwann die „Ideallinie” prägen. Der Plantagenplatz ist bereits fertig, das Scharfrichterhaus harrt der Dinge, die da kommen sollen und der Vorplatz ist als Plantage gestaltet, mit, man höre und staune, nichtfruchtenden Apfelbäumen! Ute Funk meinte, Obstbäume müsse man immer chemisch behandeln, was in der belebten Innenstadt praktisch unmöglich sei. Komisch, ich spritze meine Apfelbäume grundsätzlich nicht, dennoch kann ich mich nur selten über die Ernte beklagen!

Wie dem auch sei, es lassen sich weitere spannende Sanierungslösungen finden. Toll, daß gerade viele Privatleute ihren Besitz auf Vordermann gebracht haben. Doch auch ein Wermutstropfen darf nicht verschwiegen werden. Direkt an der Inselbrücke steht ein schmuck saniertes Gebäude, das ehemalige Brauhaus. Darin: kein Geschäft, keine Wohnung, kein Büro, kein Spaß, kein Leben: absolut nichts!!! Wenn sich nicht bald etwasändert, wird dieser Gebäudekomplex zum Negativaushängeschild der Blütenstadt. Wieviele Steuergelder als Fördermittel dafür wohl an den „Investor“ geflossen sind?

Doch so ein Schluß ist nicht schön und für Werder sicher auch unfair. Da wird in der Bernhard Kellermann Straße gebaut, das Ambulatorium wird neu gestaltet. Und die Inselpromenade ist immer entspannend.

Manchmal mag man das Wort schon gar nicht mehr hören: Sanierung. Dennoch, man kommt nicht drumherum. Es wurde und es wird viel gebaut und gebuddelt, repariert und saniert.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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