Edler Tropfen
auf märkischem Sand

Als Obstlieferant für Berlin und Potsdam ist Werder seit über 200 Jahren bekannt. Doch als Weinlage? Worüber sich der Laie wundert, ist dem Kenner ein Begriff. Und der heißt Wachtelberg und ist eng mit dem Namen seines Betreibers verbunden. Dr. Manfred Lindicke ist „Herr“über die werderschen Weinberge.

Ich treffe ihn zwischen seinen Rebstöcken und hoffe auf einen Besuch im Keller, dort, wo der Traubenmost zum Weine reift. Doch weit gefehlt: „Unser Wein wird im Landesweingut Sachsen-Anhalt in Klosterpforta gekeltert und gelagert“, erfahre ich. Der Weinberg gehört nämlich zum Weinanbaugebiet Saale-Unstrut und ist die nördlichst gelegene, weingesetzlich erfaßte Weinlage der Welt. „Ganz schön sauer werden die Weine sein“, denke ich so bei mir.

Als ob Manfred Lindicke meine Gedanken erraten hätte, erscheint er mit zwei Gläsern und einer Flasche 1998er Müller-Thurgau, trocken, versteht sich. „Wir bauen hier traditionell trocken an. Ich lege sehr viel Wert auf eine trockene Milde und die Spritzigkeit ist sehr wichtig“, erklärt mir mein Gesprächspartner.

Für mich als Nichtfachmann ist es nicht einfach zu verstehen, was das heißen soll. Aber als der erste Schluck durch meine Kehle rinnt, weiß ich was er meint. Das istübrigens ein Geheimtip für all jene, die den Wein vom Wachtelberg noch nicht kennen: kosten! Künftig wird der Rotwein von hier eine größere Rolle spielen als bisher. „Wir haben 1997 begonnen, die Sorten Regent und Dornfelder aufzureben. Die ergänzen die vier Hektar Müller-Thurgau. Wir würden gern noch viel mehr Rotwein anbauen, doch noch immer stehen da Eigentumsfragen im Weg.“

Gut, die können wir im Moment auch nicht lösen. Aber woher man die Rebstöcke bekommt und wie alt die werden können, würde mich schon interessieren. Verblüfft nehme ich zur Kenntnis, daß es Rebschulen gibt, wo man kauft, so wie Baumschulen eben. So einfach ist das, nichts Wunderbares. Aber, daß es durchaus tausendjährige Rebstöcke gibt, zwar nicht in Werder, aber immerhin, das finde ich schon wunderbar. „Man kann einen Rebstock selbst mit hundert Jahren noch versetzen“.

Theoretisch könnte man also Wein trinken, dessen Rebstöcke von den Zisterziensern gepflanzt worden sind?! Unglaublich! Um nochmal auf den Keller zurückzukommen, wie geht das nun mit der Kelterei? Ob weißer oder roter Wein, gekeltert wird in Edelstahltanks. Nur Rotwein kommt zur Reife in Eichenholzfässer, mit einem Fassungsvermögen von 220 Litern. Ein knappes Jahr reift er da, bevor er auf Flaschen gezogen wird. Chemische Zusätze gibt esübrigens nicht, versichert Manfred Lindicke, dafür eine gute Zusammenarbeit mit dem Kellermeister, um die Qualität des Weines zu sichern.

Von der Weinkönigin kann man in Werder nur träumen. Denn die gibt es einmalig, für das gesamte Saale-Unstrut-Gebiet, und da ist Werder eben „eine kleine Nummer“. Auf dem Heimweg bemerke ich erstmal bewußt, worauf ich stehe: auf Sand, auf märkischem Sand! Nichts da von Schiefer, Mineralien und so weiter, wie man es aus der Pfalz, der Ahr, dem Taunus oder anderen Weinbaugebieten kennt. „Spezielle Böden machen das Besondere aus“, hört man allenthalben. Der märkische Sand scheint etwas Besonderes zu sein.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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