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Unterwegs mit Rad-Idol Paul Dinter

Stand Februar 2013

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Wildau schrieb mit dem
Schwermaschinenbau und seinen
innovativen Lokomotiven Industrie- und
Verkehrsgeschichte. Im Schatten dieser
Entwicklung machte die Gemeinde als
„Sportstadt“ von sich reden. Über
Jahrzehnte war der Ort sehr wichtig für
den Radsport!

Daran erinnert der „Radsportverein 93
Königs Wusterhausen Wildau“, kurz
„RSV“, der sich gerade emsig auf seinen
20. Geburtstag vorbereitet.  

Radsport-Idol

Idol in Wildau war der legendäre
Friedensfahrt-Teilnehmer Paul Dinter. Er
war Lehrlingsausbilder im Schwer
maschinenbau Heinrich Rau.

„Jeder in Wildau kannte ihn, dennoch blieb
er immer anfassbar und bescheiden“, er
innert sich der Wildauer Wolfgang Heller.
Der heute 76-Jährige hatte seit der Jugend
im Wildauer Schwermaschinenbau
gearbeitet und war zuletzt Leiter der EDV.
Er wohnt noch heute in einem der
Schwartzkopff-Häuser, die nun liebevoll
saniert von den Anfängen Wildaus als
Industriemetropole zeugen.  
Gangschaltung erst ab 18!

„Als Jugendliche war das Rad unser
einziges Fortbewegungsmittel, für das
strenge Vorschriften herrschten. So durfte
man erst ab 18 Jahren mit Schaltung
fahren. Die konnte sich ohnehin keiner
leisten“, schmunzelt er. Als Radsportler
war er so gefragt, dass er sogar zur Star-
Schmiede Dynamo Berlin delegiert wurde.
Doch Berufsoffizier wollte er nicht werden
und flog so aus dem Verein.

Lob von Ulbricht

Diese Entschiedenheit verband ihn mit
seinem Idol „Paule“ Dinter. Dieser wurde
1922 geboren und war bis zu seinem Tod
2001 einer der populärsten Sportler. 1953
konnte die DDR-Mannschaft mit ihm und
Täve Schur zum ersten Mal das Blaue
Siegertrikot  der Friedensfahrt erringen.
Als Mitglied in der BSG Motor Wildau
war er maßgeblich für die Blüte des
Radsports in der Dahme-Region
verantwortlich. Trotz des sportlichen
Erfolgs, der für die junge DDR sehr
wichtig war und groß gefeiert wurde, kam
es zum Bruch: „Er erhielt lobende
Anerkennung durch die Parteioberen und
sogar von Walter Ulbricht. Dennoch geriet
er in Konflikt zur Partei, verlor seinen
Posten als Ausbilder und nahm an keinen
offiziellen Rennen mehr teil“, erinnert sich
Sohn Raimund Dinter, der nach der Wende
mit dem neuen Verein  das Erbe seines
Vaters hochhält.

Erziehung zum Sozialismus?

Die genauen Hintergründe kennt Wolfgang
Heller: „Wir sollten eine Resolution
unterschreiben, die sich gegen den
Koreakrieg wandte. Zugleich sollten sich
die Ausbilder verpflichten, die ‚Jugend
sozialistisch zu erziehen‘. Das ging Dinter
zu weit, denn er war praktizierender
Katholik. Darauf verlangte vor allem der
Präsident des Radsportverbands der DDR,
Werner Scharch, dass Dinter keine
Funktionen ausüben und nicht mehr als
Trainer aktiv sein darf.
Bezeichnenderweise hat sich Scharch dann
bei der ersten Gelegenheit 1960 in den
Westen abgesetzt.“

Mit Dinter hatte der Radsport in der
Region sein wichtigstes Zugpferd verloren.
Erst 1965 kam es zu einem Neubeginn:
Dinter sollte wieder an der Friedensfahrt,
die diesmal durch Königs Wusterhausen
ging, aktiv teilnehmen und wurde sogar ins
Organisationskomitee berufen. Am
9.7.1965 wurde dann die Sektion Radsport
wiedergegründet.

Licht in die Geschichte

Mit seinem Wissen „aus erster Hand“ kann
Wolfgang Heller als langjähriger Freund
von Paul Dinter viel Licht in die
Geschichte des regionalen Radsports
bringen, die Raimund Dinter gerne für die
Nachwelt aufbereiten möchte. Zum 15.
April 2013 will er im Keller seines
Einfamilienhauses in Königs Wusterhausen
den Grundstein für ein kleines Radsport-
Museum legen, sozusagen als sein eigenes
Geburtstags-Geschenk, denn dann wird er
selbst 60 Jahre alt. „Täve Schur hat schon
zugesagt!“, freut er sich.

Stars in Aktion

Wolfgang Heller wird das besonders
begrüßen, denn der Wildauer bekam in
seinen aktiven Jahren viel
Aufmerksamkeit, dank Täve Schur: „Ich
sah ihm so ähnlich, dass mich oft Leute auf
der Straße ansprachen und um ein
Autogramm baten!“

Der RSV kann auf viele prominente
Namen verweisen. Vorsitzender ist
Reinhard Bock. Um den Rennsport
kümmert sich Michael Zippan, der auf
mehrere Landesmeister-Titel zurück
blicken kann. Er ist der Sohn von Hans
Zippan, der ebenso wie „Paule“ Dinter
Radsportgeschichte schrieb und 1990
letzter DDR-Meister wurde. Für den
Breitensport und damit die Rennen, bei
denen der Verein als Veranstalter auftritt,
ist Karsten Bienge zuständig, der DDR-
Jugendmeister im Radcross war.

Sein Vater Fritz Bienge, langjähriger
Betreuer von Paul Dinter, ist mit über 90
Jahren immer noch gerne auf dem Rad
unterwegs.

Erfolgreiche Rennen

Der neue RSV war 1993 gegründet
worden, weil die Betriebssportgruppe im
Zuge der Abwicklung des
Schwermaschinenbaus in Wildau die
bisherigen Vereinsräume verloren hat. Er
hat sich in der Radsportwelt erneut einen
guten Ruf erarbeitet: So organisiert er das
jährliche „Paul Dinter Gedächtnisrennen“
und die RTF-Breitensport-
Veranstaltung  „Vor den Toren Berlins“,
die 2012 bereits zum 22. Mal stattfand.

Wolfgang Heller ist mit seinen 76 Jahren
nun zweifelsfrei über 18 Jahre alt und nutzt
deshalb gerne eines seiner zwei Rennräder
„mit Schaltung“, die er sich mit der Zeit
leisten konnte. So sichtbar nun die
Zahnräder strahlen, jetzt fehlen dafür die
Pedale: „Die müssen exakt zu den Schuhen
passen und werden erst bei Gebrauch
angebracht“, gibt der sportbegeisterte
Rentner Einblick ins Radfahrer-Latein von
heute.

Infos:  Tel. 0 33 75/50 11 60

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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