Kunst aus Wildau

„Tante Erna ist unverkäuflich!“

Und Anja bleibt ebenfalls brav zu Hause! Da kennt man am Pirschgang kein Pardon!
Dabei trifft Anja der Hausarrest sicher unangenehmer: Handelt es sich doch bei ihr um ein attraktives junges Mädchen!
Doch in beiden Fällen bleibt Sigrun Pfitzenreuter, 62, hart: Da können die zum Bleiben „verurteilten“ von Glück reden, dass sich das Verdikt nur auf ihr steineres Abbild bezieht! Denn die renommierte Buchillustratorin und anerkannte Wildauer Künstlerin hat sich nach der Wende weiteren künstlerischen Ausdrucksformen zugewandt. Mittlerweile macht sie mit Kleinplastiken und Bildern bundesweit von sich reden. Ihr Motiv: „Ich gebe in meiner Kunst Stimmungen und Gefühle wieder. Anja beispielsweise ist eigentlich eine Mitsängerin im Zeuthener Kantantenchor, für mich ist sie der Ausdruck von Anmut!“
Wer würde einer so romantischen Künstlerin zutrauen, dass sie ihre Frau am Baum steht, um dort zusammen mit Ehemann Michael Pfitzenreuter tonnenschwere Stämme zur Erde zu bringen? Denn der gelernte Maschinenbau-Techniker, der in Adlershof für Spezialaufbauten von DDR-Lastwagen zuständig war, konnte nach der Wende sein Hobby als Baumfachmann zum Beruf machen. „Bei einem Lehrgang lernte ich einen Spezialisten kennen, der mit Hilfe alpiner Klettertechnik Baumfällungen machte.“ Pfitzenreuter wurde anerkannter Spezialist auf diesem Gebiet und machte sich nach 13 Jahren Berufserfahrung nun selbstständig. „Mit der Kunst ist es schwer, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Deshalb unterstütze ich nun meinen Mann unterm Baum, wenn er dort in schwindelnder Höhe arbeitet“, erklärt die zierliche Künstlerin ihr Engagement für die neue „höhere“ Aufgabe. Bei allen beruflichen Höhenflügen ist das Ehepaar mit beiden Beinen am Boden geblieben: So wohnen sie immer noch in der Eineinhalb-Zimmerwohnung in einer
alten Villa am Pirschgang, die ihnen damals, vor 36 Jahren, die DDR-Wohnungswirtschaft zugewiesen hat. Von einem Atelier träumt Sigrun Pfitzenreuter längst nicht mehr. Zum Malen bindet sie sich eine Schürze um und breitet ihre Unterlagen auf dem Dielenboden der wie eh und je per Kachelofen beheizten Stube aus.
Dabei hat Michael Pfitzenreuter durchaus Anspruch in die Annalen der Gemeinde einzugehen: Nicht nur, weil er mit 56 Jahren sicher einer der ältesten Jung-Unternehmer ist. Sondern vor allem, weil Wildau ihm verdankt, dass der jahrzehntelang vergammelte Kurpark sich wieder in alter neuer Schönheit präsentiert: „Das ist mein Lebenswerk. Wir haben damals
tausend Gehölze rausgenommen und den Park mit 2000 Pflanzen neu besetzt. Dafür waren 53 ABM-Kräfte unter meiner Leitung im Einsatz.“

In den Bildern leben Träume auf, der Traum vom eigenen Atelier ist aber längst ausgeträumt.

Sigrun Pfitzenreuter will Tante Erna und Anja niemals aus der Hand geben.

Michael Pfitzenreuter wurde mit 56 Jahren frischgebackener Jung-Unternehmer.



Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
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