Zeuthener befreite den Dichter aus seinem Asyl

Fontanes langer Weg vom Dachboden in den Park

Ein undichtes Dach – wer würde sich das wünschen? Manchmal hat so ein Havariefall ungeahnte Folge!
Ausgerechnet einem Regeneinbruch ist es zu verdanken, dass Zeuthen sich vor rund einem Vierteljahrhundert der Vergangenheit als „Fontane-Gemeinde“ erinnerte. „Eine Nachbarin bat mich um Hilfe. Sie wollte den Wasserschaden beseitigen und war auf dem Dachboden auf einen Stapel stockfleckiger Bücher und Zeitschriften gestoßen“, erinnert sich Dr. Joachim Kleine heute. Der Wahl-Zeuthener, der sich vorher noch nie näher mit Theodor Fontane beschäftigt hatte, erkannte schnell den Wert des „Schatzes“: Darunter waren frühe Ausgaben der „Irrungen und Wirrungen“ und vergilbte Beilagen zum „Teltower Kreisblatt“ mit Briefen, die Fontane in Zeuthen, auf Hankels Ablage, geschrieben hatte.
„Mir wurde bewusst, dass der Dichter Zeuthen sehr schätzte. Er schrieb 1884 bei Gastwirt Käppel ‘Irrungen und Wirrungen‘ zu Ende. Die entscheidenden Kapitel spielen hier“, erkannte Dr. Kleine.
Bald hatte er einen Kreis von Literatur- und Heimatfreunden um sich gesammelt. Doch die Behörden lehnten damals einen Fontane-Gedenkstein zum 100. Jubiläum des Dichter-Besuchs ab. „Macht doch lieber ein lebendiges Gedenken“, war der Tipp. Und so gründete sich 1985 der Theodor-Fontane-Kreis in Zeuthen, der immer weitere Kreise zog. Überraschend „outete“ sich Professor Krecker, der Leiter des „Instituts für Hochenergiephysik“, wie DESY damals hieß, als Fontane-Sammler. Damit hatte der Fontane-Kreis in der Zeuthener Dependance der Akademie der Wissenschaften ein Dach über dem Kopf und Raum für Veranstaltungen. „Otfried Keiler öffnete für uns das Fontane-Archiv in Potsdam. Ruth Freydank, die im Märkischen Museum die Handschriftenabteilung leitete, ließ uns Original-Briefe und Aufzeichnungen von Fontane lesen. Dr. Gotthard Erler, Cheflektor des Aufbau-Verlags, war gerade an einer neuen Fontane-Ausgabe und arbeitete mit uns zusammen“, beschreibt Dr. Kleine, wie Fontane plötzlich nach Zeuthen zurückkehrte.
Unter den Begeisterten war auch Bibliotheks-Leiterin Christel Vogler.
„Mit der Wende war es endlich möglich, dass sich Fontane-Freunde aus Ost und West austauschen konnten“, erkannte Dr. Kleine die neuen Chancen und setzte sich mit viel Energie für eine internationale „Theodor-Fontane Gesellschaft“ ein, die Ende 1990 gegründet wurde.
Während die Zeuthener also Fontane auf breiter Basis zur Neuentdeckung verhalfen, blieb der eigene Ort immer im Blickfeld. So ermöglichte Gisela Tosch, deren Vorfahren Theodor Fontane beherbergt hatten, Einblicke ins Familienarchiv. Bernd Fischer, nebenberuflicher Bodendenkmalpfleger und bekannter Maler, rekonstruierte das damalige Gasthaus Käppel. Und Dr. Kleine machte daraufhin die Entdeckung: „Mensch, neben DESY steht ein Haus, das sieht genauso aus!“ Und noch mehr fand Dr. Kleine: „Der Graben, wo Lene Nimptsch erkannte, dass ihre Beziehung zu Botho von Rienäcker keine Zukunft hat, existiert immer noch in der Nähe der Lindenallee.“ Mittlerweile gibt es übrigens den Fontane-Gedenkstein.

Am 16. April 2005 feiert der Fontane Kreis seinen 20. Geburtstag von 10-16 Uhr in den Räumen von DESY.

Infos Tel. 033762/93221

Dr. Joachim Kleine hat herausgefunden, dass das Gasthaus Käppel ziemlich genau so wie dieses Haus in der Platanenallee 3 aussah.

Bürgermeister Klaus-Dieter Kubick (l.) sorgte 1996 für den Fontane-Gedenkstein im Fontane-Park. Zur Einweihung kam sogar Enkelin Ingeborg Fontane (r.) nach Zeuthen.

Theodor Fontane vollendete in Zeuthen seinen Roman „Irrungen und Wirrungen”.

Dr. Joachim Kleine ist ähnlich wie sein „Vorbild“ Fontane gerne auf Schusters Rappen unterwegs.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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